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Europawahl 2019: Wie die Partei Volt aus Versehen den Wahl-O-Mat stoppte


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Eine Woche vor der Europawahl
Wie eine Partei aus Versehen den Wahl-O-Mat stoppte


Aktualisiert am 21.05.2019Lesedauer: 3 Min.
Volt-Politiker Damian Boeselager und Valerie Sternberg: Ihre Partei sorgte dafür, dass der Wahl-O-Mat aktuell offline ist.Vergrößern des Bildes
Volt-Politiker Damian Boeselager und Valerie Sternberg: Ihre Partei sorgte dafür, dass der Wahl-O-Mat aktuell offline ist. (Quelle: Privat/Montage: t-online.de)
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Fünf Tage vor der Europawahl ist der Wahl-O-Mat offline gegangen. Eine neue Partei sah sich dort zu wenig repräsentiert. Zu Recht, befand ein Gericht – das Urteil könnte weitreichende Folgen haben.

"Aus egoistischen Gründen erstmal ein wichtiges Tool kaputtmachen. Das ist super Politik", schreibt Björn Aigudewi auf Twitter. Er gehört zu den vielen Nutzern im Netz, die wütend auf die neue Partei "Volt" sind. Über die bricht gerade ein Shitstorm herein, Kommentare wie der von Aigudewi findet sich zu Dutzenden in den sozialen Medien.

"Volt", eine junge, proeuropäische Partei, hatte vor dem Verwaltungsgericht in Köln Klage eingereicht, dass kleinere Parteien nicht ausreichend im Wahl-O-Mat berücksichtigt würden: Das Online-Instrument, das von der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) bereitgestellt wird, schlägt Nutzern politische Fragen zur Beantwortung vor. Anhand des Ergebnisses ermittelt der Wahl-O-Mat dann eine Partei, die die größten Übereinstimmungen mit den Ansichten des jeweiligen Nutzers hat und gibt so eine Art Wahlempfehlung ab.

"Das geht nicht, deshalb haben wir geklagt"

Nun ist er vom Netz genommen worden, ein Gericht hat das Online-Tool verboten. Valerie Sternberg, die Deutschland-Chefin von "Volt" sagt dazu: "Unsere Absicht war nicht, dass der Wahl-O-Mat abgeschaltet wird. An sich ist das ein tolles Instrument. Doch aktuell werden wir, genauso wie andere kleine Parteien benachteiligt. Das geht nicht, deshalb haben wir geklagt."

Beim Kritikpunkt von "Volt" geht es um die Vorauswahl, die jeder Nutzer des Wahl-O-Mat treffen muss, nachdem er die Fragen der Online-Entscheidungshilfe beantwortet hat. Dann werden die 13 Parteien, die bereits im Europaparlament vertreten sind, vorgeschlagen zum Anklicken. Erst wenn man deutlich weiter herunterscrollt, bekommt man auch kleine Parteien angezeigt, wie "Volt" – die man aktiv suchen und auswählen muss, damit sie am Ende beim Ergebnis, welche Partei zu einem passt angezeigt werden.

"Keine der Parteien wurde im Wahl-O-Mat vorab ausgewählt"

Die Richter befanden, dass Volt recht hat: Bislang werden kleine Parteien im Wahl-O-Mat benachteiligt. Dabei geht es um das aus dem Grundgesetz abgeleitete Prinzip der Chancengleichheit von Parteien. Der Spitzenkandidat für Deutschland von "Volt", Damian Boeselager, sagte zu t-online.de: "Wir wollen, dass der Wahl-O-Mat abgeändert wird. Die Entscheidung, ihn vom Netz zu nehmen, muss die Bundeszentrale verantworten."

Die Bundeszentrale für politische Bildung verteidigt sich: "Die Sortierung orientiert sich (...) an der Reihenfolge des amtlichen Stimmzettels des Wahlleiters. Keine der Parteien wurde im Wahl-O-Mat vorab ausgewählt", teilt ihr Sprecher in einem Statement mit. Die Kritik von "Volt" richtet sich jedoch nicht gegen das Auswählen von Parteien, sondern gegen die Reihenfolge, und dass Nutzer kleinere Parteien aktiv suchen müssen, um auf sie aufmerksam zu werden.

Netz-Experte hält Argumentation von BpB für Unsinn

Zudem verweist der BpB-Sprecher darauf, dass in einem vorherigen Gerichtsentscheid eine Auswahl von acht Parteien damals nicht als "gleichheitswidrige Bevorzugung" angesehen wurde.

Vor Gericht argumentierte die Bpb zudem, dass eine technische Änderung, also eine andere Programmierung des Wahl-O-Mats, nicht so einfach sei. Friedhelm Greis hält das für Unsinn. Greis ist beim Technikportal golem.de als Redakteur verantwortlich für Netzpolitik. Im Gespräch mit t-online.de sagt er: "In dem Java-Script-Code ist eine Variable, die man problemlos auf 40 hochsetzen könnte", damit alle Parteien gleich angezeigt werden beim Nutzer.

Greis fügt hinzu: "Man könnte genauso eine Funktion einfügen, dass man überhaupt nichts in der Vorauswahl auswählen müsste." Warum sich die Bundeszentrale so sperre, könne er nicht nachvollziehen: "Technische Gründe lassen sich jedenfalls nicht ausfindig machen."

Die Bundeszentrale für politische Bildung will nun gegen die Entscheidung der Kölner Richter vorgehen: Zunächst soll beim Verwaltungsgericht Köln Beschwerde eingelegt werden, anschließend wollen sie eventuell auch den Gang zum Oberverwaltungsgericht in Münster beschreiten.


"Es gibt zwei Add-Ons bei Chrome und Firefox, mit denen man sich alle Ergebnisse anzeigen lassen kann", fügt Greis noch an. Er meint damit auch kleinere Parteien, die sonst nicht direkt aufgelistet werden. Add-Ons sind Zusatzprogramme, die man im Internetbrowser installieren kann. Allein: Im Moment bringt das keinem Nutzer etwas. Denn noch ist der Wahl-O-Mat weiterhin offline.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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