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Flugblatt-Affäre: Kein Rücktritt beabsichtigt, Aiwanger reagiert auf Kritik


Flugblatt-Affäre um Aiwanger
"Sehe überhaupt keinen Grund für einen Rücktritt"

Von t-online, fho, mam, cry

Aktualisiert am 02.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Hubert Aiwanger, Vize von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (Archivbild): Mitschüler und Lehrerinnen erheben schwere Vorwürfe gegen ihn.Vergrößern des Bildes
Hubert Aiwanger, Vize von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (Archivbild): Mitschüler und Lehrerinnen erheben schwere Vorwürfe gegen ihn. (Quelle: Smith/imago-images-bilder)
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Hubert Aiwanger soll auf die 25 Fragen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder geantwortet haben. Inzwischen häufen sich neue Vorwürfe gegen ihn.

Nachdem er die 25 Fragen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beantwortet hat, sieht Vize-Landeschef Hubert Aiwanger (Freie Wähler) "überhaupt keinen Grund für einen Rücktritt oder eine Entlassung." Das sagte er am Samstag der "Bild am Sonntag" und wähnte sich dem Rückhalt seiner Wählerinnen und Wähler sicher.

Aiwanger hatte den Katalog mit 25 Fragen Söders zu dem Fall zuvor schriftlich beantwortet. Den Eingang des Dokuments bestätigte die Bayerische Staatskanzlei am Samstagmorgen. Laut Informationen aus der CSU wolle man die Statements dort nun "in Ruhe" auswerten.

Was genau Söder gefragt hatte und was in den Antworten steht, ist bislang nicht öffentlich bekannt. Die Fragen beziehen sich jedoch auf den Vorwurf, dass Aiwanger zu Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt verfasst und verbreitet haben soll. Er selbst bestreitet, Urheber des Schreibens zu sein, räumte aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden.

Säure-Angriff auf eine Lehrerin?

Inzwischen sind jedoch auch noch weitere Vorwürfe gegen Aiwanger aufgekommen. Bereits am Donnerstag hatte sich eine Lehrerin beim "Oberbayerischen Volksblatt" zu Wort gemeldet. Sie wirft Aiwanger vor, sie in seiner Jugend im Klassenzimmer mit Säure bespritzt zu haben. Eine ihrer Kolleginnen bestätigte ihre Schilderung. Mehr zu den Vorwürfen um den mutmaßlichen Säure-Angriff lesen Sie hier.

Am Freitag berichteten dann frühere Mitschüler Aiwangers in der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) von "rechtsextremen Ansichten" des Freie-Wähler-Chefs und bayerischen Wirtschaftsministers. Demnach sei der Politiker als Schüler an seinem eher progressiven Gymnasium wegen "rechtsextremer Ansichten und Auftritte" aufgefallen. Ob hinter "dem naziartigen Auftreten" Aiwangers eine ernsthafte Gesinnung steckte "oder Geltungsdrang gepaart mit einem völlig verqueren menschenverachtenden Humor", so einer der Mitschüler, Stephan Winnerl, in der "SZ".

"Aiwanger war durch und durch ein Nazi"

Laut ihm und einem weiteren Schulkollegen, der jedoch anonym bleiben wollte, sei es zu Hakenkreuz-Schmierereien gekommen. Außerdem habe Aiwanger ein Mal Adolf Hitlers Buch "Mein Kampf" mit in die Schule gebracht und mehrfach die Parteihymne der NSDAP, das Horst-Wessel-Lied angestimmt. Anders als Winnerl zeigt sich der anonyme Tippgeber in der "SZ" sicher über Aiwangers damaliger Einstellung: "Er war durch und durch ein Nazi".

 
 
 
 
 
 
 

Dass Aiwangers älterer Bruder angegeben hat, Autor des Flugblatts gewesen zu sein, das die Affäre ins Rollen brachte, bezweifeln beide Mitschüler. Sie halten es für wenig plausibel, dass Helmut Aiwanger das Pamphlet verfasst haben könnte – obwohl dieser ebenfalls für eine rechtsextreme Gesinnung bekannt gewesen sei.

"Das hätte Aiwanger durchaus vorhersehen können"

Aiwanger entschuldigte sich am Donnerstag öffentlich. Gleichzeitig beschuldigte er jedoch Medien und Öffentlichkeit, ihn zum Opfer einer "Schmutzkampagne" zu machen. Am Samstag wiederholte er diesen Vorwurf gegenüber der "Bild am Sonntag" und sprach von einer "Hexenjagd" gegen ihn sowie von einer "Kampagne". Diese Darstellung trifft laut Kommunikationsexperte Marcus Ewald allerdings nicht zu, wie dieser im Interview bei t-online erläutert.

"Es gibt selten eine große Verschwörung bei solchen Sachen. [...] Dass dies so groß geworden ist, liegt an seiner unklaren Strategie. Das hätte er durchaus vorhersehen können", sagt Ewald über Aiwanger. Auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, warf Aiwanger vor, mit seinem Narrativ bei Verschwörungsideologen andocken zu wollen.

Die unklare Strategie, die Inszenierung als Opfer – all das dürften Gründe sein, weshalb die Kritik auch nach Aiwangers Rede am Donnerstag nicht abgerissen ist. Im Gegenteil.

So berichtete der "Spiegel" von rassistischen Beschriftungen auf einem Schulordner Aiwangers, im "Bayerischen Rundfunk" beschrieb der frühere Klassenkamerad Mario Bauer, dass Aiwanger vor der Klasse ab und zu einen "Hitlergruß" gezeigt habe. In seiner Entschuldigung sagte Aiwanger, dass er sich nicht erinnern könne, die verbotene Geste gezeigt zu haben, er könne dies daher auch nicht abstreiten.

Aiwanger wünscht sich Fortsetzung der Koalition nach den Landtagswahlen

Welche Konsequenzen für Aiwanger nun folgen, bleibt weiterhin unklar. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, er wolle nach der Überprüfung von Aiwangers Antworten auf den Fragenkatalog über dessen Zukunft als sein Stellvertreter entscheiden. Mehr als ein Drittel der Deutschen würde einen Rücktritt Aiwangers indes schon jetzt befürworten.

Dieser aber schließt bislang aus, seine Ämter abzugeben. Auch aus seiner Partei heißt es, abseits weniger kritischer Stimmen, es werde keinen "Freie-Wähler-Landtagswahlkampf ohne Hubert Aiwanger an der Spitze geben, auch wenn das der CSU vielleicht besser gefallen würde", so die Generalsekretärin der Freien Wähler Susann Enders zur "Welt am Sonntag".

Zur Landtagswahl am 8. Oktober sagte Aiwanger jüngst der "Bild am Sonntag": "Ich wünsche mir, dass es nach den Wahlen eine Fortsetzung der Koalition von uns mit der CSU geben kann, natürlich hängt das aber vom Wahlergebnis ab." Aus der CSU gab es dazu bislang keine offizielle Stellungnahme.

Verwendete Quellen
  • sueddeutsche.de: "Als äußerst rechts in Erinnerung"
  • bild.de: "Alle Fragen sind beantwortet"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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