Wiederholungswahl in Berlin Für eine Partei endet die Abstimmung besonders bitter
Die Wiederholungswahl in Berlin ist beendet. Eine Ampelpartei dürfte sich mit Blick auf den Bundestag besonders ärgern.
Zugewinne für CDU und AfD, Verluste für die Ampelparteien SPD und FDP und nur ein kleines Minus bei den Grünen: Bei der teilweisen Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin hat der Bundestrend durchgeschlagen.
Für eine Partei dürfte das Ergebnis besonders bitter sein: Die teilweise Wahlwiederholung führt zu einer Verkleinerung des Parlaments um einen Sitz, den bisher die FDP innehatte. Dem Bundestag gehören künftig nun noch 735 Abgeordnete an, darunter nur noch 91 der FDP, wie die Bundeswahlleiterin in der Nacht zu Montag bekannt gab. Für die anderen Parteien bleibt die Zahl der Sitze unter dem Strich unverändert.
Nach Auszählung aller Wahlbezirke bleibt in der Hauptstadt dennoch die SPD stärkste Partei mit 22,2 Prozent (-1,2 Prozentpunkte), dicht gefolgt von den Grünen mit 22,0 Prozent (-0,3). Die CDU verbessert sich auf 17,2 Prozent (+1,3), wie in der Nacht zum Montag auf der Internetseite des Landeswahlleiters ersichtlich war. Die AfD klettert auf 9,4 Prozent (+1,0) und schiebt sich an der FDP vorbei, die auf 8,1 Prozent sinkt (-0,9). Die Linke hält mit 11,5 Prozent praktisch ihr Ergebnis der Wahl 2021 (+0,1).
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde in Berlin in 455 von 2.256 Wahlbezirken – einem Fünftel – neu gewählt, weil es 2021 bei der Wahl viele organisatorische Probleme und Pannen gab. Die von der Landeswahlleitung am Abend veröffentlichten Zahlen stellen nicht das Einzelergebnis nur der Teilwiederholung dar, sondern das neue Gesamtergebnis, das auch den gültigen Teil der Wahl vom 26. September 2021 umfasst.
Drei Wahlkreise zeigen deutliche Veränderungen
Besonders deutlich fielen die Unterschiede zu den Zweitstimmen bei der Bundestagswahl 2021 in drei Wahlkreisen aus. Im Bezirk Pankow verlor die SPD 7 Prozentpunkte. Auch die FDP (-4,4) musste deutliche Verluste hinnehmen. Die Grünen verloren leicht (-0,5). Dahingegen konnte die CDU in Berlin-Pankow 5 Prozentpunkte hinzugewinnen. Auch die AfD (+5,7) legte hier deutlich zu. Die Linke machte Gewinne von 0,5 Prozent.
Als Wahlgewinner ging die CDU auch im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf hervor: Hier gewannen die Christdemokraten 3 Prozent bei den Zweitstimmen hinzu. Die AfD steigerte ihr Ergebnis von 2021 um 1,2 Prozent. Auch die Grünen (+0,4) und die Linke (+0,1) konnten Gewinne verbuchen. SPD (-2,1 Prozent) und FDP (-2,6) verloren hingegen deutlich.
Auch im Bezirk Berlin-Reinickendorf wurden die Parteien der Ampelkoalition abgestraft. Vor allem die Sozialdemokraten (-2) und die Liberalen (-1,5 Prozent) machten hier Verluste. Nur die Grünen konnten leicht hinzugewinnen (+0,1). Auch hier profitierten davon offenbar die CDU (+2,4) und die AfD (+1,6). Die Linke verlor 0,1 Prozent der Zweitstimmen im Vergleich zu 2021.
Neu in den Bundestag zogen die SPD-Politikerin Angela Hohmann aus Niedersachsen, Franziska Krumwiede-Steiner von den Grünen aus Nordrhein-Westfalen und Christine Buchholz von den Linken in Hessen.
Wahlbeteiligung niedriger als 2021
Berlins CDU-Landeschef und Regierender Bürgermeister Kai Wegner sprach von einem "klaren Signal" und führte den Zuwachs seiner Partei auf deren Wirken in der Stadt zurück. "Das liegt vor allem daran, dass wir in Berlin eine gute Regierungsarbeit machen", sagte er im RBB. Die CDU regiert im Land seit April 2023 gemeinsam mit der SPD. Deren Landesvorsitzende Franziska Giffey verwies darauf, dass die SPD beim Berliner Gesamtergebnis weiter stärkste Kraft ist. "Und das ist eine gute Nachricht." Hier lesen Sie mehr von den Reaktionen von Spitzenpolitikern zur Wahl.
Zur Stimmabgabe aufgerufen waren knapp 550.000 Berlinerinnen und Berliner, die Wahlbeteiligung war niedriger als 2021. In der Folge gab die Wahlleitung die Beteiligung für die gesamte Berliner Bundestagswahl mit 69,5 Prozent an (2021: 75,2 Prozent). Das wäre der niedrigste Wert für eine Bundestagswahl im Land Berlin seit 1990. Neben dem Stimmenergebnis ist auch die Höhe der jeweiligen Wahlbeteiligung maßgeblich für die Verteilung der Sitze unter den Landesverbänden der Parteien. Aufgrund der niedrigen Beteiligung verlor das Land Berlin vier Mandate und ist künftig nur noch mit 25 Politikern im Bundestag vertreten.
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Auftakt für wichtiges Wahljahr
Die Wahl bildete den Auftakt für ein wichtiges Wahljahr in Deutschland: Am 9. Juni steht die Europawahl an, im September folgen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Schon vorher stand fest, dass sich dadurch an den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag, an der Mehrheit der Ampelkoalition nichts ändert – der Anteil der Wiederholungswahl-Berechtigten an bundesweit allen Wahlberechtigten beträgt nur 0,9 Prozent. Kleinere Verschiebungen waren aber erwartet worden. Mehr dazu lesen Sie hier.
Bei den 12 Bundestags-Direktmandaten, die in der Hauptstadt zu vergeben sind, gab es indes keine Veränderungen: SPD 4, Grüne und CDU je 3 und Linke 2. Besonders knapp verteidigte der frühere Regierungschef Michael Müller (SPD) sein Direktmandat. Das gelang auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der früheren Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und dem Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar in besonders spannenden Wahlkreisen.
An anderer Stelle waren Veränderungen schon rechnerisch nicht möglich. Grund: Gewählt wurde zwar in allen zwölf Berliner Bundestagswahlkreisen, allerdings in höchst unterschiedlichem Maße. In Pankow waren 85 Prozent der Urnenwahlbezirke betroffen, in Lichtenberg nur 2,9 Prozent.
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"Aus organisatorischer Sicht ist die Wahl gut gelaufen", bilanzierte der Landeswahlleiter Stephan Bröchler im RBB. Es habe aber einige "Fehlleistungen" gegeben, die für eine Wahl dieser Größenordnung üblich seien. So fehlte in einem Wahllokal in Pankow ein Schlüssel für einen Raum mit den Wahlunterlagen, die dann vom Bezirk geliefert wurden.
Wahltag 2021 verlief chaotisch
Am 26. September 2021 hatten in der Hauptstadt neben der Wahl zum Bundestag auch noch die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, zu den Bezirksverordnetenversammlungen sowie zu einem Volksentscheid stattgefunden. Damals ging vieles schief: lange Schlangen vor Wahllokalen, fehlende oder falsche Stimmzettel, eine zeitweise Wahlunterbrechung mancherorts. Manche Wähler gaben ihre Stimme nach 18.00 Uhr ab, als schon Prognosen und Hochrechnungen veröffentlicht wurden. Mehr zu den Pannen lesen Sie hier.
Aus diesem Grund waren die beiden verpatzten Wahlen auf Landes- und Bezirksebene auf Anordnung des Berliner Verfassungsgerichtshofs bereits am 12. Februar 2023 komplett wiederholt worden. Politische Folge war der Regierungswechsel im Land von Rot-Grün-Rot zu Schwarz-Rot.
Die Karlsruher Richter wiederum erklärten die Bundestagswahl nur zum Teil für ungültig. Gleichwohl handelte es sich um die erste durch das Bundesverfassungsgericht angeordnete Wahlwiederholung in der Geschichte.
- Nachrichtenagentur dpa