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AfD-Chef Jörg Meuthen kündigt seinen Rückzug an


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Partei vor Radikalisierung?
AfD-Chef Meuthen kündigt seinen Rückzug an


Aktualisiert am 11.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Jörg Meuthen: Der AfD-Bundessprecher verabschiedet sich von dem Amt an der Parteispitze.Vergrößern des Bildes
Jörg Meuthen: Der AfD-Bundessprecher verabschiedet sich von seinem Amt an der Parteispitze. (Quelle: imago-images-bilder)
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Jörg Meuthen will beim nächsten AfD-Parteitag nicht erneut als Bundessprecher kandidieren. Die Zukunft an der Spitze ist unklar, die Radikalen um Björn Höcke wittern ihre Chance.

Jörg Meuthen zieht sich nach über sechs Jahren von der AfD-Spitze zurück. In einer E-Mail an die Parteimitglieder vom Montag kündigt der 60-Jährige an, auf dem AfD-Parteitag im Dezember nicht mehr für eine erneute Amtszeit als Bundessprecher zu kandidieren. Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und sie nach "vielen intensiven Gesprächen", insbesondere auch mit seiner Familie, getroffen. Das Schreiben wurde t-online zugespielt.

Die genauen Gründe für seinen Rückzug spart Meuthen in der Mitteilung aus. Er schreibt von einer "unglaublich fordernden" Zeit als Bundessprecher, die von "manchen Härten und Enttäuschungen" geprägt gewesen sei, aber auch von "sehr vielen guten Erlebnissen". Der Politiker bittet die rund 30.000 Mitglieder "von Herzen um Verständnis" für seinen Schritt.

Meuthen hatte sich die Frage, ob er wieder antreten werde, lange offengehalten. Im September sagte er t-online, er erhalte fast täglich Bitten von Parteifreunden, nicht hinzuwerfen. Doch die radikalen Kräfte würden stärker, er sei nicht mehr sicher, ob seine Truppen noch die Oberhand hätten. Auf keinen Fall wolle er als "bürgerliches Feigenblatt der Radikalen in der Partei" herhalten, so Meuthen damals.

Machtvakuum an der Spitze

Meuthens Rückzugsankündigung wird die ohnehin von Machtkämpfen geplagte AfD wohl weiter in Unruhe versetzen. Der parteiinterne Streit verschärfte sich zuletzt immer mehr: Auf der AfD-Pressekonferenz nach der Bundestagswahl lieferte sich Meuthen mit Co-Fraktionschefin Alice Weidel eine offene Feldschlacht um die Frage, wie das Wahlergebnis von 10,3 Prozent zu interpretieren sei.

Auch die Wahl der neuen Fraktionschefs verlief alles andere als reibungslos: Alice Weidel, die als Spitzenkandidatin das Wahlergebnis mit zu verantworten hat, schaffte es nur knapp und nur an der Seite von Co-Parteichef Tino Chrupalla erneut an die Spitze der neuen AfD-Bundestagsfraktion.

Das Machtvakuum, das Meuthen nun hinterlässt, könnte das Kräfteverhältnis zwischen den sogenannten Gemäßigten und den Radikalen um den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke, der das Duo Weidel-Chrupalla stützt, nachhaltig verändern.

Seit 2020 bekämpft Meuthen die radikalen Kräfte in der Partei zunehmend mit offenem Visier. Im April vergangenen Jahres brachte er die Spaltung der AfD in einen "freiheitlich-konservativen" und einen "radikalen" Teil ins Spiel. Ein halbes Jahr später, beim Parteitag in Kalkar, wetterte er gegen "immer aggressiver auftretende" Provokateure in der AfD, die versuchten, die Partei zu übernehmen.

Doch nun könnte das instabile Machtgleichgewicht vollends zugunsten der Radikalen kippen. Denn mit Meuthen verliert der gemäßigte Teil seine Identifikationsfigur und seinen prominentesten Fürsprecher. In seinem Rundbrief schreibt der Noch-AfD-Chef, ihm sei bewusst, dass sich "sehr viele Mitglieder" eine andere Entscheidung gewünscht hätten. Er werde jedoch seine politische Arbeit fortsetzen und weiterhin seine Stimme "hörbar einsetzen", so Meuthen, der seit 2017 für die AfD im Europaparlament sitzt.

Höcke? – "Ach, der Bernd"

Im Dezember findet der AfD-Parteitag in Wiesbaden statt. Dann wird eine neue Parteiführung gewählt. Hört man sich in der Partei um, wünschen sich viele Meuthens jetzigen Co-Parteichef und nun auch Co-Fraktionschef Tino Chrupalla als neuen ersten Bundessprecher.

Auch Rüdiger Lucassen, Spitzenkandidat der NRW-AfD bei der Bundestagswahl, hatte kürzlich wissen lassen, dass er sich den Job zutraue.

Ob sich der Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke um das höchste Parteiamt bewerben will, ist unklar. Bei einem Wahlkampftermin im September sagte Meuthen über etwaige Pläne Höckes, ihn als Bundessprecher zu beerben: "Ach, der Bernd!" Der habe sich nie aus seiner kleinen thüringischen Trutzburg herausgewagt, "obwohl er mehrfach dazu aufgefordert wurde".

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Doch selbst wenn Höcke auf eine Kandidatur verzichtet, wittern die Radikalen nun ihre Chance, ihren Einfluss auszuweiten. Laut dem sächsischen AfD-Politiker Siegbert Droese arbeiteten schon im Bundestagswahlkampf Höcke nahestehende Kräfte an einer parteiinternen "Choreografie", um Meuthens Nachfolge zu organisieren.

Aus der Partei ist jedoch zu hören, dass es mit der Geschlossenheit der Radikalen nicht weit her ist. Sobald das "Feindbild Meuthen" wegfalle, werde Streit um Posten und die künftige Ausrichtung der Partei ausbrechen. Der AfD drohen weitere unruhige Zeiten.

Verwendete Quellen
  • E-Mail von Jörg Meuthen an die Mitglieder
  • Eigene Recherchen
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