Redemanuskript durchgestochen Maaßen schließt Wechsel in die Politik nicht aus
In einer umstrittenen Rede macht der scheidende Geheimdienstchef der Regierung schwere Vorwürfe. Möglicherweise entwickelt er Ambitionen außerhalb des öffentlichen Dienstes.
Der scheidende Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat einem Medienbericht zufolge selbst um die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gebeten. Ein entsprechendes Ersuchen habe er in der vergangenen Woche an das Bundesinnenministerium gerichtet, berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf Sicherheitskreise. Das Innenministerium teilte mit, eine Entscheidung über Maaßen werde "zeitnah" bekannt gegeben.
In seiner Rede am 18. Oktober vor dem "Berner Club" – einer internationalen Runde von Geheimdienstchefs – erklärte der Geheimdienstchef dem Bericht zufolge, dass er sich ein Leben außerhalb des öffentlichen Dienstes vorstellen könne. Er könne "auch in die Politik oder in den privaten Sektor" wechseln, habe er laut Manuskript gesagt.
Entlassung oder Ruhestand?
Die Entscheidung über die Zukunft Maaßens könnte noch am Montag fallen. Das sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Innenminister Horst Seehofer (CDU) werde darüber in Kürze informieren. "Auch heute wäre das noch möglich". Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Kanzlerin Angela Merkel gehe davon aus, dass Seehofer "zeitnah die angemessenen Entscheidungen trifft".
Der Minister werde sich äußern, sobald die Prüfung der umstrittenen Äußerungen Maaßens abgeschlossen sei, sagte der Sprecher Seehofers weiter. Ob Maaßen entlassen oder in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird, sagte er aber nicht. Das Ministerium prüfe die umstrittene Rede seit Ende vergangener Woche.
Maaßen sieht sich als Opfer
In der Rede entwarf Maaßen nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP das Bild einer Verschwörung gegen ihn: Linksradikale Kräfte innerhalb der SPD hätten ihn als Vehikel nutzen wollen, um die unter den Sozialdemokraten umstrittene große Koalition zu beenden.
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Dabei seien sie von Grünen, Linken und Teilen der Medien unterstützt worden. Maaßen stellt sich den Angaben zufolge in der Rede als Bauernopfer dar, nachdem er nur auf die Ereignisse in Chemnitz im Sommer reagiert habe.
Seine Rede ließ Maaßen als nicht eingestuftes Dokument ins Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz stellen. Mehrere Medien, darunter NDR, "SZ" und "Bild"-Zeitung teilten den Text des angeblichen Redemanuskripts im Internet.
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Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten sich im September zunächst darauf verständigt, dass Maaßen als Staatssekretär ins Innenministerium wechseln sollte. Nach einer Welle der Empörung beschlossen sie dann, dass der 55-Jährige im Innenministerium im Rang eines Abteilungsleiters für europäische und internationale Aufgaben zuständig sein sollte.
Im Zentrum der Affäre stand eine Äußerung Maaßens, in der er die Echtheit eines Videos bezweifelte, das eine ausländerfeindliche Attacke auf Migranten in Chemnitz zeigt. In Chemnitz war am 26. August ein 35-jähriger Deutscher mutmaßlich von Asylbewerbern erstochen worden, danach kam es zu Protesten und rechtsextremistischen Übergriffen.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa