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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Milliardenhilfen vom Bund Die Bahn muss sparen – verrät aber nicht woran
Über 4 Milliarden Euro will die Deutsche Bahn einsparen, um weitere Milliarden vom Bund zu erhalten. Infrastruktur, Personal oder Züge soll das angeblich nicht betreffen.
Die Corona-Krise reißt laut Bahnangaben ein Loch in die Bilanz – gefüllt werden soll es laut Plänen der Bundesregierung mit Milliardenhilfen. Im Gegenzug soll auch der staatseigene Konzern sparen. Doch was genau wo gespart werden soll, bleibt im Dunkeln. Denn weder soll es den Aufbau der Infrastruktur noch die geplante Aufstockung des Personals noch die zusätzlich geplanten Fahrzeuge treffen. Das geht aus Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP im Bundestag hervor, die t-online vorliegen.
Pläne stehen unter Vorbehalt
Seit die Pläne für die Deutsche Bahn im Mai bekannt wurden, befürchtet unter anderen die FDP, dass die Erhöhung des Eigenkapitals des Bundes Lücken schließen soll, die durch wirtschaftliche Entscheidungen der letzten Jahre entstanden sind – und weniger durch sinkende Fahrgastzahlen in der Corona-Krise. Ohnehin stehen die Pläne noch unter Vorbehalt, denn die EU muss zustimmen. Von den Antworten auf seine Anfrage ist Abgeordneter Christian Jung deswegen wenig angetan.
"Ich frage mich, wie und wo die Deutsche Bahn denn dann sparen will", sagte Jung t-online. "Das lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass im Konzern ein riesiges Optimierungspotenzial, finanzielle Rücklagen und bisher noch schlummernde Effizienz verborgen sind und dadurch in den kommenden vier Jahren rund vier Milliarden Euro eingespart werden können." Zielt die Eigenkapitalerhöhung also doch auf Abhilfe für früheres Missmanagement, wie auch Gewerkschaftler ermuten?
Bundesrechnungshof: Keine Auslandsinvestitionen mehr
Zumindest der Bundesrechnungshof bleibt skeptisch. Es habe schon vor der Corona-Krise großen Handlungsdruck gegeben. Die Bahn müsse nachweisen, dass der zusätzliche Bedarf wirklich von der Pandemie verursacht wurde. Nachhaltige Verlustquellen etwa beim Güterverkehr müssten beseitigt werden, Investitionen nur noch der Eisenbahn in Deutschland dienen, Töchter im Ausland verkauft werden.
Zunächst allerdings könnte das Personal betroffen sein. In einem Planungspapier des Konzerns für die Bundesregierung, das unter anderem der "Wirtschaftswoche" vorliegt, heißt es: "Der Schwerpunkt der Gegensteuerung liegt beim Personal- und Sachaufwand." Derzeit befinden sich Deutsche Bahn und Eisenbahngewerkschaft EVG deswegen in Tarifverhandlungen – mit mäßigem Erfolg.
Vor wenigen Tagen erst distanzierte sich die EVG vom bisher erreichten Verhandlungsstand: "Wenn die DB AG glaubt, ein verbales Bekenntnis zur Einstellungs- und Ausbildungsoffensive reiche aus, um die im 'Bündnis für unsere Bahn' eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, dann hat sie sich gewaltig getäuscht", schrieb EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch in einer Mitteilung. "Die Einstellungszahlen, die uns bislang vorgelegt wurden, reichen bei weitem nicht aus." Außerdem erwarte die EVG eine "moderate Lohnerhöhung" von 1,5 Prozent.
Laut Bundesregierung wird die Mittelfristplanung des Konzerns nicht vor Ende des Jahres abgeschlossen sein. Dann erst entscheide der Aufsichtsrat. Für die FDP ist das unbefriedigend. "Die Antwort offenbart die Hilflosigkeit und fehlenden Konzepte der Bundesregierung beim Staatsunternehmen Deutsche Bahn mit seinen über 700 zum Teil intransparenten und fragwürdigen Beteiligungen", sagte Jung t-online. Ob Auslandsinvestitionen ebenfalls von Sparmaßnahmen betroffen sind, ist bislang unklar.
- eigene Recherchen
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Wirtschaftswoche: "Warum ein einziger Satz Bahnchef Lutz unter Druck setzt"