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Merkel gegen Seehofer: Was passiert, wenn der Asylkrach mit einem Knall endet


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Merkel gegen Seehofer
Was passiert, wenn der Asylkrach mit einem Knall endet


Aktualisiert am 25.06.2018Lesedauer: 4 Min.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Horst Seehofer im Bundestag: Im Asyl-Konflikt sind aus den Koalitionspartnern Gegner geworden – Ausgang Ungewiss.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Horst Seehofer im Bundestag: Im Asylkonflikt sind aus den Koalitionspartnern Gegner geworden – Ausgang ungewiss. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)
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Im Asylkonflikt zwischen Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer ist eine Einigung nicht in Sicht. Worauf läuft der Konflikt hinaus? Und was steht auf dem Spiel.

Ich setze mich durch, sagt Horst Seehofer, sekundiert von Alexander Dobrindt. Mit mir nicht, sagt Angela Merkel und legt ihr Veto gegen den "Masterplan Migration" ein. Seit Dienstag tobt ein Machtkampf in der Regierung, in dem die CSU in Bayern und Berlin eine geschlossene Einheit bildet. Die Kanzlerin argumentiert ziemlich solo, unterstützt allenfalls von ihrer Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Worauf läuft der Konflikt hinaus und was steht auf dem Spiel?

Das Duell

Horst Seehofer und Angela Merkel bilden seit September 2015 ein antagonistisches Gespann. Unvergessen der CSU-Parteitag im Jahr 2016, an dem die Kanzlerin gedemütigt neben Seehofer, der damals noch die überragende Figur in seiner Partei war, stehen musste, während er 13 Minuten lang von der Notwendigkeit für Obergrenzen für Flüchtlinge redete und die Delegierten zu Beifall hinriss.

Heute geht es darum, ob die ankommenden Flüchtlinge an der Grenze nach verschärftem deutschen Recht oder EU-Recht behandelt werden sollen: Können sie gleich abgewiesen werden oder erst nach einem Asylverfahren? Die Hierarchie aber ist anders: Merkel ist Bundeskanzlerin und der aus Bayern exilierte Seehofer ihr Innenminister.

Ein Kompromiss?

Es hat ein halbes Jahr lang gedauert, bis Deutschland die vierte Regierung Merkel bekam. Die Kanzlerin ist geschwächt, die SPD in Permanenz mit sich selber beschäftigt. Das ganze Gebilde steht und fällt mit einer überzeugenden Regelung für den Umgang mit den Flüchtlingen.

Es geht um Asyl, es geht um ein Einwanderungsgesetz, es geht um eine geschmeidige Bürokratie für die Integration der einen Flüchtlinge und die Ausweisung der anderen Flüchtlinge. Es geht um die Wiedererlangung der Kontrolle nach ihrem Verlust. Das Verhalten an der Grenze ist nur ein Teil in einem großen Komplex, in dem der Rechtsstaat seine Stärke beweisen muss.

Einen Kompromiss zwischen Seehofer und Merkel kann es nur innerhalb des Gesamtkomplexes geben. Das wäre ein Ausweg, der sich finden lässt, wenn man will. Wenn es weiterhin nur darum gehen sollte, wer sich in der Grenzfrage durchsetzt, Kanzler oder Innenminister, kann sich der Konflikt nur verschärfen.

Wenn sich die Kanzlerin durchsetzt

Nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung besitzt die Kanzlerin die Richtlinienkompetenz. Damit hat sie das letzte Wort, das mehr gilt als das ihres Innenministers. Also kann sie sagen: Mir egal, was du denkst, ich habe hier die Oberhand, und wir machen es so, wie ich will, und somit gilt das EU-Recht an der Grenze, basta.

Dann kann Seehofer entweder sagen: Okay, ich füge mich, du bist die Kanzlerin, oder er sagt: Das mache ich nicht mit, ich trete zurück. Aus dem Machtkampf würde dann endgültig eine Regierungskrise.

Hat Merkel ihre Partei hinter sich?

Die CDU ist eine machtorientierte Partei. Sie stützte Helmut Kohl am Ende ohne Überzeugung, aber sie stützte ihn. Angela Merkel ist nicht mehr die weithin dominierende Figur, sie ist in ihrer Spätphase als Regierungschefin. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer von außen und 13 Bundestagsabgeordnete von drinnen geben zu erkennen, dass sie Seehofers Entschlossenheit schätzen und in der Sache auf seiner Seite stehen. Im Sinn haben sie natürlich die AfD, die neue rechte Partei, die sie durch Rechtswendung der Union schwächen wollen.

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Auf schätzungsweise 60 Prozent aller CDU-Mitglieder kann die Kanzlerin zählen, das ist nicht viel und die Mehrheitsverhältnisse können sich auch ändern. Es sei denn, im Zweifelsfall traut sich die CDU nicht, die Kanzlerin zu stürzen, und stützt sie gegen ihre Überzeugung.

Wie steht es um die CSU?

Offenbar haben sich Horst Seehofer, der ehemalige, und Markus Söder, der amtierende Ministerpräsident Bayerns, miteinander abgesprochen, dass sie den Machtkampf mit Merkel jetzt suchen sollten.

Entweder sie knickt ein oder sie setzt sich durch und dann kann sich die CSU ja aus der Regierung zurückziehen. Wie schon häufig in der Geschichte des Konservatismus, vor allem unter Franz-Josef Strauß, fordert die kleine CSU die große CDU heraus. Dabei ist die CSU lange nicht mehr die Übermacht in Bayern wie früher, aber im Herbst wird der Landtag gewählt und die CSU scheint gewillt zu sein, viel aufs Spiel zu setzen, um nahe an die absolute Mehrheit zu kommen.

Eine Einheitsfront ist die CSU diesmal nicht. Gerd Müller, der CSU-Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, hat sich auf die Seite der Kanzlerin geschlagen: "Sowohl bei der Bekämpfung der Fluchtursachen als auch beim Grenzschutz brauche es zu hundert Prozent eine europäische Lösung."

Wie geht es weiter?

Nach dem Charakter und dem Naturell der Kanzlerin spricht so gut wie alles für einen Kompromiss. Er müsste so ausfallen, dass sie nicht als die Gemaßregelte dasteht, mehr geht nicht, denn Siegerin ist sie nur, wenn sie Seehofer niederzwingt: in der Sache oder durch Rausschmiss. Rausschmiss aber bedeutet ziemlich sicher Rückzug der CSU-Minister aus der Regierung und Verlust der Mehrheit für die Kanzlerin. Solche Risiken meidet sie aller Erfahrung nach.

Seehofer und die CSU könnten sich auf einen Kompromiss im Gesamtpaket einlassen, wenn sie damit einen Symbolsieg erringen würden. Die Alternative ist wenig erbaulich: Verlust der Macht in Berlin aufgrund der Kompromisslosigkeit der kleinen Schwesterpartei.

In Deutschland zerfallen Regierungen gewöhnlich langsam, nicht mit einem Knall. Sie unterliegen einem Selbstzermürbungs- und Selbstzerrüttungsprozess. Gerade in Schwächeperioden sind Krisen und deren Bewältigung reine Nervensache. Wer die Nerven verliert, verliert viel und erholt sich lange nicht davon. Die SPD kann ein Lied davon singen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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