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Anne Will: SPD-Kandidat Olaf Scholz – “Mein Wort gilt noch viel”


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TV-Kritik “Anne Will”
"Mein Wort gilt noch viel"

Von Nico Damm

Aktualisiert am 26.08.2019Lesedauer: 3 Min.
Olaf Scholz bei "Anne Will": Sollte der Finanzminister die SPD-Spitze übernehmen, will er sein Regierungsamt nicht aufgeben.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz bei "Anne Will": Sollte der Finanzminister die SPD-Spitze übernehmen, will er sein Regierungsamt nicht aufgeben. (Quelle: ARD)
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Olaf Scholz erklärt bei “Anne Will” seine Kandidatur um den Parteivorsitz – und warum er seine Meinung dazu geändert hat. Der Finanzminister verteidigt auch die geplante teilweise Soli-Abschaffung.

Die Gäste:

  • Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen und Kandidat für den Parteivorsitz
  • Christian Lindner (FDP), Parteivorsitzender und Fraktionsvorsitzender im Bundestag
  • Katja Kipping (Die Linke), Parteivorsitzende
  • Elisabeth Niejahr, Chefreporterin der "Wirtschaftswoche"

Die Positionen:

Nach der Sommerpause hatte Anne Will in die Sendung geladen, um über den aktuellen Streitpunkt Soli-Abschaffung zu sprechen. Doch erstmal entschied sich die Moderatorin dafür, eine Art Einzel-Interview mit Olaf Scholz zu führen. Was denn sein Wort noch gelte, wenn er bei wichtigen Fragen wie zur Kandidatur für den Parteivorsitz einfach umschwenke? “Mein Wort gilt noch viel”, sagte Scholz. “Es war schwierig, das zu entscheiden, aber ich habe meine Meinung geändert. Ich konnte es nicht mehr ertragen, wie mit der SPD umgegangen wird”, sagte der Finanzminister. Er könne es nicht verantworten, nicht zu kandidieren. Und wie ginge das alles zeitlich? Schließlich hatte Scholz noch vor Kurzem in derselben Sendung gesagt, zeitlich halte er das Amt des Finanzministers mit dem Parteivorsitz in dieser Hinsicht für nicht machbar. In der Sendung stellte er klar: Er will sowohl Finanzminister als auch Vizekanzler bleiben.

Nach dem 15-minütigen Verhör war es Lindner und nicht Will, der die Sendung wieder auf die Spur brachte: “Wir könnten doch jetzt zu Inhalten kommen." Die waren kontrovers. Was bringt die Teil-Soli-Abschaffung? Scholz verteidigte seine umstrittenen Pläne. “Es gibt nach wie vor Aufgaben der deutschen Einheit, die wir finanzieren müssen.” Singles müssten erst ab einem Einkommen von 200.000 Euro belastet werden. Lindner widersprach: “Ich halte es schlicht für töricht, dass wir Mittelstand und Handwerk nicht entlasten.” Kipping sprach hier von einem alten “Trick” der FDP. “Sie reden über den Mittelstand und was rauskommt sind Steuergeschenke für Superreiche. Wer den Soli abschaffen will muss auch sagen, wo er die 20 Milliarden hernehmen will.”

Niejahr plädiert derweil wie Lindner für die vollständige Abschaffung. “Der Soli ist als Ausnahme eingeführt worden.” Umverteilen könne man ja trotzdem, nur mit anderen Instrumenten. Scholz beteuerte, er habe genau das versucht, in der Koalition durchzusetzen – vergeblich. Er habe vorgeschlagen, statt über den Soli über die Einkommenssteuer umzuverteilen. “Für diesen Vorschlag haben wir kein Einvernehmen.” Und der Investitionsstau? Ein Einspieler führte basierend auf OECD-Daten krasse Mängel im Bereich Bildung und Verkehr auf. Das ficht Scholz nicht an. Trotz der Abschaffung sehe er genug Investitionen. Der Bund investiere so viel wie noch nie, etwa 86 Milliarden Euro in die Bahn. Kipping erntete mit ihrer gegenteiligen Meinung viel Applaus: “Wir müssen den Investitionsstau auflösen gerade im Hinblick auf die kommende Rezession.” Es brauche eine Klima-, Verkehrs- und Agrarwende.

Der Aufreger des Abends:

Lindner gegen alle – so könnte man den Frontverlauf der Sendung charakterisieren. Der erfrischt aus dem Urlaub zurückgekehrte Liberale teilte in alle Richtungen aus. Das hörte sich dann in Richtung Katja Kipping – bekanntermaßen nicht unbedingt eine Freundin staatlichen Sparens – etwa so an: “Es gibt Dinge, wo man sparen kann. In Berlin kriegen sie zum Beispiel seit Jahr und Tag einen Flughafen nicht in Gang.” Kipping konnte kaum Luft holen, da war Lindner schon bei Olaf Scholz. Der solle doch lieber überlegen, Subventionen für Elektro-Autos oder Sonstiges abzuschaffen und überlegen, wie Konzerne wie Apple besser zu besteuern seien.

Erwartbar gab es auch Zoff in der Nachbetrachtung eines viel beachteten Tweets der SPD-Bundestagsfraktion. Der enthielt eine stilisierte Zeichnung eines DAX-Vorstands, der bei einem Cocktail im Liegestuhl lümmelt, während er Geldscheine per Förderband geliefert bekommt. Befördert das nicht eine Neiddebatte? Scholz widersprach: “Das ist keine Neiddebatte, es ist eine Gerechtigkeitsdiskussion.” “Sie wollen Ressentiments schüren”, warf Lindner dem Finanzminister vor.

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Der Faktencheck:

Ist Deutschland “Weltmeister unter den Steuersätzen”? Lindner hatte das in der Sendung behauptet. Der FDP-Parteichef könnte sich auf eine aktuelle OECD-Studie bezogen haben. Die besagt in der Tat, dass Deutschland im Vergleich zu anderen entwickelten Ländern neben Belgien die höchsten Abgaben auf das Einkommen verlangt – in Form der Einkommenssteuer und Sozialabgaben.

Damit ist Deutschland aber nicht automatisch ein Hochsteuerland. Laut Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW, besteuert kaum ein Land Vermögen weniger als Deutschland. Reiche werden zudem weit weniger stark von indirekten Steuern belastet: Für sie fallen Mehrwert-, Alkohol-, Tabak-, Versicherungs- oder Wettsteuer viel weniger ins Gewicht als für arme Menschen.

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