Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Planspiele in der Union Neues Amt für Laschet im Gespräch – so könnte Söder Kanzler werden
In der CDU wird laut einem Bericht ein Szenario diskutiert, nach dem Armin Laschet Bundespräsident und Jens Spahn Parteichef werden könnte. Söders Weg ins Kanzleramt wäre damit frei. Was ist an der Sache dran?
In der CDU macht laut einem Bericht ein Vorschlag die Runde, der Söder den Weg ins Kanzleramt ebnen könnte. Wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, wird in der CDU von einigen – unter anderem zwei Mitgliedern des Bundesvorstands – das Szenario diskutiert, dass Armin Laschet auf eine Kandidatur für das Kanzleramt verzichten könnte, um stattdessen Bundespräsident zu werden. Damit würden diejenigen den Macht-Poker in der CDU gewinnen, die sich Söder als Kanzlerkandidaten und Jens Spahn als Parteichef wünschen. Hintergrund: Söder gilt bei Wählerumfragen als der aussichtsreichste Kanzlerkandidat der Union, Laschet selbst ist abgeschlagen.
Spahn könnte CDU-Chef werden
Zwar sei die Zusammensetzung der nächsten Bundesversammlung, in der der Bundespräsident gewählt wird, noch unklar, doch gelte es als wahrscheinlich, dass die Union wieder die meisten Mitglieder entsenden könnte. Aufgrund seiner Vergangenheit als Integrationsminister und der guten Zusammenarbeit mit der FDP als Koalitionspartner in Nordrhein-Westfalen könne Laschet als geeigneter Kandidat für das Präsidentenamt vermittelt werden. Zudem habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Frage nach einer zweiten Amtszeit nach 2022 bisher offen gelassen.
In dieser Konstellation wäre der Weg für eine Kandidatur von Jens Spahn als Parteivorsitzender frei. Dem Gesundheitsminister werden in der CDU laut dem Bericht größere Chancen auf den Posten zugerechnet als Friedrich Merz und dem als Außenseiter gehandelten Norbert Röttgen.
Wie wahrscheinlich ist das Szenario?
Das Szenario ist extrem theoretisch – doch es legt offen: Der Druck in der CDU ist so groß wie nie. In der Volkspartei, die Gewissheiten so liebt, ist nichts mehr gewiss, selbst bereits verkündete Bündnisse werden durch solche Überlegungen angezweifelt. Und darin liegt das größte Problem bei dem Gedankenspiel "Söder als Kanzler und Spahn als CDU-Chef": Um es möglich zu machen, müsste das Team Laschet-Spahn aufgelöst werden. Armin Laschet hat darauf keine große Lust, zuletzt erklärte er im t-online.de-Interview, dass er an dem Tandem festhalten wolle. Und er selbst sitzt dabei vorne.
Zwar ist Jens Spahn der Einzige aus dem Kandidatentableau, mit dem ein Kanzler Söder vorstellbar wäre: Er ist jung genug, im Gegensatz zu Laschet und Merz könnte er einem CSU-Kanzler Söder den Vortritt lassen und erst in einigen Jahren selbst kandidieren. Doch der Gesundheitsminister steckt in einem Dilemma: Er kann nicht offiziell den Rückzug vom Duo ankündigen, das würde ihm als Illoyalität ausgelegt werden. Gleichzeitig sieht er, wie die Popularität von Laschet schwindet. "Jens Spahn kam nur so schnell nach oben, weil er sich mit Gewinner-Typen umgibt. Und zu denen gehört Armin Laschet im Moment definitiv nicht", sagt ein Mitglied der CDU-Fraktionsführung zu t-online.de. Offiziell möchte sich aus dem Führungszirkel aber niemand äußern.
Laschet bräuchte Unterstützung der anderen Parteien
Das Modell, dass Laschet Bundespräsident wird, hat noch eine weitere wackelige Komponente: Laschet bräuchte dafür eine breite Unterstützung über die Union hinaus, vor allem bei den Grünen. Der amtierende NRW-Ministerpräsident galt dort als angesehen, seit er als Integrationsminister in seinem Bundesland eine weltoffene Einwanderungspolitik vertrat. Doch sein Rückhalt bei den Grünen bröckelt nach seinem Krisenmanagement in der Corona-Pandemie.
Zudem gilt der amtierende Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als sehr anerkannt, auch über die Parteigrenzen hinweg. Bislang hat er zwar noch kein offizielles Interesse an einer zweiten Amtszeit bekundet, aber auch in der Union waren schon Stimmen zu hören, die Steinmeier unterstützen. All diese Steinmeier-Befürworter müssten sich schnell umorientieren — und plötzlich Laschet favorisieren, der kurz zuvor noch für einen ganz anderen Posten kandidierte.
Und dann ist da noch Friedrich Merz: Der ehemalige CDU-Fraktionschef plant für den Herbst seine Renaissance im Rennen um den Vorsitz. Er will einen Gegenvorschlag zur von Kramp-Karrenbauer geforderten Frauenquote machen und wieder häufiger auf Veranstaltungen sprechen. Möglich ist, dass das Rennen dann nochmal neu an Fahrt aufnimmt, auch die anderen Kandidaten müssten sich dann wieder deutlicher positionieren. Dann wäre bereits in wenigen Wochen von einem Bundespräsidenten Laschet mit einem Kanzler Söder keine Rede mehr.
- Eigene Recherchen
- "Süddeutsche": "Das Laschet-Söder_Spahn-Szenario"