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Tagesanbruch: Diese sieben Risiken bedrohen unsere Sicherheit


Meinung
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Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 07.01.2019Lesedauer: 8 Min.
Trockenes Rheinufer (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Trockenes Rheinufer (Archivbild). (Quelle: Achim Scheidemann/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

da bin ich wieder. Ein frohes neues Jahr wünsche ich Ihnen und freue mich, wenn Sie uns auch 2019 die Treue halten. Es wird ein spannendes Jahr. Zwar haben sich die Regierenden in Berlin nach ihrer Schlingerfahrt 2018 vorgenommen, nun geradeaus zu fahren. Dass ihnen das glückt, ist aber nicht ausgemacht. Gute Vorsätze sind redlich, aber wer versucht, sich mit einem Regenschirm gegen einen Orkan zu wappnen, wird schnell fortgerissen.

Fortgerissen? Ja – oder haben Sie den Eindruck, dass die Mächtigen in unserem Land den größten Herausforderungen unserer Zeit die gebührende Aufmerksamkeit widmen? Schauen wir doch mal, welche das sind. Ein Report des National Intelligence Council, des Thinktanks der amerikanischen Regierung, listet sieben globale Trends auf, die der Menschheit bis zum Jahr 2035 dräuen. Ich zitiere aus der deutschen Übersetzung:

  1. Die Reichen altern, die Armen nicht. In den wohlhabenden Ländern, in Russland und China schrumpft die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter, in den armen Ländern wächst sie noch.
  2. Die Weltwirtschaft verlagert sich. Das Wirtschaftswachstum bleibt schwach, die westlichen Mittelschichten geraten zunehmend unter Druck.
  3. Die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts beschleunigt sich weiterhin und ruft schwerwiegende Brüche hervor.
  4. Religiöse Ideologien und nationale Identitäten führen zu einer Welle von Ausgrenzungen. Der Populismus hat noch lange nicht seinen Zenit erreicht.
  5. Das Regieren wird immer schwieriger.
  6. Das Risiko von Konflikten, auch solchen zwischen Staaten, verschärft sich.
  7. Der Klimawandel, Umweltkonflikte und die weltweite Verbreitung von Infektionskrankheiten stellen ernsthafte, bislang nicht beherrschbare Gefährdungen dar.

Nüchterne Worte mit einer brisanten Botschaft: Das gute Leben in Frieden, Sicherheit und relativem Wohlstand, an das sich viele von uns gewöhnt haben, gerät aus immer mehr Richtungen unter Druck. Eine Jahrzehnte lang vergewaltigte Natur schränkt unser Leben ein: Hitzewellen und Dürren, Stürme und Überschwemmungen, verschmutzte und überfischte Meere. Zunehmend unbewohnbare Regionen in Afrika und Asien, Kriege und Konflikte im Nahen und Fernen Osten kommen hinzu. Fast 70 Millionen Menschen waren im vergangenen Jahr auf der Flucht, ein Rekordwert. 2019 ist erst wenige Tage alt, aber schon jetzt lässt sich prognostizieren: In diesem Jahr werden es nicht weniger, sondern noch mehr.

Zugleich gerät die globale Nachkriegsordnung ins Wanken. Herausgefordert von der aufstrebenden Superdiktatur China, attackiert vom sich super findenden US-Präsidenten und bedrängt von superreichen Technologiekonzernen, ist der geordnete, berechenbare und auf den Ausgleich von Interessen angelegte Multilateralismus auf dem Rückzug.

In so einer Situation, an einem historischen Scheideweg, müsste ein Transitland wie Deutschland, dessen Wirtschaft auf dem fairen Handel und dessen politische Stabilität auf Bündnissen basiert, eigentlich sein ganzes Gewicht in die Waagschale werfen, um Verlässlichkeit, Vertrauen, Rechtsstaatlichkeit im Inneren und Äußeren zu verteidigen. Es müsste die kriselnde EU kräftigen und neue Allianzen schmieden. Denn nur vereint können die europäischen Staaten bei der Neujustierung unserer Welt mitreden und die großen Herausforderungen unseres Jahrhunderts – Klimakrise, Bevölkerungswachstum und Migration, Digitalisierung – steuern.

Tun sie das? Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich beobachte hierzulande zu wenig Tatkraft und vor allem zu wenig Taten. Manchmal erinnert mich Deutschland an eine schöne Südseeinsel, auf der die Bewohner in den Hängematten liegen und leckere Früchte genießen, während der Meeresspiegel um sie herum immer weiter ansteigt und sich am Horizont der größte Orkan aller Zeiten zusammenbraut. Bisher ist doch immer alles gut gegangen!

2019 müssen wir raus aus der Hängematte. Denn mit der Merkel’schen Politik des Abwartens, des Gucken-wir-Mals und des Sollen-sich-doch-erst-mal-die-anderen-Bewegens können wir unsere Insel nicht retten. Seit dem 1. Januar sitzt Deutschland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Deutsche Diplomaten sagen: Das ist gerade jetzt eine historische Gelegenheit, die Zeitläufte mitzugestalten und sich weltweit für Multilateralismus, Pluralismus und Demokratie einzusetzen. Aus dem Berliner Regierungsviertel ist zu hören, dass die Bundeskanzlerin nun, auf den letzten Metern ihrer Amtszeit, bereit ist, vehementer für diese Werte einzutreten. Auch in ihren Reden bezieht sie sich in letzter Zeit vermehrt darauf. Sie scheint bereit zu sein, aus der Hängematte zu steigen. Na, dann los!

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WAS WAR?

Um in Europa und der Welt zu bestehen, muss Deutschland freilich auch im Inneren möglichst stark und geeint sein. Die Voraussetzungen dafür sind gut: Es herrscht nahezu Vollbeschäftigung, die Steuereinnahmen sprudeln, der Bund kann so viel Geld investieren wie nie zuvor: 370 Milliarden Euro! Zugleich ist die Infrastruktur in unserem Land vielerorts miserabel. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" zählt auf: "Unsere Straßen sehen schlechter aus als in Frankreich, unsere Flughäfen wirken armselig im Vergleich zu spanischen. Warum können unsere Kitas und Schulen schon äußerlich nicht mit Schweden oder Finnland konkurrieren? Warum arbeitet unser Internet nur halb so schnell und gut wie das in Lettland oder Litauen? Und warum funktioniert in Wien der soziale Wohnungsmarkt, während man in München oder Köln Wahnsinnsmieten für das Hinterletzte zahlt? Deutschland ist reich, aber seine Infrastruktur verarmt." Die Kollegen resümieren: "Irgendwas läuft falsch."

Stimmt, und es ist gar nicht so schwer, herauszufinden, was da falsch läuft: Die große Koalition aus CDU, CSU und SPD lässt sich offenkundig beim Geldausgeben nicht von der Frage leiten, wo all die Milliarden langfristig den größten Nutzen bewirken. Sondern von der Frage, was ihre jeweiligen Wähler gern sähen. Noch genauer: Was sie glauben, was ihre jeweiligen Wähler gern sähen.

Beispiel gefällig? Fünfeinhalb Milliarden Euro kostet das "Gute-Kita-Gesetz" – aber anders als ursprünglich beabsichtigt, wird das Geld nun nicht in erster Linie dafür verwendet, bundesweit mehr Erzieherinnen anzustellen, längere Betreuungszeiten zu garantieren oder Kindergärten aufzumöbeln. Viele Bundesländer wollen stattdessen vor allem möglichst viele Eltern von den Kita-Gebühren befreien. Warum? Weil die SPD dies im Wahlkampf versprochen hat, und weil die Union ihren Widerstand dagegen aufgegeben hat. Dafür stimmt die SPD der Verlängerung des Werbeverbots für Abtreibungen zu. Ein klassischer Groko-Deal.

Kompromisse sind in einer Demokratie nötig und wichtig. Aber wenn sie zu oft auf Kosten einer langfristigen, nachhaltigen Zukunftsplanung gehen, wirken sie irgendwann destruktiv.

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WAS STEHT AN?

Drei Tage nach Bekanntwerden des Hackerangriffs auf persönliche Daten von Politikern, Prominenten und Journalisten hat sich die Aufregung noch nicht gelegt – im Gegenteil: Sie schwillt weiter an. Landauf, landab wurde die Recherche meiner Kollegen Lars Wienand und Helge Denker zitiert, die von einem Bekannten des Hackers Details zu den möglichen Motiven des Datendiebs erfahren haben. Das Bundesamt für IT-Sicherheit (BSI) spielt in dem Fall eine merkwürdige Rolle. Zunächst verkündete dessen Präsident Arne Schönbohm, seine Leute hätten "schon sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen". Man habe dann "Gegenmaßnahmen" eingeleitet. Das Bundeskanzleramt und das Bundeskriminalamt wussten davon allerdings nichts, sie wollen erst in der Nacht zu Freitag informiert worden sein.

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Hat Deutschlands oberste IT-Behörde also den Angriff unterschätzt? Hat sie es versäumt, Regierung und Polizei rechtzeitig zu informieren? Und wann wusste eigentlich der Bundesinnenminister Bescheid, dem die Behörde untersteht? Horst Seehofer hat schon im Fall des Verfassungsschutzchefs Maaßen eine unrühmliche Figur gemacht – wiederholt sich das nun? Im Innenministerium versucht man hektisch, den Minister aus der Schusslinie zu nehmen. Offenbar auch, indem man den öffentlichen Druck, dem das Ministerium nun ausgesetzt ist, auf die IT-Behörde umleitet. Am Wochenende hieß es aus dem BSI plötzlich: Man sei Anfang Dezember nur von einem einzigen Bundestagsabgeordneten über Auffälligkeiten in dessen E-Mail- und Social-Media-Accounts informiert worden. Ein "Einzelfall" also. Nicht so schlimm also. Nicht so wichtig also. Nicht absehbar, dass daraus ein groß angelegter Hackerangriff werden würde also. Nun aber werde man "alles aufklären". Seehofer will die Öffentlichkeit bis "spätestens Mitte der Woche ausführlich informieren".

Viele Worte, viele Blasen. Mich erinnert das an einen beliebten Kniff politischer Kommunikation: Ist man mit einem unangenehmen Thema konfrontiert, redet man so viel über Allgemeinplätze und Binsenweisheiten, bis die Öffentlichkeit der Angelegenheit überdrüssig ist und gar nicht mehr so genau wissen will, wie die Details aussehen. Und wer schuld an einem möglichen Behördenversagen ist. Clever? Ja. Redlich? Na ja.

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In Nantucket im US-Bundesstaat Massachusetts steht heute der Schauspieler Kevin Spacey vor Gericht. Die Anklage wirft ihm sexuelle Übergriffe vor. Über seine Schandtaten wurde monatelang berichtet, seither ist Spacey weg vom Fenster und darf auch in der neuesten Staffel der Serie "House of Cards" nicht mehr den durchtriebenen US-Präsidenten Frank Underwood spielen. Stimmen die Vorwürfe seiner Opfer, hat Spacey eine Strafe verdient. Trotzdem hoffe ich als glühender Fan von "House of Cards", dass er irgendwann wieder ins Weiße Haus einziehen darf. Falls Sie in den vergangenen Tagen dieses kurze Video gesehen haben, wissen Sie, wovon ich spreche.

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Eine amerikanische Delegation trifft heute zu Gesprächen in Peking ein. Sie will mit chinesischen Regierungsvertretern über den Handelskonflikt verhandeln, der nicht nur das Verhältnis der beiden Länder, sondern auch die Weltwirtschaft zunehmend in Mitleidenschaft zieht.

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Falls Sie vorhatten, heute von oder nach Berlin zu fliegen, nehmen Sie lieber die Bahn. Die Gewerkschaft Verdi bestreikt die Flughäfen Tegel und Schönefeld. Da dort schon zu normalen Zeiten Chaos herrscht, ist davon auszugehen, dass heute gar nichts mehr geht.

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Nichts geht allerdings auch in vielen Orten Oberbayerns und Österreichs. Schneemassen blockieren im Alpenraum die Straßen, schließen Touristen in den Skigebieten ein. Mehr erfahren Sie auf t-online.de.

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WAS LESEN?

Profisportler reden gern über ihre Leistung. Worüber sie niemals reden, sind psychische Probleme. Natürlich gibt es die trotzdem, aber sie sind ein Tabu. Deshalb ist es so mutig, was Henning Fritz nun tut: Der Handball-Weltmeister hatte im Jahr 2007 einen Burn-out; weder seine Mitspieler noch sein Trainer wussten das damals. Meinen Kollegen Benjamin Zurmühl, Martin Trotz und Axel Krüger hat der Weltklasse-Torwart vor der anstehenden Handball-WM verraten, was ihn damals fertigmachte, wie eine Musiktherapie ihm zurück zu alter Form verhalf – und was sich in seiner Sportart dringend ändern muss.

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Darf ein Spieler des größten deutschen Fußball-Klubs, ein Vorbild für Millionen, öffentlich mit derben Beleidigungen um sich werfen? Franck Ribéry darf – zumindest hält der FC Bayern München die beispiellose Entgleisung seines Superstars mit einer Geldstrafe für erledigt. "Würden dem FC Bayern Werte so viel bedeuten, wie er behauptet, reichen weder eine Geldstrafe noch eine temporäre Suspendierung. Dann müssten die Bosse Ribéry mit der Höchststrafe belegen", kommentiert mein Kollege Florian Wichert. Welche das ist, lesen Sie hier.

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Dieses Interview aus der Schweizer Zeitung "Bund" ist schon einige Wochen alt. Aber das macht nichts, es ist auch heute noch brandaktuell. Weil uns darin der Psychiater Christian Peter Dogs erklärt, warum das Karrieremachen sehr gefährlich sein kann und warum so viele Topmanager zu emotionalen Krüppeln verkümmern. Ich habe viel gelernt (und mir vorgenommen, nicht zu verkrüppeln).

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WAS AMÜSIERT MICH?

Nehmen wir Louise. Wir könnten aber auch mich nehmen. Oder Sie. Oder jeden anderen Erdenbürger. Schauen wir ihr (oder ihm) direkt von oben ins Gesicht, und dann bewegen wir uns weg. Langsam erst, dann immer schneller. Und weiter. Und noch weiter. Und noch viel, viel weiter. Wohin kommen wir dann? Sehen Sie am besten selbst mal nach.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, an dem Sie den Blick für das Wesentliche behalten.

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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