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Sichere Fußball-EM dank KI? Wie Social Media vor Gefahren warnt


Neues Programm im Einsatz
Sichere EM dank KI? Wie Social Media vor Gefahren warnt


09.07.2024Lesedauer: 3 Min.
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Sicherheitskräfte bei einer Fanveranstaltung (Archivfoto): Die Feuerwehr kann auf Basis von Social-Media-Posts eingreifen.Vergrößern des Bildes
Sicherheitskräfte bei einer Fanveranstaltung (Archivfoto): Die Feuerwehr kann auf Basis von Social-Media-Posts eingreifen. (Quelle: imago-images-bilder)

Dank Social Media wissen, wo während der EM Gefahr lauert: Die Sicherheitskräfte scannen mithilfe einer neuen Künstlichen Intelligenz X, TikTok, Instagram und Co. – aber funktioniert das wirklich?

Urlaube, Familienfotos oder Essensbilder: In den sozialen Medien posten Menschen nahezu alles. Ein Großteil dieser Beiträge ist für die Sicherheitskräfte irrelevant. Einige Posts jedoch sind entscheidend für die Bewertung der aktuellen Sicherheitslage bei der EM – sie enthalten Informationen über Gemengelagen und Straftaten. Weil täglich Zehntausende Beiträge zur EM ins Internet gestellt werden, ist es jedoch nahezu unmöglich, alle zu prüfen.

Zumindest bisher. In München ist man schon weiter.

Möglich macht das ein Programm der Bundeswehr namens "Inspectre". Dieses scannt rund 50.000 Posts pro Tag, wenn diese relevante Stichworte oder Ortsmarken enthalten. Die Künstliche Intelligenz, auf der die Software beruht, bewertet die Beiträge zudem nach Relevanz für die Sicherheitslage.

Programm erkennt Gedränge – Feuerwehr reagiert

Nach dem KI-Einsatz bleiben ein paar Hundert Posts am Tag übrig: Beamte der Münchner Feuerwehr sichten diese manuell und können reagieren. Dabei gehe es darum, Szenarien wie "Gedränge und Unmut beim Zugang zum Fanfest, ein starkes Unwetter beim Public Viewing oder Überlastung im öffentlichen Nahverkehr nach Spielende" früher zu erkennen, erklärt eine Sprecherin des zuständigen Bayerischen Staatsministerium für Digitales auf Anfrage von t-online. Auch mögliche Maßnahmen sollen eingeleitet werden, heißt es aus dem Ministerium weiter.

Ein Beispiel der vergangenen Tage: 60.000 Menschen drängten sich auf einem Fanfest vor dem Eröffnungsspiel auf der Münchner Theresienwiese. Mehrere Posts lassen das laut der Feuerwehr erkennen. Die Einsatzkräfte können sofort reagieren und zusätzliche Ordner hinschicken, um die Lage zu beruhigen und das Gedränge in geordnete Bahnen zu bringen.

Möglich ist das schnelle Eingreifen durch den Pilotversuch der Münchner Feuerwehr, die anlässlich der EM ein sogenanntes Virtual-Operation-Support-Team einsetzt, das mithilfe von "Inspectre" das Internet im Blick behält und schnell reagieren kann. Neben wichtigen Posts analysiert das Programm auch die Gesamtstimmung der jeweiligen Fangruppen, die in München aufeinandertreffen, in drei Stufen. Zudem erkennt es eigenständig besondere Gefahrenlagen wie "Verdacht auf Pyrotechnik".

Was jedoch wichtig ist: Personenbezogene Daten wie Gesichter oder Namen werden bereits bei der Erhebung geschützt, eine Identifizierung einzelner Täter ist daher nicht vorgesehen.

Die Lösung sei ein "Digital-Radarsystem, das aufkommende Gefahrenlagen oder Hotspots frühzeitig erkennt und alarmiert", verdeutlicht Bayerns Digitalminister Fabian Mehring in einer Pressemitteilung. Die Sicherheitskräfte könnten so einen Informations- und Zeitvorsprung gewinnen.

Programm wurde für Bundeswehr-Auslandseinsätze entwickelt

Wolfgang Schäuble, Leiter der Münchner Branddirektion, sagt, man könne die "Informationsgewinnung auf ein neues Level heben und schneller sich entwickelnde Gefahrenherde erkennen". Er glaubt, dass das Programm grundsätzlich für Großveranstaltungen gut geeignet sei.

Dabei wurde das Programm ursprünglich für einen ganz anderen Zweck programmiert. Das KI-Start-up Munich Innovation Labs entwickelte "Inspectre" mit dem Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, um die Lage bei Auslandseinsätzen bewerten zu können. Auch im Ukraine-Krieg sind Informationen der sozialen Medien längst zu einem wichtigen Faktor geworden. Sie zeigen, welche Waffen der Gegner nutzt, und geben Aufschlüsse über Geländegewinne.

Die Hoffnung ist: Ein solches Programm könnte nicht nur bei der EM mehr Sicherheit bringen, sondern in Zukunft auch in anderen Krisensituationen eingesetzt werden. Denkbar sei ein Einsatz bei Hochwasserlagen oder zur Enttarnung von Fake News in sozialen Medien, heißt es vom Bayerischen Staatsministerium für Digitales.

Bundesweit ist "Inspectre" noch kein Thema

Allerdings ist die Anwendung in Deutschland bisher auf Bayern beschränkt. Zwar soll auch eine Feuerwehr aus Baden-Württemberg laut der "Bild"-Zeitung bereits in München angefragt haben, ob das Programm mit Daten zu einer herannahenden Gewitterfront aushelfen könne.

Bundesweit ist das System aber noch kein Thema. Mehrere Mitglieder des Innenausschusses im Bundestag erklärten auf Nachfrage von t-online, sie haben bisher noch keine Berührungspunkte mit der Technologie. Auch das Bundesinnenministerium hat sich bisher nicht damit befasst. Ob die Software also bald abseits von kleineren Rangeleien bei der EM zum Einsatz kommt, ist offen.

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