"Linker als die Linkspartei" Gabriel rechnet mit SPD ab
Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel stellt seiner Partei kein gutes Zeugnis aus. Das Konzept der Sozialdemokraten sei gescheitert. Mit einer Bewegung möchte er den angeblichen Linkskurs der Partei stoppen.
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat seine Partei scharf kritisiert und der Führung einen unklaren Kurs vorgeworfen. "Die SPD ist linker als die Linkspartei geworden und ökologischer als die Grünen. Ich bin sicher, dass die Mehrheit der Mitglieder diese Entwicklung ablehnt", sagte der frühere Vizekanzler dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag). Der Kurs der SPD sei in den vergangenen Jahren immer unklarer geworden. "Am Ende werden Formelkompromisse gebastelt, in denen sich jeder wiederfindet." Das Konzept der SPD, sich "wie eine Holding von Minderheiteninteressen zu organisieren", sei gescheitert.
Gabriel unterstützt "SPDpur"
Am Freitag war Gabriel der Zeitung zufolge der Bewegung "SPDpur" beigetreten, die den Linkskurs der Partei stoppen will. "Ich unterstütze den Kurs von "SPDpur", weil sich hier Menschen zusammenfinden, die wieder Klarheit über das schaffen wollen, was Sozialdemokratie eigentlich heißt", sagte er.
Die Konzentration von Gruppen- und Minderheitenthemen habe dazu geführt, dass die SPD ihre eigentliche Wählerschaft aus den Augen verloren habe, fügte Gabriel hinzu. "Die breite Schicht der leistungsbereiten Arbeitnehmer fühlte sich in der SPD lange gut aufgehoben. Heute erscheint vielen Menschen diese Idee zu einem Sozialhilfestaat degeneriert zu sein, in dem der Einzelne ohne besondere Anstrengung leben kann." Gabriel sagte zugleich, für eine erneute Kandidatur für den Bundesvorsitz stehe er nicht zu Verfügung.
Unterstützer von "SPDpur" ist neben Gabriel der frühere NRW-Landeschef Michael Groschek. In einem Positionspapier "Aufbruch durch Klarheit", das am Freitag in Berlin veröffentlicht wurde, werben die Initiatoren für "Gemeinwohl-Engagement" und ein "klares Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft". Die Klimapolitik dürfe "nicht blind für soziale Fragen" sein. Erstunterzeichner sind neben Gabriel und Groschek acht weitere SPD-Politiker.
Das Papier greift die derzeitige Migrationspolitik an
Innenpolitisch wird in dem Text eine "harte Null-Toleranz-Politik" gegenüber Kriminalität und "Parallelgesellschaften" gefordert. Zur Migrationspolitik heißt es, im Vordergrund müsse die Bekämpfung von Fluchtursachen stehen: "Zum Land der guten Hoffnung müssen die Heimatländer werden". Das Asylrecht solle aber nicht in Frage gestellt werden.
Innerparteilich übt "SPDpur" Kritik an einem "Schaulaufen" von Bewerbern um den Parteivorsitz. Stattdessen sollten inhaltliche Fragen im Vordergrund stehen, "um darauf aufbauend Personalentscheidungen zu treffen". Mitspracherechte für Basisvertreter will die Gruppierung ausbauen, dem Parteivorstand sollen höchstens noch zur Hälfte Berufspolitiker angehören.
Lauterbach ist gegen die Gründung von "Unter-SPDen"
Lauterbach übte grundsätzliche Kritik an der Initiative. "Ich halte die Gründung von Unter-SPDen für falsch", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Vor allem brauche die Partei keine "Retro-Gliederungen".
Besonders Stellungnahmen von "SPDpur" zur Migrationspolitik bezeichnete Lauterbach als "rückwärtsgewandt". Zu Äußerungen aus dem Kreis der Initiatoren sagte er: "Wer den Eindruck erwecken kann, wir würden Flüchtlinge anlocken und es habe 2015 eine Alternative zu ihrer Aufnahme gegeben, vertritt beinahe AfD-Positionen und nicht die Linie der SPD."
Lauterbach und Scheer zählen zum linken Parteiflügel
Lauterbach bewirbt sich im Duo mit der Umweltexpertin Nina Scheer um den Parteivorsitz. Beide werden dem linken Parteiflügel zugerechnet. Dies gilt auch für das Duo der Oberbürgermeister Simone Lange und Alexander Ahrens, die an diesem Freitag ihre Bewerbung bekanntgaben.
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Eher der SPD-Rechten wird dagegen das Bewerber-Duo Michael Roth und Christina Kampmann zugeordnet. Entscheiden soll ein SPD-Parteitag im Dezember, zuvor könnte es eine Mitgliederbefragung geben.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa