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"Reichsbürger"-Razzia bei Ralph Niemeyer: Bote für Heinrich XIII. Prinz Reuß?


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Reichsbürger-Razzia
Als die Polizei beim "Exil-Kanzler" klingelt, fällt eine Panne auf


Aktualisiert am 23.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Exil-Kanzler und Möchtegern-König: Ralph T. Niemeyer wurde nach seinen Worten angesprochen, für die mutmaßliche Putsch-Gruppe Putin Dokumente von Prinz Heinrich XIII. zu überbringen.Vergrößern des Bildes
Exil-Kanzler und Möchtegern-König: Ralph T. Niemeyer sollte Putin für die Putsch-Gruppe Dokumente von Heinrich XIII. Prinz Reuß überbringen. (Quelle: Getty, imago images, Screenshot Telegram, Montage: U.Frey/t-online)

Der selbst ernannte "Exil-Kanzler" Ralph T. Niemeyer sollte für den "Reichsbürger"-Prinz Preuß brisante Post an Putin überbringen. Die Razzia führte die Ermittler jedoch aufs Glatteis.

Bei den neuen Razzien im Umfeld der mutmaßlichen Terrorgruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß, den früheren Elitesoldaten Rüdiger von Pescatore und die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann gibt es einen weiteren illustren Beteiligten: Die Polizei stand auch beim selbst ernannten "Exil-Kanzler" Ralph T. Niemeyer vor der Tür. Sollte der Ex-Mann von Sahra Wagenknecht seine Kontakte in den Kreml nutzen, um eine russische Unterstützung für die geplante neue Regierung zu organisieren? Immerhin traf er sich im Namen einer "Exil-Regierung" Deutschlands mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow.

Die Polizisten, die am Mittwochmorgen an seiner Münchner Adresse standen, trugen zwar Sturmhauben und Waffen, meldeten sich jedoch über die Türklingel an. Ralph Niemeyer wird in dem Verfahren schließlich nicht als Beschuldigter geführt, sondern als Zeuge: Er selbst hatte sich bei den Behörden gemeldet. Er sei gebeten worden, als Postbote und Türöffner zu fungieren. Niemeyer habe ein Bündel Unterlagen erhalten, die Heinrich XIII. Prinz Reuß offenbar für Wladimir Putin bestimmt hatte.

Heinrich XIII. Prinz Reuß wollte Legitimität nachweisen

Bei der Durchsuchung in München sollten diese Dokumente mit Siegel des Prinzen sichergestellt werden. Dafür hätten die Ermittler allerdings beim Bundesamt für Verfassungsschutz nachfragen müssen, sagte Niemeyer t-online: "Dort liegen sie, nachdem ich sie zwei Mitarbeitern übergeben habe."

Die fraglichen Unterlagen sollten offenbar der späteren Legitimierung von Heinrich XIII. Prinz Reuß, Immobilienmakler aus Frankfurt, als künftiges Oberhaupt Deutschlands dienen. Sie sollten begründen, weshalb dieser nach dem geplanten Putsch als legitimer deutscher Regent eingesetzt werden sollte.

Heinrich XIII. Prinz Reuß gilt als Rädelsführer der Gruppe, der mindestens 61 Verdächtige angehören. Unter ihnen auch Polizisten und ehemalige oder zuletzt noch aktive Soldaten. Die Ermittlungen hatten Hinweise auf weitere mögliche Mitglieder ergeben, bei Razzien am Mittwoch verletzte ein "Reichsbürger" einen Polizisten mit einem Schuss.

Eine direkte Verbindung zwischen dem Prinzen und Ralph T. Niemeyer ist nicht belegt. Niemeyer war aber in den vergangenen Jahren auf Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen und gegen die Nato häufig als Redner im Einsatz. Er kennt einige der Beteiligten bei den Ermittlungen gegen die Terrorgruppe näher, so etwa den Oberst a. D. Maximilian Eder und die "Basis"-Politikerin Johanna Findeisen. Den Prinzen persönlich kenne er nicht, sagt er t-online.

Für die Behörden dürfte interessant sein: Wann wurde Niemeyer von der mutmaßlichen Terrorgruppe kontaktiert und was wollten die Beteiligten von ihm? Das könnte aus abgehörten und ausgewerteten Gesprächen und Nachrichten hervorgehen.

Niemeyer will Unterlagen von "Swetlana" bekommen haben

Niemeyer selbst betont, dass er spontan angesprochen wurde: Am Rande einer Demo in Wittenberg sei eine "Swetlana" auf ihn zugekommen und habe ihm gefragt, ob er etwas von Prinz Reuß nach Russland bringen könne. Er habe die Unterlagen genommen, um sie sich anzusehen. "Ich wusste nicht, was das war, und ich hatte mit dem Prinzen vorher nie zu tun."

Doch zu einer Übergabe in Moskau kam es nicht, falls Niemeyer diese Absicht überhaupt gehabt haben sollte: Zwei Tage später, am 7. Dezember, fand die bundesweite Razzia gegen die Verschwörer statt – der größte derartige Einsatz der Nachkriegsgeschichte. Wegen der zeitlichen Nähe spekulierte Niemeyer, dass die Übergabe der Dokumente bereits eine Falle gewesen sein könnte. Deshalb meldete er sich noch am selben Tag bei den Behörden, um seine Hinweise loszuwerden. Erst im Januar und nach mehreren Nachfragen hätten zwei Beamte seine Unterlagen abgeholt. Für den entsprechenden Austausch hat Niemeyer Belege.

Die Razzia mit Durchsuchungsbeschluss hält Niemeyer deshalb für übertrieben – und für unnötig. Nach seiner Darstellung liege die Post für Putin ja längst bei den Ermittlungsbehörden, schließlich habe er sie übergeben. Folglich habe er Strafantrag gegen Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang und gegen Unbekannt wegen Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt gestellt. Niemeyer zu t-online: "Ich habe mir überhaupt nichts vorzuwerfen."

Vom Bundesamt für Verfassungsschutz hieß es in einer ersten Reaktion, relevante Informationen würden natürlich weitergegeben. Wenn der Verfassungsschutz also nicht falsch informiert haben sollte, bliebe die Variante, dass die Information beim Generalbundesanwalt untergegangen ist. Die Pressestelle dort nimmt während der laufenden Ermittelungen zu Details keine Stellung.

Die Polizisten gingen bei der Durchsuchung dennoch nicht mit leeren Händen. Es kann auch Durchsuchungsziel bei einem Zeugen sein, Kommunikation sicherzustellen, laut Niemeyer seien das alte Datenträger und Zeitungsartikel gewesen. Aktuelle Computer oder Handys fanden sie nicht: Er hält sich in Moskau auf, wie seinem Telegram-Kanal zu entnehmen ist, und führt sie mit sich.

Er werde dort noch einige Wochen sein, um Gespräche zu führen, sagte er t-online. Offenbar versteht er sich als "Einzelkämpfer und letzter deutscher Gesprächspartner" für Russland. Und er behauptet, er solle eingeschüchtert und mundtot gemacht werden, weil er versuche, als "letzter Oppositionspolitiker eine Ostpolitik à la Willy Brandt" zu machen.

Niemeyer, von 1997 bis 2013 mit Sahra Wagenknecht verheiratet, will trotz dieser Vorwürfe nicht dauerhaft in Russland bleiben. Er ist zwar regelmäßig Gesprächsgast im Auslandsprogramm des russischen Staatssenders RT, um die Sicht der vermeintlichen deutschen Opposition zu erklären. Er wagt aber auch kritische Töne: "Von der russischen Regierung nehme ich auch keine Ratschläge an, auch die haben einiges vor der eigenen Haustür zu kehren."

Niemeyer erklärte "BRD-Verwaltung" für "suspendiert"

Niemeyer war bereits im Herbst bundesweit in die Schlagzeilen geraten: Im September 2022 hatte er auf einem Flug nach Russland im internationalen Luftraum erklärt, die "BRD-Verwaltung" sei suspendiert. Die "Exilregierung" mit ihm an der Spitze übernehme die völkerrechtliche Vertretung von Deutschland.

Diese Aussagen, so Niemeyer später, seien die Bedingung Russlands für weitere Treffen gewesen. Danach entstanden Fotos mit Außenminister Sergej Lawrow, Putin-Sprecher Dmitri Peskow und Gazprom-Chef Alexei Miller. Niemeyer sagte, Miller habe ihm vor der Sprengung der Pipelines zugesichert, er könne "morgen Nord Stream 2" aufdrehen. Damals erklärte Niemeyer, er habe Deutschland günstige Energie sichern wollen.

Sein Russland-Ausflug hatte allerdings zur Folge, dass Ermittlungen gegen ihn eingeleitet wurden. Der Verdacht: Hochstapelei mit möglichen negativen Folgen für die Sicherheit Deutschlands. Der Straftatbestand findet sich im Strafgesetzbuch unter Paragraf 100a und nennt sich "Landesverräterische Fälschung": Schon der Versuch ist strafbar und kann mit Freiheitsentzug von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden. Für diese Ermittlungen ist allerdings nicht die Generalstaatsanwaltschaft zuständig, die im Rahmen der "Reichsbürger"-Razzia auch bei Niemeyer geklingelt hat.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Gespräch mit Ralph T. Niemeyer
  • Anfragen an Generalbundesanwalt und Bundesamt für Verfassungsschutz
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