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Tagesanbruch: Iran-Konflikt – Donald Trump lässt seine Muskeln spielen


Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Was heute wichtig ist
Die schwarze Waffe

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 11.09.2019Lesedauer: 7 Min.
Iranischer Öltanker Adrian Darya 1.Vergrößern des Bildes
Iranischer Öltanker Adrian Darya 1. (Quelle: Marcos Moreno/ap)
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Es wird dieser Tage ja viel auf Regierungen geschimpft. Zu wenig Elan, aber zu viele Kompromisse, zu wenig gutes Personal, aber zu viel Schmu. Heute wollen wir nicht schimpfen. Heute wollen wir Vorschusslorbeer verteilen. Der darf zwar meist nur kurz die Häupter kränzen, kann aber, wenn es gut läuft, zu einem prächtigen Gewächs erblühen.

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Den Lorbeer bekommt Frau von der Leyen. Wochenlang hat sie in Brüssel und den europäischen Hauptstädten Gespräche geführt, um ihre Mannschaft für die neue EU-Kommission aufzustellen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der designierten Chefin ist es gelungen, große europäische Ambitionen und ebenso große nationale Wünsche zu einem stimmigen Ganzen zu schmieden. Noch ist sie nicht am Ziel, ihre Kandidaten müssen sich zuerst durch den Anhörungsmarathon im Europaparlament kämpfen, da könnte der eine oder die andere scheitern. Aber die beiden wichtigsten Personen dürften den Härtetest bestehen:

Die dänische Liberale Margrethe Vestager steigt zur zweitmächtigsten Frau der Kommission auf, soll als exekutive Vizepräsidentin den Wettbewerb überwachen und die EU für das digitale Zeitalter rüsten. Wenn es jemanden gibt, die gezeigt hat, wie man Google, Facebook und Apple die Stirn bietet, dann ist es diese Frau.

Der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans bekommt ebenfalls den Titel exekutiver Vizepräsident und soll Europa in den ersten klimaneutralen Kontinent der Welt verwandeln. Wenige Politiker sind so gut vernetzt wie der Mann, der fließend Englisch, Französisch, Deutsch, Russisch und Italienisch sowie ein halbes Dutzend weitere Sprachen leidlich spricht. Durchsetzungsstark und schlagfertig ist er auch, in Brüssel nennen sie ihn "Fransrapid". Den Schwung wird er brauchen.

"Ich möchte eine Kommission, die mit Entschlossenheit geführt wird, die sich auf die akuten Probleme konzentriert und Antworten liefert", sagte von der Leyen gestern bei der Vorstellung ihres Teams. Noch hat sie nicht geliefert, aber den Lorbeer, den hat sie sich für diese Mannschaftsaufstellung verdient. So könnte Europa endlich wieder erstarken.


Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön! Wenn Sie nun denken, ja, mag sein, aber wieso trällert mir der Harms das heute Morgen in den Newsletter?, dann bitte ich Sie an dieser Stelle höflich um einen etwas längeren Atem. Denn ein paar Dinge sollten Sie wissen, wenn Sie verstehen wollen, was gerade in der Welt vor sich geht.

Es ist nämlich so, dass manche Seefahrten ein besonders ausgefallenes Programm an Bord bieten. Zum Beispiel, wenn britische Kommandos das Schiff stürmen. Oder das US-Außenministerium dem Kapitän per E-Mail mehrere Millionen Dollar anbietet, damit er den Kurs ändert. Zur weiteren Ausgestaltung des Programms schaltet der Captain dann die Geräte zur Ortung des Schiffs ab. Satelliten haben den Kahn nun trotzdem dicht vor der syrischen Küste entdeckt. Langeweile an Bord? Kein Problem für diese Crew.

Das Schiff mit den dramatischen Logbucheinträgen heißt "Adrian Darya-1" und ist mit heißer Ware beladen: gut zwei Millionen Barrel Öl. Nach Syrien sollte es gehen, womit das europäische Embargo gegen Diktator Assad unterlaufen würde. Deshalb der Zugriff der britischen Marines, deshalb wurde der Tanker sechs Wochen in Gibraltar festgehalten und erst nach schriftlicher Zusicherung wieder freigegeben, das Öl werde keinesfalls nach Syrien geliefert. Garantien, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen (mein Kollege Lars Wienand hat das Verwirrspiel hier beschrieben).

Womit wir beim Lieferanten wären: dem Iran. Mehr Brisanz geht nicht. Donald Trump versucht, das Regime in Teheran mit härtesten Wirtschaftssanktionen in die Knie zu zwingen. In der Schlüsselrolle: das Öl. Kein Tropfen soll den Iran mehr verlassen. Die Amerikaner setzen alle Hebel in Bewegung, um Deals zu unterbinden, Käufer aufzuspüren, Beteiligte so hart wie möglich abzustrafen. Geschäfte mit iranischem Öl haben mit normalem Handel inzwischen nichts mehr gemein, sie werden im Schatten abgewickelt wie große Drogendeals: Konten werden nur für wenige Minuten eröffnet, Geld fließt auf verschlungenen Wegen, Öl pumpt man auf See von Tanker zu Tanker.

Auf der Gegenseite: die Geheimdienste der Anti-Iran-Allianz. In Teheran tauchen mal Koffer voller Geld, mal armenische Prostituierte auf, um Händlern Informationen zu entlocken. Bis zu einer Million Dollar wird allein für die Nummer eines Kontos geboten, über die ein bevorstehendes Geschäft ablaufen soll, berichtet die New York Times. Wenn es darum geht, einen randvoll beladenen Supertanker in Gewässer umzuleiten, wo die Amerikaner ihn beschlagnahmen können, ist auch mehr drin. Geld spielt keine Rolle. Denn es geht um zu viel.

Zum Beispiel um die Existenz: In Israel hat Premier Netanjahu noch nie an eine Verhandlungslösung mit dem Iran geglaubt und sieht seinen Erzfeind nach wie vor auf dem Weg zur Atommacht. Immer wieder lässt er Basen der Revolutionsgarden und ihrer Verbündeten in Syrien und im Irak bombardieren. Die Saudis und die Arabischen Emirate ziehen am selben Strang: Deren Beziehungen zum Iran beschränken sich auf blutige Stellvertreterkriege und ein gnadenloses Ringen um die regionale Vorherrschaft. Mit Israel und den USA versteht man sich auf dieser Basis blendend.

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Nun hat allerdings gestern in Washington eine Personalie für Aufruhr gesorgt, die sich auf Donald Trumps außenpolitischen Kurs massiv auswirken wird: Aus heiterem Himmel verlor Sicherheitsberater John Bolton seinen Job. Er habe hingeschmissen, beteuert der Mann mit dem Schnauzer. Nix da, er wurde gefeuert, tönt Herr Trump. So oder so: Zwischen dem Kriegstreiber Bolton und dem "genialsten Deal-Maker aller Zeiten" ist die Erde verbrannt. Zu oft habe Boltons Kurs Trumps Fuß aufs Glatteis geführt, ist zu hören. Zum Beispiel in Venezuela, wo laut Mister Bolton der Sturz von Präsident Maduro ausgemachte Sache sei, sobald die USA ihr Gewicht hinter den Führer der Opposition werfen würden. Gesagt, getan. Nun ist aber der Maduro immer noch da. Doof. Zoff gab es auch um Nordkorea: Mister Bolton glaubte, die USA würden bei den Atomverhandlungen von Kim Jong-Bumm, Pardon: -un, hinters Licht geführt. Er verlangte hartes Kontra. Boltons Chef verlangte es nach Handshakes und Selfies.

Zuletzt, und dem Vernehmen nach besonders heftig, krachte es dann wegen Afghanistan: Der Präsident will raus aus dem verhassten Krieg und die Soldaten nach Hause holen. Im Wahlkampf um eine zweite Amtszeit macht sich das hervorragend. Mister Bolton wollte lieber, was er immer will. Der Deal mit den Taliban ist nun zwar auch ohne sein Zutun geplatzt, doch allein die Idee des Präsidenten, eine Taliban-Delegation auf Tee und Cookies in Camp David einzuladen, trieb den Sicherheitsberater auf die Barrikaden. Nun war es zu viel.

Gegenüber dem Iran hat jetzt Mister Boltons schärfster Konkurrent im Weißen Haus das Sagen: Außenminister Pompeo. Der will zwar nicht gleich jede Regierung im Nahen Osten stürzen, aber dem Iran die Daumenschrauben anzulegen, das findet auch er sehr gut: Die Mullahs sollen unter dem Druck amerikanischer Sanktionen zu Kreuze kriechen, und das darf man vielleicht sogar wörtlich nehmen. Nachdem sein Rivale Goodbye gesagt hat, kann Herr Pompeo nun gut gelaunt zur See hinaus blicken: auf einen Tanker, der direkt unter der Nase der verhandlungsbereiten Europäer nach Syrien schippert und sie bis auf die Knochen blamiert. Stimmt doch: Eine Seefahrt, die ist lustig. Nur eben nicht für alle.


WAS STEHT AN?

Was nun, Herr Johnson? Mehrheit im Parlament weg, 21 Tory-Abgeordnete weg, Brexit ohne Deal untersagt, ein neuer Vertrag mit der EU nicht in Sicht, die eigene Partei vor der Spaltung: Nein, das sieht alles nicht gut aus, und so repetiert der britische Premierminister sein Mantra: Neuwahl! Neuwahl! Neuwahl! Die soll ihm den Rückenwind verschaffen, damit er seinen kompromisslosen Kurs doch noch irgendwie durchboxen kann: Mit Karacho raus aus der EU! Seine Vorgänger haben mit mutwillig herbeigeführten Abstimmungen allerdings schlechte Erfahrungen gemacht. Wir erinnern uns an David Cameron, der das Brexit-Referendum ansetzte, um wiedergewählt zu werden, und den ganzen Scherbenhaufen erst anrichtete. Und wir erinnern uns an Theresa May, die neu wählen ließ, um ihre Mehrheit zu stärken, aber stattdessen viele Sitze verlor.

Nun steht der nächste Premier blank da. Aber vielleicht überrascht er uns ja. Am stärksten profitieren würde er jetzt von einem Rücktritt. Wieso? Unser Brexit-Experte Stefan Rook erklärt es Ihnen.


WAS LESEN?

Lutz Eigendorf, erinnern Sie sich an den? Fußballer, floh aus der DDR, kickte dann in der Bundesliga, starb bei einem schweren Unfall. Oder an Jürgen Fuchs? Schriftsteller und SED-Kritiker, nach dessen Ausbürgerung eine Bombe vor seiner Wohnung in West-Berlin explodierte. Oder an den Grenzschützer Hans Plüschke, der nach der Wende erschossen wurde? Alle drei haben gemeinsam, dass die Partei, die immer recht haben wollte, in ihnen erbitterte Gegner sah – und dass sie unter mysteriösen Umständen starben. War's die Stasi? Unser Kriminalrechercheur Dietmar Seher ist den Fällen nachgegangen.


Manuela Schwesigs Erkrankung ist ein schwerer Schlag für sie, ihre Familie, die SPD. Umso mehr Respekt nötigt uns ihr souveräner Umgang mit der Krankheit ab – und umso ergreifender sind die solidarischen Wünsche ihrer Genossen, zum Beispiel in Nieder-Olm.


WAS AMÜSIERT MICH?

Die Apfelfirma aus Kalifornien hat gestern wieder einmal ihre neuen und teuren Handys vorgestellt (hier der Überblick meines Kollegen Ali Roodsari). "Ja, toll!" werden jetzt einige unter Ihnen sagen, "Ja, und?" die anderen. So oder so: Der technische Fortschritt ist schon überwältigend. In allen Bereichen unseres Alltags sind die mobilen Wunderwerke nützlich. Auch in der Küche.

Ich wünsche Ihnen einen gedeihlichen Tag. Morgen schreibt mein Kollege Florian Wichert den Tagesanbruch, mich lesen Sie am Freitag wieder. Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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