Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Tagesanbruch Was heute Morgen wichtig ist
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:
WAS WAR?
Man sollte meinen, wenn Geschichte geschrieben wird, wenn die Geschicke eines Landes auf Messers Schneide stehen, dann geht es dabei kühn und heroisch zu. Stimmt aber nicht. Geschichte kann man auch in Kleinbuchstaben schreiben. Verfahrensfragen, Geschäftsordnungsanträge, Auslegungsdispute um parlamentarische Traditionen lenken die Schmalspurbahn, mit der Großbritannien zur historischen Entscheidung tuckert. John Bercow, Präsident der Volksvertretung in Westminster, hat eine Abstimmung zugelassen, die das Ringen um den Brexit in neue Bahnen lenkt. Ich erspare Ihnen die komplizierten Regeln, von denen die Befugnisse des Parlaments umrankt sind wie von einem jahrhundertealten Dornendickicht.
Am Ende durften die Abgeordneten beschließen: Falls Premierministerin Theresa May kommende Woche mit ihrem Brexit-Plan im Parlament wie zu erwarten scheitert, dann hat sie anschließend nur drei Tage Zeit, um aus der Misere herauszukommen und einen neuen Vorschlag zu unterbreiten. Nicht die drei Wochen, die sie gerne gehabt hätte. Und in der Debatte, die dann beginnt, darf das Parlament eigene Pläne verabschieden – ohne den Segen der Regierung. Es klingt wie ein Detail, aber es ist sehr viel mehr. Es ist die Stunde, auf die die Gegner des Brexit seit langem gewartet haben: Die letzte, einzige, große Chance auf ein neues Referendum. Auf den Exit vom Brexit.
Entschieden ist die Schlacht damit aber noch lange nicht. Denn selbst, wenn ein neues Referendum im Parlament eine Mehrheit fände – der Wunsch der Abgeordneten allein hat noch keine Gesetzeskraft. May kann sich sträuben. Dann könnten die Parlamentarier sie absetzen. Dann stünden Neuwahlen ins Haus. Davor allerdings fürchten sich die Leute der Regierungspartei, die nun zusammen mit der Opposition den Brexit in letzter Minute verhindern wollen. Sie könnten ja verloren gehen: die Wahlen und die gemütlichen Parlamentssitze.
Bürokratischer Hickhack und persönliches Kalkül: Das sind die ersten Salven in der Entscheidungsschlacht, die das Schicksal Großbritanniens für Generationen bestimmen wird. Die Gegner des Brexit haben die ersten Scharmützel für sich entschieden. Doch niemand kann sagen, wie das Drama enden wird. “Wir wissen wohl, was wir sind, aber nicht, was wir werden können“, lässt Englands größter Dramatiker seinen Hamlet sagen. So gesehen laufen in Westminster gerade ziemlich viele Hamlets herum.
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WAS STEHT AN?
Vom Londoner Parlament ins Berliner Parlament: Der Innenausschuss des Bundestages befasst sich heute in einer Sondersitzung mit dem massenhaften Datendiebstahl. Innenministerium, Bundesamt für IT-Sicherheit, Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt sind auch dabei. Das soll wohl zeigen: Die Behörden nehmen das Thema Hacking nun aber wirklich und endlich und tatsächlich mordsmäßig ernst. Was ein ungezogener 20-Jähriger so alles bewirken kann…
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Amerikas oberster Mauerapostel reist heute an die Grenze zu Mexiko, um den Fernsehsendern des Landes live und in Farbe zu zeigen, wo er seine Mauer bauen will; und um zu erklären, warum fünfeinhalb Milliarden Dollar ein super Investment sind für so eine Mauer. Anschließend legt er sich wieder auf die Lauer und beobachtet die Reaktionen der oppositionellen Demokraten.
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Bundeskanzlerin Merkel jettet heute nach Griechenland, um Ministerpräsident Tsipras mit ihrer Visite für die Befolgung der europäischen Reformvorschriften zu belohnen: Sparprogramm, gekürzte Sozialleistungen, Einführung eines Katasteramts und ungefähr 195 weitere Daumenschrauben. Die griechische Krisenkuh ist noch lange nicht vom Eis, aber die Athener schieben und ziehen sie inzwischen erkennbar bemüht.
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Auf seiner Reise durch neun arabische Länder macht US-Außenminister Pompeo heute Halt in Kairo und hält eine Rede. Seine zentrale Botschaft werde sein, dass die USA den Nahen Osten nicht alleine lassen, hört man aus dem amerikanischen Außenministerium. Das kann man als Unterstützung verstehen. Oder als Drohung.
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Die Flughäfen Düsseldorf, Köln und Stuttgart spielen heute BER: Nix geht mehr. Grund ist dort aber nicht Dilettantismus, sondern der Warnstreik der Sicherheitsmitarbeiter. Falls Sie zu den 111.000 Passagieren gehören, die ein Ticket für einen Flieger von einem der Airports haben, machen Sie sich doch einfach einen entspannten Tag zu Hause.
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In Berlin beginnt heute Morgen der Prozess gegen die vier mutmaßlichen Diebe der 100 Kilo schweren Riesen-Goldmünze aus dem Bode-Museum. Sie sollen die “Big Maple Leaf“ mit einem Verkaufswert von mehr als 3,7 Millionen Euro in einer waghalsigen Aktion aus einer Vitrine gestohlen haben. Vermutlich haben die Spitzbuben das Ding anschließend zertrümmert und die Einzelteile verhökert.
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Falls Sie Ablenkung vom kalten Winterwetter brauchen, habe ich was für Sie: Heute beginnt die Handball-WM in Deutschland und Dänemark – und da geht’s richtig heiß zur Sache. Unsere Jungs zählen zu den Favoriten und werfen sich um 18:15 Uhr im Eröffnungsspiel gegen Korea warm. Damit auch Sie schnell auf die nötige Betriebstemperatur kommen, haben meine Kollegen aus unserem Sportteam Ihnen ein kleines Paket zusammengestellt. Erstens stellt unser Kolumnist und Handball-Heroe Henning Fritz sein Wunschteam auf. Zweitens sorgt mein Kollege Benjamin Springstrow dafür, dass Sie kein wichtiges Spiel verpassen: Sein WM-Spielplan zum Ausdrucken eignet sich sowohl für die Kühlschranktür als auch für den Büroschreibtisch. Drittens erklärt Henning Fritz, warum ich mit meiner Formulierung “warm werfen“ vielleicht ein wenig übermütig war und wir die Koreaner nicht unterschätzen sollten.
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WAS LESEN?
Unsere Reporterin Laura Stresing entdeckt auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas allerhand abgefahrene Geräte: Handtaschen mit integrierten Displays, sich selbst einrollende Fernseher und tatsächlich auch ziemlich praktische Lösungen für vernetzte Wohnungen. Hier gibt sie Ihnen einen Überblick über die neuesten Trends (die naturgemäß in ein, zwei Jahren auch nach Deutschland schwappen). Bei all den unheimlich vernetzten Geräten kann man sich natürlich schon mal fragen: Sind Roboter eigentlich gefährlich? Sind sie. Vor allem für sich selbst, wie meine Kollegin berichtet: Ein Serviceroboter hatte sich auf dem weitläufigen Messegelände verirrt, war auf die Straße "gelaufen" und dort von einem Auto erfasst worden. Natürlich war auch dieses Fahrzeug, genau, ein Roboter. Ein autonomes Vehikel von Tesla, um genau zu sein. Da haben Sie's: Bevor die Roboter einem Menschen ein Haar krümmen, bringen sie sich eher gegenseitig um.
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Apropos digitale Welt: Vielleicht sind sie in den Weiten des Internets schon einmal über die Videos gestolpert, in denen asiatische Frauen mit zwei, drei Handgriffen ein Oberhemd zusammenfalten. Nicht irgendwie, sondern super-mega-turbo-akkurat. Dahinter steckt mehr als ein Ordnungsfimmel. Konmari heißt die Methode, in kurzer Zeit und einem Rutsch perfekt aufzuräumen: Kleiderschränke, Küchen, Kinderzimmer, Keller, ein ganzes Haus. Benannt ist sie nach der Japanerin Marie Kondo, die sie erfunden hat und sich einer wachsenden Fangemeinde erfreut. Moment mal, denken Sie jetzt hoffentlich, denn nur deshalb schreibe ich ja diesen Text hier, wäre das vielleicht auch eine Anleitung für den Frühjahrsputz, den Sie sich vorgenommen haben, das Entrümpeln all der Ecken und Winkel in Ihrem Zuhause, um der Ordnung endlich mal wieder zu ihrem Recht zu verhelfen? Genau, ist es. Und meine Kollegin Ana Grujić erklärt Ihnen, wie es funktioniert.
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WAS FASZINIERT MICH?
Wenn Sie in Süd- oder Ostdeutschland wohnen, staunen Sie beim Blick aus dem Fenster; wenn Sie im Norden oder Westen leben, staunen Sie beim Blick auf die Nachrichtenbilder: all die ungeheuren Schneemassen, die über Mitteleuropa niedergehen! Richtig schön kann das aussehen. Aber hey, es ist nichts im Vergleich zu den Fotos, auf die mich gestern mein Kollege Bastian Berkner aufmerksam gemacht hat: Vorhang auf für den Winter in Arizona!
Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag.
Ihr
Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de
Mit Material von dpa.
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