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Grundgesetzänderungen: Krise in Bayern spitzt sich zu


Geplante Grundgesetzänderungen
Problemkind Bayern


Aktualisiert am 17.03.2025 - 17:35 UhrLesedauer: 4 Min.
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Der Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger (l.) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) (r.): Werden sie den Konflikt noch rechtzeitig beilegen können? (Quelle: IMAGO/imago-images-bilder)
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Es kriselt im Freistaat Bayern: Die Freien Wähler stellen sich gegen die von der Bundesregierung geplanten Grundgesetzänderungen. Im Bundesrat könnte Bayern zum Zünglein an der Waage werden.

In der bayerischen Staatsregierung herrscht derzeit Spannung: Die Freien Wähler lehnen die von der Bundesregierung geplanten Grundgesetzänderungen ab. Sollte es zur Abstimmung im Bundesrat kommen, könnte Bayerns Ablehnung die notwendige Zweidrittelmehrheit gefährden und so die geplanten Reformen verhindern. Warum ist das so? t-online klärt die wichtigsten Fragen.

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Wie sind die Machtverhältnisse in Bayern?

Bayern wird derzeit von einer Koalition aus CSU und Freien Wählern regiert. Bei der Wahl 2023 errang die CSU 85 Sitze, die Freien Wähler 37. Mit insgesamt 122 von 203 Sitzen verfügt die Koalition über eine stabile Mehrheit im Bayerischen Landtag. Neben den Regierungsparteien sind im Bayerischen Landtag die Grünen und die AfD mit jeweils 32 Sitzen sowie die SPD mit 17 Sitzen vertreten.

Im bayerischen Kabinett stellt die CSU elf Minister, die Freien Wähler vier. Die beiden bedeutendsten Ressorts, das Innen- und das Finanzministerium, werden von CSU-Politikern geleitet: Joachim Herrmann führt das Innenministerium, Albert Füracker das Finanzministerium.

Der Parteivorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, leitet das Wirtschaftsministerium und ist Söders Vize. Nach den Koalitionsverhandlungen 2023 erhielten die Freien Wähler zusätzlich das Digitalministerium, das von Fabian Mehring geführt wird. Anna Stolz, eine von zwei Frauen im bayerischen Kabinett, steht an der Spitze des Kultusministeriums. Thorsten Glauber von den Freien Wählern ist indes Staatsminister für Umwelt- und Verbraucherschutz in Bayern.

Wie sind die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat?

Der Bundesrat zählt 69 Mitglieder aus allen 16 Bundesländern. Jedes Land verfügt dort über drei bis sechs Stimmen, abhängig von seiner Einwohnerzahl. Bayern, ein großes Bundesland, hat beispielsweise sechs Stimmen.

Neben Bayern verteilen sich die Stimmanteile aufgrund der jeweiligen Mehrheitsverhältnisse folgendermaßen: die großen Bundesländer Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben jeweils sechs Stimmen und die kleinen Bundesländer Hamburg, Saarland und Bremen jeweils drei Stimmen im Bundesrat.

Hessen hat fünf Stimmen, Sachsen, Berlin, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern (jeweils vier Stimmen).

Was bedeutet das für die Abstimmung im Bundesrat?

Die Freien Wähler in Bayern wollen bislang den noch von der alten Besetzung des Bundestags geplanten Vorhaben nicht zustimmen. Das Problem: Es handelt sich dabei um Grundgesetzänderungen.

Für eine Grundgesetzänderung ist eine sogenannte qualifizierte Mehrheit erforderlich, was bedeutet, dass sowohl eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag als auch eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat zustimmen muss.

Das Verfahren hierfür erfolgt in zwei Stufen. Sollte der Bundestag zustimmen – was als gesichert gilt – wird das Gesetz in den Bundesrat gegeben. Dort muss ein Land stets einheitlich abstimmen.

Das heißt: Wenn sich ein Koalitionspartner in einer Landesregierung gegen ein Vorhaben ausspricht, kann das Land im Bundesrat nicht zustimmen. In diesem Fall enthält sich das Land in der Regel. Enthaltungen sind im Bundesrat allerdings gleichbedeutend mit einer Nein-Stimme.

Im Bundesrat sind für eine Zweidrittelmehrheit 46 der 69 Stimmen erforderlich. Die Landesregierungen mit Beteiligung ausschließlich von CDU, CSU, SPD oder Grünen kommen zusammen nur auf 41 Stimmen. Auf die sechs bayerischen Stimmen könnte es demzufolge ankommen. Wenn die Freien Wähler sich letztlich nicht dazu bereit erklären, den angestrebten Reformen zuzustimmen, würde sich Bayern im Bundesrat enthalten. Das würde dann als Nein-Stimme Bayerns gewertet werden.

Und jetzt?

Die CSU zeigt sich im Hinblick auf eine mögliche Einigung mehr als zuversichtlich. Nach entsprechenden Äußerungen von Ministerpräsident Markus Söder sagte auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur: "Der Freistaat Bayern wird diesem Paket zustimmen, da muss man sich gar keine Gedanken drüber machen."

Manche vermuten, dass sich Markus Söder (CSU) die Unterstützung der Freien Wähler erkaufen könnte. Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge könnte hierbei etwa die Forderung im Raum stehen, den Länderfinanzausgleich neu zu regeln oder andere politische Vorhaben der Freien Wähler anzugehen.

Aiwanger selbst hatte vor einem Treffen des Koalitionsausschusses mit mehreren Aussagen überrascht. Er hatte gesagt, dass man sowieso "keine Chance habe", die geplante Abstimmung aufzuhalten, selbst wenn man wollte. "Deswegen bringt es nichts, wenn wir uns weiter dagegenstellen." Seine Äußerungen könnten als Anspielung darauf verstanden werden, dass Markus Söder seinen Koalitionspartner vor dem Platzen einer Abstimmung entlassen müsste.

Denn sollte es zu keiner Einigung kommen, befürchten Beobachterinnen und Beobachter bereits den Koalitionsbruch, der den Zerfall der bayerischen Staatsregierung bedeuten würde. Mehrere Szenarien sind anschließend denkbar.

Wahrscheinlich wäre, dass die CSU in einer Minderheitsregierung weiterregiert oder sich einen neuen Koalitionspartner sucht. Dieser Prozess könnte optimistisch geschätzt etwa ein bis zwei Wochen dauern. In diesem Zusammenhang hat sich speziell eine Partei inzwischen ins Gespräch gebracht.

Sollte die bayerische Landesregierung zerbrechen: Wer stünde bereit?

Sollten sich die aktuellen Koalitionäre in Bayern und deren Vorsitzende Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (FW) bis zur Abstimmung im Bundesrat nicht einigen können, hat die Bayern-SPD angekündigt, als alternativer Regierungspartner zur Verfügung zu stehen.

Markus Rinderspacher (SPD), der Vizepräsident des bayerischen Landtages, sagte dem "Tagesspiegel" am Sonntag: "Die bayerische SPD ist bereit, in die Staatsregierung einzutreten." Sollte es zu einer Abstimmung im Bundesrat über die angestrebten Reform-Vorhaben kommen, garantierte Rinderspacher mit seiner Partei an der Seite der CSU ein "klares Ja Bayerns".

Für den SPD-Politiker sei ein Weiterregieren mit den Freien Wählern in der bayerischen Landesregierung aussichtslos. Eine Koalition aus CSU und SPD hätte in Bayern allerdings nur eine Mehrheit von einer Stimme.

Neben Rinderspacher fällt in der Bayern-SPD Landesgruppenchef Carsten Träger eine bedeutende Rolle in der Partei zu. Er war Spitzenkandidat des Landesverbandes für die Bundestagswahl und sitzt seitdem wieder im Bundestag. In einer möglichen CSU-SPD-Koalition könnte ihm ein mögliches Ministeramt auf Landesebene zuteilwerden.

Auf welche Länder könnte es neben Bayern noch ankommen?

Schwierig könnte es bei einer möglichen Abstimmung im Bundesrat neben Bayern auch in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg werden. In Sachsen-Anhalt (vier Stimmen) könnte die FDP eine Zustimmung der Koalition aus CDU, SPD und FDP blockieren. In Brandenburg (vier Stimmen) herrscht Unklarheit wegen der BSW-Fraktion, obwohl die Grünen zustimmen könnten.

Vier Stimmen würden allerdings weder in dem einen noch in dem anderen Fall für die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundesrat reichen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa

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