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Hubert Aiwanger: Wer ist der Freie-Wähler-Chef aus Niederbayern?


CSU braucht Zustimmung von Aiwanger
Allen Beleidigungen zum Trotz


Aktualisiert am 17.03.2025 - 18:59 UhrLesedauer: 5 Min.
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Hubert Aiwanger: Seine Zustimmung im Bundesrat ist ungewiss. (Quelle: IMAGO/Rolf Poss/imago)
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Hubert Aiwanger schien bereit, wegen dem Schuldenpakets die Koalition in Bayern platzen zu lassen. Wer ist der Mann aus Bayern, der Markus Söder Stress bereitet?

In der CSU teilt man gerne gegen Hubert Aiwanger aus. Auch wenn sich die Christsozialen in Bayern in einer gemeinsamen Koalition mit Aiwangers Freien Wählern befinden, machen die Parteioberen gerne klar, dass es sich bei dem Wirtschaftsminister nicht nur um einen Partner, sondern auch um einen Konkurrenten handelt. Dabei zweifeln sie besonders seine Wirtschaftskompetenz an.

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"Es macht wenig Sinn, sich wie Aiwanger um den Borkenkäfer und die Jagd zu kümmern, wenn es in der Wirtschaft brennt", kritisierte etwa der Bauminister Christian Berneiter. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek findet, "Aiwanger sollte nicht so empfindlich sein, sich selbst den Spiegel vorhalten und um die aktuellen Baustellen in der Wirtschaftspolitik kümmern".

Parteichef Markus Söder kommentierte zuletzt Aiwangers Pläne, in den Bundestag einzuziehen: "Ich habe keine Lust mehr, bundespolitisches Gequake von Leuten zu hören, die null Ahnung von der Sache haben."

Plötzlich ist die CSU auf Aiwanger angewiesen

In den letzten Tagen waren solche Spitzen allerdings nicht mehr zu hören. Denn Söder und die CSU sind plötzlich auf Aiwanger angewiesen. Das Finanzpaket von Union, SPD und den Grünen braucht im Bundestag sowie im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit. Lesen Sie hier mehr dazu.

Am einfachsten ginge es, sollte die bayerische Regierung zustimmen. Doch dafür braucht man Aiwanger. Der hatte allerdings am Mittwoch angekündigt: "So, wie derzeit dieses Papier der schwarz-roten künftigen Koalition vorliegt, können wir nicht zustimmen." Inzwischen hat er sich jedoch umstimmen lassen – Bayern will im Bundesrat für die Schuldenpläne stimmen. Wer ist der Mann, der die Union kurz vor Schluss ins Schwitzen gebracht hat?

Ohne Aiwanger läuft bei den Freien Wählern nichts. Der Vize-Ministerpräsident ist sowohl Landes- als auch Bundeschef, neben ihm präsentiert die Partei quasi keine anderen Gesichter. Im Alleingang hat er den Zusammenschluss lokaler Politiker zu einer wirklichen Partei umgebaut. Auch wenn er häufig belächelt wird, ist Aiwanger mittlerweile eine Größe in der bayerischen Politik. Der für seine polemischen Äußerungen bekannte Aiwanger überstand dabei schon so manchen Skandal.

Aiwanger sieht sich als Populisten

Selbst Kritiker halten ihn für einen begabten Politiker – und für einen begabten Populisten. Er selbst widerspricht der Bezeichnung nicht. Das wurde etwa während der Coronapandemie deutlich. Pläne, bestimmte Bereiche nur für Geimpfte zuzulassen, bezeichnete er als "Apartheitsdiskussion". Aiwanger selbst weigerte sich lange, sich impfen zu lassen.

Bei einer Demonstration gegen das Heizungsgesetz forderte er, die "schweigende große Mehrheit" müsse sich "die Demokratie wieder zurückholen". In Richtung der Bundesregierung in Berlin rief er: "Ihr habt's wohl den Arsch offen da oben." Das Entsetzen in Bayern war groß, nicht nur bei der CSU. So reden sonst nur AfD-Politiker.

Doch Aiwanger hielt sich immer auf seinen Posten. Auch als berichtet wurde, er habe in seiner Schulzeit ein antisemitisches Flugblatt erstellt. Aiwanger gab zwar zu, dass das Papier in seiner Tasche gefunden wurde, doch später erklärte sein älterer Bruder, er sei der Autor gewesen. Trotz aller Empörung hatte auch dieser Vorfall kaum Einfluss auf Aiwangers Popularität. In Bierzelten wird er weiter euphorisch gefeiert.

Alleiniger, aber nicht unumstrittener Kopf der Freien Wähler

Aiwanger ist beliebt in Bayern. Er ist viel unterwegs im Freistaat, gibt sich als Vertreter der kleinen Leute. Man müsse das "Gras wachsen hören", sagt Aiwanger. Sind die Leute wütend, ist er es auch. Seine Positionen ändern sich entsprechend.

War er anfangs für Windenergie, unterstützte er später eine Bürgerinitiative dagegen. Auch bei der Asylpolitik oder der Eurorettung zeigte sich Aiwanger als Repräsentant der Wütenden. Volksbegehren gegen Straßenausbaubeiträge, gegen Studiengebühren und gegen das achtjährige Gymnasium stieß er an und zwang die CSU bereits aus der Opposition heraus zum Handeln.

Auch wenn er nicht bei jedem Thema Erfolg hatte, kommt sein Stil bei vielen Leuten an. Als er 2006 Landesvorsitzender der Freien Wähler wird, ist das eine große Überraschung, ihn kennt noch niemand. Doch mit ihm kommt der Erfolg.

Im Jahr 2008 führt er die Freien Wähler erstmals in den bayerischen Landtag, 2018 dann in die Regierung. In Bayern gibt es mittlerweile 13 Landräte und Hunderte Bürgermeister der Freien Wähler. Doch Aiwanger strebt nach mehr, er will die Partei in den Bundestag führen, scheiterte damit bei der vergangenen Bundestagswahl aber erneut deutlich.

Seine Expansionspläne werden auch in der Partei teilweise kritisch gesehen. Innerhalb der Freien Wähler werfen ihm seine Gegner einen egozentrischen und autoritären Führungsstil vor. Der baden-württembergische Landesvorsitzende Wolfgang Faißt kritisierte in der "Süddeutschen Zeitung" einst: "Wenn wir im Land oder im Bund antreten, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit und Identität." Man teile nur den Namen mit dem bayerischen Landesverband.

Söder warnte einst vor dem "radikalen" Aiwanger"

Unter Aiwanger sind die Freien Wähler nach rechts gerückt. Bereits kurz nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden mahnte der damalige CSU-Generalsekretär: "Der Mann ist meiner Meinung nach radikal." Es war Markus Söder. Seitdem fischt Aiwanger auch immer am rechten Rand. Im t-online-Interview sagte er jüngst: "Themen wie Migration, Heizungsgesetz und die Geschlechterdebatte treiben die Menschen nach rechts." Und er lässt kaum eine Gelegenheit aus, um mit diesen Themen Stimmung zu machen. Lesen Sie hier das gesamte Interview.

Besonders häufig hetzt er dabei gegen die Grünen. "Wenn die Grünen nicht so links wären, wäre die AfD nicht so stark", sagte er kürzlich t-online. Die Partei habe "großen Schaden angerichtet" und sei "eine Gefahr für die Stabilität dieses Landes". Zwischenzeitlich verglich er die Partei mit Extremisten. Übertreibungen, für die er keine Belege hat.

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Doch Aiwanger ist es gewohnt, dass Menschen ihn anders wahrnehmen als er sich selbst. Wegen seines ausgeprägten niederbayerischen Dialekts wurde er schon häufiger verspottet.

Über seine Aussprache des Wortes "Apfelsaft" als "Opfelsaft" machten sich die Menschen bereits mehrfach lustig – insbesondere im oberbayerischen München. Er beklagt sich immer wieder über die Hochnäsigkeit der Städte – mit eigenwilligen Aussagen: "Das ist eigentlich Rassismus."

Aiwanger, der stolze Landwirt

Trotz des Spottes steht Aiwanger zu seinen Wurzeln. Er ist Sohn eines Landwirtes und schlug denselben Weg ein. So studierte er Landwirtschaft in Weihenstephan und machte ein Diplom als Agraringenieur. Den Hof der Familie im kleinen Weiler betreibt er heute noch, ist dort als Ferkelzüchter aktiv. Zu den Bauern und Forstwirten hat der passionierte Jäger eine enge Bindung.

Eine solche Bindung zu Markus Söder wird wohl nicht mehr entstehen. Dazu bekämpfen sich die Parteien zu sehr, schließlich werben sie um die gleiche Wählerklientel. Aiwanger wäre wohl zufrieden, wenn es vorerst keine Vorwürfe mehr gäbe. Er beschwert sich häufiger über den Ton des Koalitionspartners. "Ich schlucke das im Sinne des Landes. Denn wenn wir rausgemobbt werden, wären die Grünen am Drücker", sagte er t-online.

Vor der entscheidenden Bundesratssitzung am Freitag zeichnete sich sogar schon der große Knall ab: Ein Ende der Koalition aus CSU und Freien Wählern. Die bayerische SPD hat sich bereits als alternativer Koalitionspartner angeboten. Aber mit der Zustimmung zu dem Finanzpaket bleiben die beiden Parteien wohl noch länger Partner wider Willen.

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