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Hubertus Heil, der Arbeitsminister: Darum ist er der Letzte seiner Art


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Hubertus Heil
Der Letzte seiner Art


26.05.2022Lesedauer: 10 Min.
Nähe zu Menschen herzustellen (hier im Bundestagswahlkampf), ist eines der Haupttalente von Hubertus HeilVergrößern des Bildes
Nähe zu Menschen herzustellen (hier im Bundestagswahlkampf), ist eines der Haupttalente von Hubertus Heil. (Quelle: Imago Images)

Mit einigen seiner Minister hat Olaf Scholz kein Glück: Sie sorgen permanent für Negativschlagzeilen. Bei Hubertus Heil ist das anders. Das liegt an seiner besonderen Methode.

Hubertus Heil ist zu früh da. Zehn Minuten vor dem offiziellen Termin steht er mit seinem Dienstwagen vor der Gifhorner Hauptschule Freiherr vom Stein. Andere Spitzenpolitiker würden ihren Fahrer lieber Extrarunden drehen lassen. Wer wichtig ist, lässt warten.

Nicht so der Bundesarbeitsminister. Heil ist keiner, der seine Bedeutung wie eine Monstranz vor sich herträgt. Im Gegenteil: Er verhält sich eher nach dem sozialdemokratischen Motto, "nah bei den Menschen" zu sein. So wie es Ex-Parteichef Kurt Beck einst zur Devise erhob.

Bei seinen Gesprächspartnern bedankt sich Heil erst mal dafür, dass sie sich Zeit genommen haben. Ganz gleich, ob es Jugendliche oder der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens sind. An der Schule versucht er, mit den vier Mädchen und Jungen der Schülervertretung sofort auf eine Ebene zu kommen, holt selbst einen Stuhl herbei, als einer fehlt. Als einer der Jungen ihn mit "Herr Minister" anspricht, scherzt er: "Da muss ich mich immer erst mal umschauen, ob jemand hinter mir steht." Dann bietet er dem 17-Jährigen das Du an: "Hubertus."

Auch von seinem Fahrer lässt Heil sich duzen

Es ist keine Masche. Auch seine Mitarbeiter erzählen, dass er sich häufig bei ihnen bedankt, auch von seinem Fahrer aus dem Ministerium lässt er sich duzen.

Heils Prinzip im Umgang mit anderen ist, möglichst schnell Augenhöhe herzustellen. Heil sagt gern Sätze wie "Darf ich mal ganz blöd fragen?". Und er hat alle im Blick. Beim Betriebsbesuch, der später am Tag stattfindet, wendet er sich nach der offiziellen Begrüßung der Auszubildenden im Hintergrund zu, fragt sie nach ihren Erfahrungen.

In der Schule entlockt er dem etwas stilleren Schülervertreter aus dem Irak seine bestürzende Lebensgeschichte: Wie er als Zehnjähriger mit einer Waffe in der Hand das Haus der Eltern vor dem Islamischen Staat verteidigen sollte, wie die Familie wochenlang auf der Flucht nach Deutschland war und dass er jetzt die Zusage für eine Lehre als Mechatroniker bekommen hat. Es ist ein bewegender Moment, der nebenbei jenen örtlichen AfD-Politiker Lügen straft, der ein paar Monate zuvor die Schule als "Resterampe" abgetan hatte.

Im politischen Betrieb Berlins wirkt Hubertus Heil auf den ersten Blick in vielem so mittelmäßig: mittelgroß, mittelalt, mit Hang zu durchschnittlich-unauffälligen Anzügen. Seit März 2018 ist er Chef des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Neben Christine Lambrecht und Svenja Schulze ist der 49-jährige Niedersachse der dritte Sozialdemokrat, der sowohl in der letzten Merkel-Regierung als auch im Ampelkabinett einen Ministerposten bekommen hat. Heil hat als Einziger sein altes Ministerium behalten.

Aber während sich die Hauptstadtpresse über die Pleiten und Pannen der Verteidigungsministerin lustig macht, die Bilanz von Innenministerin Nancy Faser kritisiert und Karl Lauterbach als überfordert im Amt des Gesundheitsministers beschreibt, gerät manchmal fast in Vergessenheit, dass die SPD noch andere Minister hat. Das ist insbesondere im Fall von Heil bemerkenswert, denn das Arbeitsministerium ist traditionell eines der wichtigsten der SPD. Hier wird Sozialstaat gemacht: Heil verwaltet nicht nur den größten Einzeletat aller Ministerien – in diesem Jahr rund 160 Milliarden Euro –, sondern steht auch für eines der wichtigsten Ziele der Sozialdemokratie: faire Bedingungen am Arbeitsmarkt und gerechte Löhne.

Doch Heil hat keinerlei Hang, das zu tun, was im Politikbetrieb längst Alltag ist: Er strebt nicht mit zackigen Ankündigungen nach Aufmerksamkeit, wie es Christian Lindner gern tut. Anders als Karl Lauterbach kann er Mikrofonen aus dem Weg gehen. Und im Gegensatz zu Robert Habeck baut er nicht konsequent über die sozialen Medien und Fernsehauftritte ein Image auf, das für Höheres qualifiziert.

Heil macht vor allem das sehr gut und erfolgreich, was in der Politik vor lauter PR heute oft zu kurz kommt: Er ist an Inhalten interessiert, will Gesetze verändern. Deshalb treibt er im Hintergrund beharrlich seine Projekte voran, bringt sie durch die Mühlen des Berliner Betriebs.

Das hat er bereits in der vergangenen Legislaturperiode getan, etwa als er in zähen Verhandlungen gegen den Widerstand der CDU das Lieferkettengesetz durchsetzte, das größere deutsche Unternehmen verpflichtet, gegen Verstöße gegen Menschenrechte und den Umweltschutz in ihren gesamten Lieferketten vorzugehen. Heil hat auch dafür gesorgt, dass die Grundrente kam. Und er macht nun einfach weiter: Im März legte er einen Gesetzesentwurf für höhere Erwerbsminderungsrenten vor und hat zum Jahresende ein neues Rentenpaket angekündigt.

Und natürlich das sichtbarste Projekt: der Mindestlohn. Er steigt zum 1. Oktober auf 12 Euro pro Stunde – ein Plus von fast 20 Prozent. Die Arbeitgeber warnen vor den Folgen, drohen, juristisch dagegen vorzugehen. Heil weiß, dass das zum Spiel dazugehört und gibt sich ungerührt. "Ich bin entschlossen, es durchzusetzen. Wir haben sauber gearbeitet", sagt er im Gespräch mit t-online. Die Erhöhung komme rund 6,5 Millionen Menschen zugute, vor allem Frauen, die in "systemrelevanten", aber schlecht bezahlten Berufen arbeiten. Wie die Supermarktkassiererin oder die Friseurin: "Die haben es verdient."

Heil verdankt seiner Vorgängerin viel

Dass der Minister so gelassen reagieren kann, verdankt er auch seiner Vorgängerin Andrea Nahles. Die frühere Parteichefin hat Heil nicht nur ein gut aufgestelltes Ministerium hinterlassen, sondern bereits 2015 vorgemacht, wie man gegen alle Widerstände einen Mindestlohn (damals von 8,50 Euro) durchsetzt.

Und noch ein weiteres Thema wird Heil in der zweiten Hälfte des Jahres stärker in den Fokus rücken: die Flüchtlinge aus der Ukraine. Auch damit sich das Desaster von 2015 nicht wiederholt, will der Minister sie schnell in den Arbeitsmarkt bringen. Er habe mit vielen gesprochen, sagt er: "Sie wollen arbeiten. Das kann auch bei der Verarbeitung von Traumata helfen." Voraussetzung dafür ist, dass die Abschlüsse und Ausbildungen der Ankommenden schnell geprüft und anerkannt werden. "Wir müssen da schneller, pragmatischer und besser werden", fordert Heil.

Zum Nachteil wird seine bedächtige Art, wenn es darum geht, für Aufmerksamkeit zu sorgen. Seit Jahren will die SPD ihr soziales Profil schärfen. Eine Premiumaufgabe für den Minister für Soziales. Doch spektakuläre Aufschläge, die im Gedächtnis der Bürger hängen bleiben, sind nicht seine Sache.

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Der Kanzler-Frage weicht Heil aus

Warum er in der SPD trotzdem ein gutes Standing hat, kann man bei einem Auftritt beim Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbunds erleben. Den obersten Knopf des weißen Hemdes offen, demonstriert er, wie gut er die Klaviatur der sozialdemokratischen Begrifflichkeiten beherrscht. Er dankt dem DGB und allen anwesenden Teilorganisationen, wechselt vom Empathischen zum Kämpferischen und vergisst dabei die wichtigen Schlüsselbegriffe nicht ("Ein starker Sozialstaat ist nicht ein Nice-to-have in guten Zeiten").

Seine kleine Spitze gegen CDU-Chef Friedrich Merz ("Wenn ihr den Unterschied zwischen SPD und CDU kennenlernen wollt, müsst ihr uns beide in eine Talkshow einladen") kommt beim Publikum gut an, ebenso wie der Moment, als er die AfD abkanzelt und zugleich um jene unter ihren Wählern wirbt, die sich von der Gesellschaft "rumgeschubst" fühlen.
Heil ist kein brillanter Redner, aber ein solider. Und wirkt dabei wie die Sozialdemokratie in ihren besten Zeiten selbst: ein bisschen altmodisch, aber auch grundverlässlich.

Könnte so jemand nicht auch Kanzler? So sehr unterscheiden Sie sich doch gar nicht von Olaf Scholz, Herr Heil, oder?

Fragt man den Minister danach, weicht er in Politsprechblasen aus. Er sagt dann, dass er froh sei, "unter Olaf Scholz als Arbeitsminister in einer Fortschrittskoalition das Land mit voranbringen zu können". Das Kanzleramt sei "ein Amt mit enormer Verantwortung, was man unbedingt wollen muss". Er konzentriere sich darauf, ein guter Arbeitsminister zu sein. "Ich will meine Pflicht erfüllen", sagt Heil. Es sei eine "Riesenverantwortung", dafür zu sorgen, dass die Menschen in Arbeit blieben. Aber er räumt auch ein, dass man "Lust auf Gestaltungsmacht" haben muss, wenn man es in einem Regierungsamt schaffen will.

Nicht immer ein glückliches Händchen

Von Wegbegleitern wird Heil als "ein Arbeitstier" beschrieben. Ein Chef, der durchaus auch Härte an den Tag legen könne, wenn es etwa darum gehe, die Abteilungsleiter in seinem Ministerium auszuwechseln, wie unlängst geschehen. Heil sei sehr stark auf seine Arbeitsthemen fokussiert, sagt einer kritisch. Die gesellschaftlich breite Aufstellung, die ein Kanzler auch inhaltlich braucht, fehle ihm. Und dass er bei der Wahl seines engsten Teams nicht immer ein glückliches Händchen bewiesen habe. So blieb sein Staatssekretär für Digitales, Björn Böhning, recht blass im Amt. Inzwischen ist er in die Filmbranche gewechselt.

Fakt ist aber auch: Im sozialdemokratischen Betrieb, der einer der härtesten innerhalb der Parteien ist, ist Hubertus Heil ein Überlebender.

Mit 33 wurde er Generalsekretär – als Kompromisskandidat nach einem Machtkampf zwischen dem damaligen Parteichef Franz Müntefering und Andrea Nahles, die selbst Ambitionen auf das Amt gehabt hatte. Heil musste sich erst mal durchbeißen, weil viele fanden, er sei zu jung für das Amt. Geholfen hat ihm dabei sein "Netzwerk", ein von ihm in den neunziger Jahren mitgegründeter Zusammenschluss von SPD-Politikern. Vom linken Flügel um Andrea Nahles wurde die sich selbst als pragmatisch definierende Gruppierung stets etwas misstrauisch beobachtet, aber für Heil erwies sie sich in schwierigen Zeiten als äußerst stabil. Auch als er zwei Tage nach der Bundestagswahl im September 2009 seinen Rücktritt ankündigte. Die SPD hatte mehr als elf Prozentpunkte verloren; Heil war als Generalsekretär hauptverantwortlich für die Kampagne. Seine Nachfolgerin wurde Andrea Nahles.

Einmal wollte er alles hinschmeißen

Im Juni 2017 wurde Heil erneut Generalsekretär, konnte den angeschlagenen Spitzenkandidaten Martin Schulz aber nicht mehr retten. Im September des Jahres holte die SPD das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte, und Heil trat erneut zurück. Als Anfang 2017 Sigmar Gabriel vom Wirtschaftsministerium ins Auswärtige Amt wechselte (weil sich Frank-Walter Steinmeier ins Bundespräsidialamt verabschiedet hatte), wurde Heil als Nachfolger gehandelt. Gepasst hätte es: Heil war als Vize-Vorsitzender im Bundestag damals für Wirtschaft, Energie und Bildung zuständig, hatte einen guten Ruf. Doch den Job bekam Brigitte Zypries.

Damals hätte der sonst so duldsame Heil beinahe hingeschmissen, erzählte man im politischen Berlin. 2018 folgte die Wiedergutmachung: Heil beerbte Andrea Nahles im Arbeitsministerium.

Die sorglose Kindheit war früh vorbei

Im Auf und Ab seiner Karriere dürfte Heil geholfen haben, dass er auch privat schon tiefe Umbrüche erlebt hat. Als er sechs Jahre alt war, verließ sein Vater die Familie und setzte sich nach Mexiko ab, um keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Alleine konnte seine Mutter, eine Studienrätin, die Raten des Eigenheimes auf dem Land nicht mehr abbezahlen. Die Familie musste in eine Hochhaussiedlung umziehen. "Ich habe zwar nicht direkt Armut erlebt, aber es war ein Stück Abstieg", sagt Heil heute.

Während die Mutter versuchte, die Familie durchzubringen, musste Heil sich auch um den vier Jahre jüngeren Bruder kümmern. Die Vermutung liegt nahe, dass in diesen Erfahrungen auch ein Schlüssel für sein solides Image und seinen Hang zum Vermitteln liegt.

Fragt man Heil danach, zögert er und sagt dann: "Ich halte Kompromisse nicht für ein Schimpfwort, weil Interessensausgleich notwendig ist." Olaf Scholz hat über Heil einmal gesagt, er sei "hartnäckig und klug".

Mit einem CSU-Politiker teilt Heil eine besondere Erinnerung

Er ist keiner, der sein Privatleben gern öffentlich diskutiert, geschweige denn politisch instrumentalisiert. Dass er den Vater nur zweimal wiedergesehen hat, einmal auf der Beerdigung seiner Großmutter, aber dieser bis zu seinem Tod nie wieder richtigen Kontakt zu seinen Söhnen suchte, erzählt Heil nur auf Nachfrage.

Auch politisch hat ihn seine Mutter geprägt, wenngleich sie keiner Partei angehörte. 1979 nahm sie ihn auf den Evangelischen Kirchentag nach Nürnberg mit. Mutter und Sohn kamen bei einem CSU-Landtagsabgeordneten unter, der, wie bei Kirchentagen üblich, ein Gastzimmer zur Verfügung stellte. Es war Günther Beckstein, der spätere Ministerpräsident von Bayern.

Vom Nürnberger Kirchentag stammt auch ein Foto, das Heil bis heute in seinem Arbeitszimmer stehen hat. Es zeigt einen kleinen Jungen, der am Rande eines Podiums flach auf dem Boden liegt und ein bisschen gelangweilt guckt. Auf dem Podium spricht Helmut Schmidt, der damalige Bundeskanzler.

Vor allem eine Person hat Heil politisch geprägt

Mit 14 schloss er sich in seinem Heimatort Peine den Jusos an. Man war gegen das Atommüllendlager und kämpfte mit dem Slogan "Kohl muss weg" gegen den amtierenden CDU-Bundeskanzler. Die konservative Familie der Mutter sah das Engagement des frischgebackenen Jungsozialisten mit Missbilligung. "Das wächst sich aus", hieß es bei Familienfeiern. Doch das tat es nicht.

1994 holte Klaus Ness, sein Mentor aus Juso-Zeiten, Heil als Referenten in den Brandenburger Landtag. Die Karriere von Heil ist ohne Ness nicht denkbar. Denn Ness war nach seinem Wechsel aus Niedersachsen nach Brandenburg zur prägenden Figur der dortigen SPD geworden, erst als Generalsekretär, dann als Fraktionschef.

Der inzwischen verstorbene Ness war die treibende Kraft hinter der Gründung des "Netzwerks". In Potsdam begann Heil auch ein Studium der Politikwissenschaft und Soziologie. Vier Jahre später wurde Heil Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten Eva Folta. Im selben Jahr wurde er selbst Bundestagsabgeordneter für seinen Heimatwahlkreis Gifhorn-Peine, den er seitdem immer direkt gewann.

"Heil ist noch keine 50, aber gefühlt schon immer dabei", schrieb die "WAZ" bereits 2018. In diesem Jahr wird Heil nun tatsächlich 50. Auf die Frage, welche großen Lebenswünsche für die Zukunft offen seien, fällt ihm erst mal nichts ein.

Man muss sich den Politiker Heil also wohl als einen glücklichen Menschen vorstellen. Er wolle seine beiden Kinder, acht und neun Jahre alt, gut ins Leben begleiten, sagt er dann. Ihnen ein guter, zugewandter Vater zu sein, ist auch eine der Konsequenzen, die er aus der eigenen Biografie gezogen hat.

In einem Punkt ist Heil eine Antithese zu Scholz

Was ihm politisch am Herzen liegt, macht er ein paar Tage später in einem alten Fabrikgebäude im Berliner Westhafen deutlich. Hier bei einer Konferenz der G7-Staaten spricht Heil über globale Lieferketten. Die Moderatorin begrüßt ihn mit den Worten, dass er und sein Ministerium "treibend" waren, "dass die globalen Lieferketten im Sinne der Menschenrechte nach vorne gebracht" wurden. Heil liest seine Ansprache auf Englisch vom Teleprompter ab, der etwas ungünstig ziemlich weit rechts platziert ist. Das lässt seinen ohnehin gesetzten Auftritt noch etwas behäbiger wirken.

Aber auch hier verwendet er eine Methode, die ebenso typisch für ihn ist wie die demonstrative Wertschätzung. Er greift Fachbegriffe wie "Level Playing Field" und "Corporate Social Responsibility" auf, um sie gleich im Anschluss nach dem "Sendung mit der Maus"-Prinzip in einfachen Sätzen aufzulösen. Heil ist eine Art Erklärbär der Regierung und in diesem Punkt eine Antithese zu Bundeskanzler Scholz, in dessen Phrasenmeer man sich an den wenigen inhaltsreichen Sätzen festklammern muss wie ein Ertrinkender am Rettungsring.

Auch hier bemüht sich Heil um Augenhöhe. Er übt ein bisschen politische Selbstkritik ("Es ist bitter, dass es erst Krisen geben muss, um aufzuwachen"), wirbt für Pragmatismus ohne Verrat an Idealen ("Man muss Realitäten anerkennen, aber sich nicht damit abfinden") und lobt ganz nebenbei Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck ("ein guter Verbündeter"). Am Ende dankt er den Teilnehmern, dass sie gekommen sind. "Danke" dürfte neben "Arbeit" die am zweithäufigsten eingesetzte Vokabel im Wortschatz des Arbeitsministers Heil sein.

Nettigkeit und Wertschätzung sind keine Währungen, mit denen man für gewöhnlich in der Spitzenpolitik weit kommt. Dass es bei Heil geklappt hat, dürfte an einer Kombination von Solidität, Disziplin, Kompromissbereitschaft und der Fähigkeit, in entscheidenden Momenten im Hintergrund auf stabile Kontakte zurückzugreifen, liegen. Und daran, dass er im Zirkus der politischen Eitelkeiten relativ wenig Probleme zu haben scheint, womöglich unterschätzt zu werden. So könnte er auch dann noch da sein, wenn viele andere schon wieder Geschichte sind.

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Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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