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Tagesanbruch: Trump auf Wahlkampf-Tour – Das Einmann-Überfallkommando


Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Was heute wichtig ist
Das Einmann-Überfallkommando

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 19.06.2019Lesedauer: 6 Min.
Donald TrumpVergrößern des Bildes
Donald Trump (Quelle: Kevin Lamarque/reuters)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

"Wir müssen den Rechtsextremismus verdammt sehr ernst nehmen." Ein etwas schiefer, aber starker Satz. Horst Seehofer hat ihn gestern gesagt, als er gemeinsam mit BKA-Chef Holger Münch und Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang über den Ermittlungsstand im Mordfall Walter Lübcke informierte. "Es geht um einen Anschlag gegen uns alle. Das ist eine neue Qualität! Der Rechtsextremismus ist eine erhebliche Gefahr für unsere freiheitliche Gesellschaft“, sagte der Innenminister, und: “Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn alles ausermittelt ist."

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Kann man in der Tat nicht – und die Ansage richtet sich vor allem an die deutschen Sicherheitsbehörden. Sie haben der Gefahr von rechts bisher nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet. Stattdessen haben sie sich in den vergangenen Jahren voll auf den islamistischen Terrorismus konzentriert; das BKA wurde eigens dafür umgebaut. So gelang es Polizei und Geheimdiensten, mehrere Anschläge von Dschihadisten zu vereiteln. Dafür gebührt ihnen Respekt und Dankbarkeit. Zugleich müssen sie sich nun kritisch fragen lassen, wieso sie aus der Erfahrung mit der Terrorgruppe NSU, aber auch aus den Angriffen auf die spätere Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und den Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, nicht den Schluss zogen, dass militante Neonazis viel stärker observiert und verfolgt werden müssen. Nach Recherchen von "Zeit" und "Tagesspiegel" sind zwischen 1990 und 2017 in Deutschland mindestens 169 Menschen von rechtsmotivierten Tätern getötet worden – etwa doppelt so viele, wie in den offiziellen Statistiken auftauchen. 169! Das BKA registrierte im vergangenen Jahr 838 Verletzte durch rechtsmotivierte Gewalt. Durch linksmotivierte Gewalt waren es 418, durch religiöse Fanatiker, etwa Islamisten, 45. Experten beobachten zudem, dass sich die Milieus am rechten Rand vermischen: Immer öfter treten Konservative und Extremisten miteinander in Kontakt, vor allem im Internet. So entstehe ein “Schwarmterrorismus“, wie mein Kollege Lars Wienand anschaulich beschreibt.

Von 12.700 gewaltbereiten Rechtsextremisten und 34 Gefährdern spricht Verfassungsschutzchef Haldenwang – und räumt ein: Es sei unmöglich, die alle rund um die Uhr im Auge zu behalten. Der Mordfall Lübcke zeigt: Das ist ein inakzeptabler Zustand. Unsere Demokratie muss sich gegen ihre Feinde wehren. Entschlossen, effektiv und mit allen Mitteln des Rechtsstaats. Das sieht offenkundig auch die große Mehrheit der Bevölkerung so: Rund 60 Prozent der Deutschen sind einer repräsentativen Umfrage von t-online.de zufolge der Meinung, dass die Bundesregierung zu wenig gegen gewaltbereite Rechtsextreme unternehme. Es ist höchste Zeit, dass Politiker, Polizei und Verfassungsschutz den rechtsextremen Terror genauso ernst nehmen wie den islamistischen. Meinethalben auch mit den Worten des Innenministers: verdammt sehr ernst.


WAS STEHT AN?

Wahlkampf: Das ist jene Zeit des Jahres, in der die Versprechungen immer größer und die Beschimpfungen immer lauter werden. Die Zeit, in der sich die Politik noch mehr als sonst um Emotionen dreht und Fakten vor allem als Steinbruch dienen. Na dann: Bei einer rappelvollen Auftaktveranstaltung in Florida hat US-Präsident Donald J. Trump vor wenigen Stunden den Wahlkampf für seine zweite Amtszeit begonnen – offiziell. Unser Korrespondent Fabian Reinbold war dabei und hat für Sie berichtet. Inoffiziell startete Trump seine Kampagne schon am 18. Februar 2017, ebenfalls in Florida, ebenfalls vor Tausenden Anhängern. Da war er gerade mal seit 29 Tagen im Amt. Seitdem folgte eine Mega-MAGA-Veranstaltung der nächsten. Fast wirkte es wie eine Flucht vor dem drögen Regierungsgeschäft.

Lauter als laut kann es deshalb kaum werden im sogenannten politischen Diskurs der Vereinigten Staaten, der nur noch ein Thema kennt: Trump. Trump und die Flüchtlingswelle aus Mittelamerika! Trump und die Mauer! Trump und die weggesperrten Flüchtlingskinder! Trump und Kim Jong Un! Trump und der Handelskrieg mit China! Trump und der rechtsradikale Terror in Charlottesville! Trump und Iran! Trump undsoweiter! Das hat Methode: Nur einer steht immer im Rampenlicht.

So viele Skandale hat es in seiner Amtszeit gegeben, unter normalen Umständen hätten sie gleich für ein Dutzend Rücktritte gereicht. Aber die Aufregungsmaschinerie, die dieser Präsident mit seinem Twitter-Gewitter geschickt in Rotation hält, hat sich nach jedem Skandal schon weitergedreht, bevor man ihn überhaupt begriffen hat. Plötzlich kündigt Trump verheerende Strafzölle gegen Mexiko an, dann steht er überraschend mit einem Deal als strahlender Sieger da, gefolgt von der Enthüllung, dass alles nur Show und die angeblich sensationelle Vereinbarung schon lange zuvor in trockenen Tüchern war. Eigentlich ein Riesenaufreger, kaum mehr als eine Woche her – und schon fast vergessen. In den Zeiten dieses Präsidenten ist das Leben kein langer ruhiger Fluss, sondern ein tosender Wasserfall.

Die US-Medien, die Opposition, ja selbst Trumps Republikaner hecheln dem atemlosen Nachrichtenstakkato aus dem Weißen Haus nur noch hinterher. Aufmerksamkeit, erst recht für mehr als einen Augenblick, ist eine knappe Ware. Auch die absurdesten "alternativen Fakten" (vulgo: Lügen) rauschen nur so vorbei. Der begnadete Politikverkäufer, der Meister der einfachen Sprache, ist unangefochten in seinem Element.

Uns stehen also dröhnende Tage bevor in diesem langen amerikanischen Wahlkampf, der eigentlich nie aufgehört hat. Okay, etwas stiller ist es bei den Demokraten: Die grübeln noch immer, wie sie dem Lautsprecher endlich die Show stehlen können. Aber man kann ja kaum einen klaren Gedanken fassen bei dem Krach von der Bühne.


Vor fünf Jahren wurde eine Maschine der Malaysia Airlines über der Ostukraine abgeschossen. 298 Menschen starben. Rechercheure fanden heraus, dass mutmaßlich Separatisten eine russische Luftabwehrrakete auf das Passagierflugzeug abgefeuert hatten. Manche Fragen blieben aber offen. Heute will das internationale Ermittlerteam seine Recherchen zum Abschuss von Flug MH17 vorlegen – und offenbar auch Täter nennen.

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Wenn wir heutzutage von München nach Hamburg fahren, müssen wir uns durch proppenvolle Züge, überfüllte Autobahnen oder enge Flugzeugkabinen zwängen. Künftig wird das ganz anders sein: Dann setzen wir uns in eine Kapsel und zischen fast mit Schallgeschwindigkeit durch eine luftleere Röhre ans Ziel. Futuristischer Quatsch? Nein. Es könnte tatsächlich irgendwann so kommen, dank einer Technik aus München: Studenten der Technischen Universität entwickeln den Hyperloop, das Hochgeschwindigkeits-Verkehrssystem der Zukunft. Heute stellen sie den neuesten Stand ihrer Technik vor. Ich kann es kaum erwarten.


WAS LESEN?

Manfred Weber möchte EU-Kommissionschef werden – doch seine Chancen schwinden. Nicht nur Frankreichs Präsident Macron, auch viele EU-Parlamentarier halten den CSU-Mann für ein Leichtgewicht. Stattdessen fällt immer öfter der Name der Dänin Margrethe Vestager. Sie bringe alles mit, was es für das Amt brauche: Regierungserfahrung, Durchsetzungsstärke und keine Scheu, Amerika, China und globalen Konzernen die Stirn zu bieten. Wie tickt die Frau? Die Kollegen des Schweizer Magazins “Republik“ haben “Margrethe die Große“ porträtiert.


Wie reagieren Kommunalpolitiker auf den Mord an Walter Lübcke? “Der Mordfall macht uns große Angst“, sagt der ehemalige Bürgermeister von Tröglitz in Sachsen-Anhalt, wo es vor vier Jahren einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft gab – und fügt hinzu: “Wichtig wäre ein schnelles Aufwachen in den Reihen der konservativen Politiker, die mehr ‘Verständnis für Rechts‘ einfordern. Denn damit öffnet man den Räubern die Tür! Die Rechten kennen keine Grenzen. Sie sind längst in allen gesellschaftlichen Bereichen auf dem Vormarsch und bekommen so noch den Weg bereitet.“ Mehr lesen Sie in der “Mitteldeutschen Zeitung“.


Treibt man sich nicht jeden Tag in den sozialen Medien herum, könnte man meinen, Hass und Gewalt auf Facebook, Twitter, YouTube seien gar kein so großes Problem. Dann sollte man sich einfach mal kurz die Beispiele ansehen, die der ARD-Journalist Patrick Gensing gesammelt hat.


WAS ERGÖTZT MICH?

Bisher war ich felsenfest überzeugt: Die beste Eisdiele Deutschlands steht am Stuttgarter Eugensplatz. Tatsächlich musste ich mich von unseren geschätzten Leserinnen und Lesern bekehren lassen: Sie steht an mehr als 1.100 Orten!

Wo auch immer Sie heute Mittagspause machen, Sie haben sich drei kühle Kugeln verdient. Mit Sahne! Wohl bekomm’s wünscht Ihnen

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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