Kindergrundsicherung Lindner speist Paus mit Bruchteil ihrer Forderung ab
Für die Kindergrundsicherung soll wohl deutlich weniger Geld fließen als gefordert. Im Streit zwischen Finanzminister Lindner und Familienministerin Paus mischt auch der Kanzler mit.
Zur Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung muss Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wohl mit deutlich weniger Geld auskommen als gefordert – der Streit mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) könnte somit andauern. Zunächst stünden zwei Milliarden Euro als "Merkposten" für 2025 in der Finanzplanung, so Lindner.
"Es gibt aber noch kein Konzept der Bundesregierung und damit keine präzise Kostenschätzung", sagte der FDP-Politiker dem "Handelsblatt". Der genannte Betrag ist damit deutlich geringer als die zwölf Milliarden Euro, die Paus gefordert hatte.
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zuvor berichtet, dass Lindner in der Finanzplanung des Bundes für 2025 bis 2027 für die Kindergrundsicherung zunächst zwei Milliarden Euro pro Jahr angesetzt habe. Das Familienministerium erklärte, es könne den Bericht nicht bestätigen.
Streit nicht beigelegt
Eine Ministeriumssprecherin betonte demnach, die Gespräche zur Kindergrundsicherung dauerten an und würden unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fortgesetzt. Damit ist auch unklar, ob die Ampel am Mittwoch den Haushalt für 2024 gemeinsam mit der Finanzplanung für die Folgejahre geschlossen verabschieden kann.
Denn einem Medienbericht zufolge haben die Grünen grundsätzliche Zusagen zur Kindergrundsicherung von Lindner verlangt. Sollte es darüber keine Einigung geben, wollen die von Grünen geführten Ministerien dem Haushalt nicht zustimmen, berichtete die "Rheinische Post" (Donnerstag) unter Berufung auf Grünen-Kreise.
Die Bundesregierung hatte lange um die Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 gerungen. Laut Entwurf sollen die Ausgaben deutlich auf 445,7 Milliarden Euro zurückgehen.
Scholz: Einigung bis Ende der Sommerpause
Die Grundsicherung soll Leistungen wie das Kindergeld, das Kinder-Bürgergeld, den Kinderzuschlag und solche aus dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket zusammenführen. Viele Familien beantragen Leistungen bislang wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden nicht. Seit Monaten streiten Grüne und FDP allerdings darüber, wie viel Geld das Projekt kosten soll.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Sonntag im Online-Format "Frag selbst" des ARD-Hauptstadtstudios deutlich gemacht, dass er von einer Einigung in der Ampelkoalition bis zum Ende der Sommerpause ausgeht.
"Die Regierung hat sich verständigt, dass die Kindergrundsicherung kommt", sagte Scholz. Man habe mit der Erhöhung des Kindergelds und des Kinderzuschlags schon zwei große Schritte gemacht. "Und jetzt kommt noch das Nächste. Und darüber sind wir uns einig, dass wir das jetzt ganz schnell abschließend untereinander klären wollen, wie das ausgestaltet sein soll. Ich rechne damit, dass wir das bis zum Ende der Sommerpause hinkriegen."
Lindner plant 16,6 Milliarden Neuverschuldung
Auch in anderen Bereichen will Lindners Finanzministerium laut eigenen Angaben einen strengen Haushaltskurs verfolgen. Es sei gelungen, im Entwurf eine Deckungslücke von 20 Milliarden Euro zu schließen, hieß es aus dem Finanzministerium. Man könne aber nicht von einem "Streichkonzert" sprechen. Ursprünglich hätten die Ressorts deutlich höhere Ausgabenwünsche gehabt.
Die Neuverschuldung soll 2024 bei 16,6 Milliarden Euro liegen. Damit soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten werden.
In den folgenden Jahren 2025 bis 2027 bestehe ein haushaltspolitischer "Handlungsbedarf" von insgesamt 14,4 Milliarden Euro. Dieses Geld müsse noch eingespart werden. Priorität hätten in den nächsten Jahren die Aufgabenfelder Verteidigung, Digitalisierung und Klimaschutz, hieß es. Mit Blick auf Sozialausgaben, etwa der Kindergrundsicherung, hieß es, die Spielräume würden immer geringer.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa
- sueddeutsche.de: "Paus muss sich mit zwei statt zwölf Milliarden zufriedengeben" (Bezahlinhalt)
- handelsblatt.com: "Finanzminister Lindner warnt vor Abstieg des Wirtschaftsstandorts"