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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Exodus bei der AfD Die Partei der geflüchteten Funktionäre
Nun verlässt auch Jörg Meuthen die AfD. Zahlreiche Vorsitzende im Bund und den Ländern haben vor ihm bereits aufgegeben. Ein Überblick.
Beim letzten der drei Gründungsvorsitzenden dauerte es bis zum September 2020. Dann hatte nach Bernd Lucke und Frauke Petry auch Konrad Adam aufgegeben und die AfD verlassen: "Was gibt es dümmeres als die Bereitschaft, sich freiwillig in eine Ecke zu begeben, in die der Gegner einen drängen will?", erklärte er.
Die AfD war Adam zu rechts und zu krawallig geworden. Und er ist damit nicht allein. Der Rückzug des aktuellen Parteichefs Jörg Meuthen ist dafür nur das jüngste Beispiel. Meuthen hatte bereits im Oktober erklärt, nicht mehr für den Vorsitz anzutreten. Nun hat er am Freitag das Amt niedergelegt und die Partei verlassen. Es war am Tag, nachdem in der Spendenaffäre seine Immunität aufgehoben wurde. Er nannte andere Gründe – die Niederlage im Machtkampf mit dem formal aufgelösten rechtsextremen Flügel. "Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts", kritisierte er, "und es schlägt eigentlich permanent hoch."
Nach acht Jahren AfD gibt es in allen Landesverbänden Austritte aktueller oder früherer Parteichefs – mit einer Ausnahme.
Von "knallharten Abrechnungen" mit der AfD war schon oft die Rede, wenn wieder einer die Partei verließ, der sie vorher noch gegen Kritik verteidigt hatte. Und der dann nur wiederholte, was x andere vor ihm schon gesagt hatten.
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Nicht nur die ersten drei Bundes- und diverse Landesvorsitzende haben die AfD verlassen, auch die ersten drei Vorsitzenden der Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" sind inzwischen nicht mehr an Bord, heute gilt sie als "Höcke-Jugend". Ihr Gründungsvorsitzender Torsten Heinrich schrieb bereits im Oktober 2014 nach seinem Austritt: "Die AfD ist eine Partei der Spinner geworden. Keine Verschwörungstheorie ist so irre, als dass sie nicht ihre Anhänger in der Partei hätte."
"Blökender Stammtisch fühlt sich zu Hause"
Viele Austritte waren ähnlich begründet. In diesem Jahr waren es der Landesvorsitzende der AfD in Bremen, Peter Beck, und der frühere Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz, Uwe Junge, die die Partei für gescheitert erklärten. Junge, selbst mit rassistischen und homophoben Äußerungen angeeckt, beklagte: "Vernünftige und gebildete Menschen werden schon bei dem ersten Veranstaltungsbesuch von der überreizten Stimmung, gepaart mit wilden Verschwörungstheorien und teilweise unflätigem Benehmen, abgeschreckt, während sich der blökende Stammtischprolet wie zu Hause fühlt."
Das Problem seien nicht nur die "polternden" Vertreter des formal aufgelösten Flügels, sondern die "verachtungswürdigen Opportunisten, die allzu gerne das immer niedriger werdende Niveau derer bedienen, die sie schließlich auf die lukrativen Listenplätze wählen sollen".
Nicht immer dürfte auch die Empörung über die Ausrichtung der wahre Grund gewesen sein. Manche, die die Aussicht auf eine erhoffte Karriere nicht mehr hatten oder über keine Unterstützer mehr verfügten, entdeckten ganz plötzlich, dass die Partei zu sehr nach rechts driftet oder diejenigen ausbootet, die beim Weg in die rechtsextreme Ecke nicht mehr mitmachen wollten.
Neue Hoffnung für Gescheiterte
Denn die AfD sei auch die Partei derer, die anderswo schon gescheitert seien, sagte Gründungsvorsitzender Adam: "Viele, die es anderswo nicht geschafft haben, sind zur AfD geströmt in der Erwartung, da das zu finden, was sie anderswo vergeblich gesucht hatten: ein gut bezahltes Mandat."
Nur in Thüringen hat noch keiner der früheren Parteichefs die AfD verlassen. Dort steht aber auch seit 2014 der Mann an der Spitze, der in anderen Landesverbänden als wichtiger Austrittsgrund genannt wurde: Björn Höcke.
Höckes Thüringer Gegner geht nicht
Sein Vorgänger, der Thüringer Gründungsvorsitzende Matthias Wohlfarth, kann Höcke nicht ausstehen. Er schrieb Höcke aber auch schon mal: "Deine zu oft als NPD light wahrgenommenen Auftritte sind ein Glücksfall für die politischen Gegner". Wohlfarth ist aber noch in der Partei. Das verrät er, wenn man den fundamentalistisch angehauchten Christen im "Haus Bethlehem" anruft, das er als Domizil betreibt. "Es gibt ja für mich keine andere Partei".
Andere, die vor allem über die Kritik an der Euro-Rettungspolitik in die Partei eingetreten waren, suchten bereits nach dem Sturz von Bernd Lucke den Erfolg in anderen Parteien. Zumeist vergeblich. Lucke gründete "Alfa" und die Sammlungsbewegung "Liberal-Konservative Reformer". Als Lucke-Kontrahentin Frauke Petry dann selbst im Machtkampf gegen Meuthen und Alexander Gauland unterlag, folgten ihr zu ihrer neuen Partei "Die Blauen" deutlich weniger Funktionsträger.
Untergang oft prophezeit
Was sich nicht geändert hat: Analysen über den Rechtsrutsch begleiten die Partei seit ihren Anfängen – wie auch Abgesänge: 2017 kurz nach der Bundestagswahl sagte der Politikwissenschaftler Herfried Münkler: "Die AfD wird es aufgrund ihrer Zerrissenheit nicht schaffen, sich auf Dauer als politische Kraft rechts von der Union zu etablieren."
Seither sind noch diverse AfD-Politiker gegangen. Auch die Fraktion, die zwischen 2017 und 2021 im Bundestag vertreten war, schrumpfte von 94 auf zuletzt 86 Abgeordnete. So viele Abgänge musste noch keine Fraktion in der Geschichte der Bundesrepublik verkraften. Und die neue Fraktion hat auch bereits Abgänge zu verzeichnen.
Viele Wähler sind allerdings geblieben.
- huffingtonpost.de: AfD: Partei der Spinner (archiviert)
- zeit.de: AfD-Nachwuchs kickt Lucke-Anhänger raus
- Medium: Philipp Ritz — Mein Austritt aus der AfD
- Facebook: Posting Uwe Junge zum Austritt
- Weser-Kurier: Peter Beck schmeißt hin
- nzz.ch: Parteigründer Konrad Adam über seinen Austritt aus der AfD
- cicero.de: Konrad Adam: Warum ich aus der AfD austrete