Laschet in der Flutregion "Sie werden es bei der Wahl merken"
Wie ist die Lage zwei Wochen nach der Flutkatastrophe in den betroffenen Regionen? NRW-Ministerpräsident Laschet war heute vor Ort in Swisttal und Schleiden – und durfte sich dort einiges anhören.
Wütende Bürger und ein bewegter Armin Laschet: Der Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der Union hat am Montag ein weiteres Mal das Hochwassergebiet in Nordrhein-Westfalen besucht. In Swisttal und Schleiden wurde der CDU-Politiker dabei nicht nur freundlich empfangen. Zahlreiche Bürger verschafften ihrem Ärger über die schleppende Hilfe der Behörden Luft.
Laschet zeigte sich bei einer anschließenden Pressekonferenz erschüttert von den Schicksalen der Betroffenen. "Das Bild ist noch immer schrecklich", sagte der NRW-Landeschef. Menschen hätten ihm Bilder gezeigt, wie hoch das Wasser in ihren Häusern stand. Das Geschehene bewege die Menschen noch immer sehr, manche seien in Tränen ausgebrochen. Sie seien aber auch dankbar, ihr Schicksal mitteilen zu können.
"Riesengroße Versager"
In Swisttal im Rhein-Sieg-Kreis konfrontierten Anwohner den CDU-Politiker mit ihrem Ärger über fehlende Hilfe vor Ort. Ein Mann klagte, bislang habe er weder Hilfe von der Landesregierung noch von der örtlichen Verwaltung gesehen. Stattdessen hätten junge Leute beim Aufräumen geholfen. Auch ein anderer Mann schimpfte über "riesengroße Versager" und drohte – auch in Laschets Richtung: "Sie werden es bei der Wahl merken."
Eine aufgebrachte Frau fragte den Ministerpräsidenten: "Haben Sie schon mal eine Woche im Schlamm gebuddelt?" Patrick Richelt, Vorstand eines Kindergartens in Swisttal-Heimerzheim, klagte: "Infrastruktur im Dorf haben wir nicht mehr. Alle kleinen Geschäfte, alle Familienunternehmen im Dorf – das ist alles abgesoffen. Wir haben keine Schule mehr." Laschet müsse jetzt konkrete Hilfe ankündigen. "Er muss. Wir müssen in die Pötte kommen. Nicht das übliche Genehmigungsverfahren von zig Monaten. Wir brauchen schnelle Lösungen", sagte Richelt.
"Ich glaube, ich wäre gleichermaßen aufgewühlt"
Schnelle Hilfe zu organisieren, sei nun das Wichtigste, versprach der Ministerpräsident im Anschluss. Er könne die Menschen verstehen, die klagten, dass die Hilfe der Behörden zu spät kam. "Ich glaube, ich wäre auch gleichermaßen aufgewühlt, wenn mir das passiert wäre", sagte der CDU-Politiker.
Sein Land habe bis heute 215 Millionen Euro an Soforthilfen ausgezahlt, das meiste an Privatpersonen. Darüber hinaus kündigte Laschet einen Wiederaufbaufonds per Bundesgesetz an. "Damit ist nämlich verlässlich für alle, die jetzt auf Geld warten, gesichert, dass dieses Geld auch kommt."
Laschet forderte eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern. Er schlug vor, den Beschluss zum Wiederaufbaufonds bereits bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 10. August zu fassen. Die Schätzung der Schäden solle bis zu diesem Zeitpunkt möglichst abgeschlossen sein. Die Bundesregierung könne dann das Gesetz vorbereiten – ähnlich wie es bei der Flut in Ostdeutschland vor einigen Jahren bereits erprobt worden sei.
Laschet lobte den Einsatz der vielen Freiwilligen und Ehrenamtlichen, doch auf ihre Hilfe könne nicht ewig gebaut werden. Was sie geleistet hätten, gelte es nun in geordnete Strukturen zu überführen.
Bei der Flutkatastrophe vor knapp drei Wochen waren rund 180 Menschen ums Leben gekommen. Es entstanden Milliardenschäden. Die betroffenen Regionen in NRW und Rheinland-Pfalz haben bis heute auch mit Entsorgungsschwierigkeiten wegen des enormen Müllaufkommens zu kämpfen.
Laschet sagte den Kommunen am Montag eine Übernahme der Müllentsorgungskosten durch den geplanten Wiederaufbaufonds zu. Bereits jetzt könnten Unternehmen beauftragt werden, den Müll rasch zu beseitigen. "Die Zusage gilt, dass dafür die Kosten für die Gemeinden übernommen werden." Die Erstattung sei vollumfänglich, betonte der Ministerpräsident. Der Müll müsse möglichst schnell aus den Städten raus, damit der Wiederaufbau gelinge.
- Statement von Armin Laschet am 2. August 2021 in Schleiden
- Nachrichtenagentur dpa