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Bürgergeld abschaffen? Das ist der Vorschlag der CDU – Geteilte Ansichten in der Ampel-Koalition


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Linnemann will härtere Sanktionen
Bürgergeld abschaffen? Das ist der Vorschlag der CDU


Aktualisiert am 18.03.2024Lesedauer: 5 Min.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bei der Vorstellung der Bürgergeldpläne der CDU: Die Christdemokraten wollen die Grundsicherung stark reformieren.Vergrößern des Bildes
Generalsekretär Carsten Linnemann bei der Vorstellung der CDU-Grundsicherung: Die Christdemokraten wollen das Bürgergeld stark reformieren. (Quelle: Frank Gaeth/imago-images-bilder)
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Die CDU will das Bürgergeld in seiner jetzigen Form abschaffen: Die Partei hat am Montag stattdessen ihre Idee für eine Grundsicherung vorgestellt. Ein Überblick über die geplanten Änderungen.

Carsten Linnemann blickt stolz in die Gesichter der Journalistinnen und Journalisten, als er am Montagmittag bei einer Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus seine "Neue Grundsicherung" vorstellt. Die Ampel habe keinen Plan, wie man Deutschland aus der Krise steuern könne. "Wir wollen zeigen, was wir besser machen", sagt der CDU-Generalsekretär und berichtet mit aufgerissenen Augen von einer "Agenda 2030" zu der auch die "Neue Grundsicherung" gehören soll.

Die CDU findet nämlich: Es gibt zu viele Arbeitslose und zu wenig Anreize fürs Arbeiten. Seit Monaten kritisiert die Partei das von der Ampelkoalition eingeführte Bürgergeld. Jetzt hat sie eine Alternative vorgelegt, in der vor allem stärkere und einfachere Sanktionen gefordert werden. Worum geht es genau? Und ist die Umsetzung dieser Ideen auch realistisch?

Totalverweigerern sollen Leistungen gestrichen werden – geht das?

Bei dem CDU-Vorschlag handelt es sich um ein System, das sich grundlegend vom Bürgergeld unterscheiden soll, und das schon namentlich: "Der Name 'Bürgergeld' führt in die Irre und ist Ausdruck des politischen Konzepts eines bedingungslosen Grundeinkommens", heißt es im Entwurf der CDU. Stattdessen will die Partei die Sozialleistungen in "Neue Grundsicherung" umbenennen.

Generalsekretär Carsten Linnemann spricht gar von einer Sozialstaatsreform. Dabei fordert die CDU vor allem härtere Sanktionen. Sie sollen in Zukunft schneller, einfacher und unbürokratischer durchsetzbar sein. Die Argumentation: Lehne eine Person Arbeit grundlos ab, sei diese nicht bedürftig. "Ein Anspruch auf Grundsicherung besteht dann nicht mehr", unterstreicht Linnemann am Montag noch einmal. Gemeint sind laut Linnemann sogenannte "Totalverweigerer". Bislang hatte die Ampel vereinbart, die Zahlungen in einem solchen Fall zunächst für zwei Monate und bei mehrmaliger Ablehnung für maximal sechs Monate zu streichen. Im CDU-Papier steht von einer entsprechenden zeitlichen Grenze derweil nichts.

Auch wer einen Termin in einem Jobcenter mehr als einmal verpasst, soll Konsequenzen zu spüren bekommen. Kommt nach drei Monaten kein Gespräch zustande, würde der Anspruch auf Unterstützung dem Vorschlag der CDU nach ebenfalls verfallen.

Ist das auch rechtlich durchsetzbar?

Ist es unter bestimmten Bedingungen, sagt der ehemalige Präsident des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel. In der Pressekonferenz am Montag erklärt Schlegel, es sei etwa gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber dem einzelnen "Mitwirkungspflichten" auferlegt. Immerhin werde damit ein legitimes Ziel verfolgt. Schlegel spricht außerdem davon, dass Arbeitsangebote zumutbar sein müssten. Würden sie dann dennoch abgelehnt, könnten Sanktionen gerechtfertigt sein.

Laut Verfassungsgericht ist wichtig, dass ein menschenwürdiges Existenzminimum gesichert wird. Ob sich der Regelsatz also komplett und langfristig streichen ließe, ist deshalb fraglich. Zwar kann eine vollständige Kürzung für den Fall, dass ein zumutbares Arbeitsangebot abgelehnt wird, gerechtfertigt sein, allerdings müsste hier wohl jeweils der Einzelfall geprüft werden. Die eigene Unterkunft wäre von den Kürzungen in jedem Fall nicht betroffen.

"Schonvermögen" soll angepasst werden

Zudem will die Union wieder ab dem ersten Tag das Vermögen Betroffener überprüfen und beispielsweise bei großem Wohnraum schneller die Übernahme der Kosten einstellen. Derzeit besteht für beides ein Übergangszeitraum von einem Jahr. Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann unterstrich zudem, man müsse bei dem sogenannten "Schonvermögen" darauf achten, dass es dem Alter angepasst werde. Habe jemand beispielsweise 30 Jahre gearbeitet, stehe dieser Person eine andere Obergrenze zu als jemandem, der nur wenige Jahre in Arbeit war.

Flüchtlinge plant die CDU derweil schneller in Arbeit zu bringen, auch dann, wenn sie nur über geringe Deutschkenntnisse verfügen – notfalls in Berufen, die nicht der Qualifikation entsprechen. Auch den Bürokratieabbau hat sich die Union auf die Fahnen geschrieben.

Missbrauch soll bekämpft werden, durch "einen vollständigen Datenaustausch zwischen den Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden und einen starken Rechtsstaat", fordert die CDU. Sie will darüber hinaus Sozialleistungen in einem System vereinen. Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag und Unterhaltsvorschuss sollen in die "Neue Grundsicherung" einfließen.

Grüne und SPD üben Kritik – ist der Vorschlag kompromissfähig?

In der CDU genießt der Vorschlag erwartungsgemäß breiten Rückhalt. Die Gremien haben ihn am Montag einstimmig verabschiedet. "Sozialpolitik ist auch Fairness gegenüber denen, die jeden Morgen aufstehen, die ihre Steuern ordentlich zahlen, die das Geld abgeben, damit andere auch unterstützt werden können", begründete CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner den Vorschlag. Laumann, auch Vorsitzender des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, bewarb den Entwurf mit dem Verweis auf die aktuelle Situation: "Ich glaube, dass auch SPD und Grüne einsehen müssen, dass das jetzige Bürgergeld vom Namen her falsch ist, falsche Anreize setzt."

Selbst aus der Ampel kommen teilweise zustimmende Worte zu den Vorschlägen der CDU. "Es ist schön zu sehen, dass die CDU der FDP jetzt programmatisch folgt", betonte FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer. CDU-Chef Friedrich Merz treibe damit "die Abwicklung der sozialdemokratisierten Merkel-CDU scheinbar weiter voran". Allerdings kritisierte er die Christdemokraten dafür, die Ideen bei seiner Partei geklaut zu haben.

Die anderen Ampelparteien übten dagegen deutliche Kritik. "Die Höhe des Bürgergeldes ist durch einen Verfassungsgerichtsbeschluss festgelegt. Das ist jetzt umgesetzt worden, übrigens mit Zustimmung der Union", sagte SPD-Parteichef Lars Klingbeil. Er warf der CDU zudem vor, wirtschaftliche Stabilität und soziale Absicherung gegeneinander auszuspielen. Die Strategien der Union für einen starken Wirtschaftsstandort seien etwa auch niedrigere Renten und ein höheres Renteneintrittsalter.

Grüne kritisieren "Populismus auf Kosten der Betroffenen"

"Als Populismus auf Kosten der Betroffenen" bezeichnete derweil Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann den Vorschlag am Wochenende. So kämen seit Jahren abwertende Äußerungen der Menschen, die früher Sozialhilfe, Grundsicherung oder heute Bürgergeld beziehen.

Die Ampelregierung hatte das Bürgergeld im vergangenen Jahr als Nachfolge der Hartz-IV-Regelungen und des Arbeitslosengeldes II verabschiedet. Betroffenen soll dabei mit Beratung, Aus- und Weiterbildung geholfen werden, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Zudem wurden die Sanktionen für die Ablehnung von Jobs erst entschärft und Übergangsfristen eingeführt, die es erlauben, zunächst noch ein größeres Vermögen zu besitzen und in einer größeren Wohnung zu leben.

Dennoch ist das Bürgergeld an bestimmte Voraussetzungen geknüpft – anders als beim Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens, mit dem die CDU das Bürgergeld in dem Entwurf vergleicht. Bei diesem Modell bekämen alle Menschen einen Grundbetrag zugewiesen, egal ob sie arbeiten oder nicht.

Grüne und SPD machen nun deutlich: eine Reform, wie sie die CDU fordert, werde es mit ihnen nicht geben. Ist der Vorschlag damit vom Tisch?

Nein. Denn auch, wenn die Ideen der CDU für den Fall einer erneuten Regierungsbeteiligung kompromissbereit und anschlussfähig sein müssen, ist die Partei Stand jetzt in der Opposition. Mehr als Vorschläge kann sie aktuell nicht machen. Dass die, wie Linnemann sagt, "CDU pur" sind, ist zunächst erwartbar. Alles andere passiert nach der Wahl.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa & AFP
  • CDU-Beschlussvorlage "Die Neue Grundsicherung"
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