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Reichsbürgerangriff von Lörrach: Polizist nach Gehirnblutung dienstunfähig


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Angriff im Kreis Lörrach
Polizist nach Gehirnblutung dienstunfähig – "Reichsbürger" sieht sich als Opfer

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

21.09.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ein Polizist vor einem Streifenwagen (Symbolbild): Ein Beamter erlitt bei einer Kontrolle im Kreis Lörrach im Februar schwerste Verletzungen. (Quelle: IMAGO/Marius Bulling)

Wegen versuchten Mordes an einem Polizisten ist ein "Reichsbürger" angeklagt. Nun werden Details über die schweren Verletzungen bekannt.

Der bei einer Amokfahrt eines sogenannten Reichsbürgers im Landkreis Lörrach angegriffene Polizist ist schwerer verletzt worden, als bislang bekannt war, und bis heute dienstunfähig. Das geht aus Gerichtsunterlagen hervor, die t-online vorliegen. Demnach erlitt der 39-jährige Beamte Knochenbrüche im Gesicht, einen Schädelbruch und eine Gehirnblutung sowie zahlreiche Prellungen und Schürfwunden am Körper. Infolge der Verletzungen gilt er als posttraumatisch belastet. Der mittlerweile angeklagte Reichsbürger Manfred J., ein Tischler und Qigong-Lehrer, sieht sich hingegen laut eigenen Aussagen als "Opfer der Justiz".

Fast 30 Meter mitgeschleift

Der Polizeihauptkommissar hatte am 7. Februar in Efringen-Kirchen versucht, eine Trunkenheitsfahrt zu stoppen und dafür seinen Streifenwagen auf der Straße abgestellt. Zu Fuß näherte er sich dann dem Fahrzeug des Flüchtigen, der sich bis dahin schon mehreren Kontrollen entzogen hatte – daraufhin soll der heute Angeklagte erneut beschleunigt haben. Mutmaßlich absichtlich fuhr der 61-Jährige den Beamten frontal an, schleifte ihn fast 30 Meter auf der Motorhaube mit und soll ihn dann mit einer Lenkbewegung abgeschüttelt haben. Auch Schüsse konnten ihn dabei nicht stoppen.

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Da schon früh der Verdacht aufgekommen war, J. habe den Polizisten aufgrund einer "Reichsbürger"-Ideologie gezielt attackiert, hatte im Juni der Generalbundesanwalt den Fall übernommen. Mitte August erhob er Anklage wegen versuchten Mordes, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und weiterer Vorwürfe am Oberlandesgericht Stuttgart. J. befindet sich derweil weiter wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft – immerhin habe er schon vor der Tat ein autarkes Leben abseits der Gesellschaft geplant, heißt es in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. September, der t-online vorliegt.

Akten füllen viele Ordner

Der Generalbundesanwalt ist überzeugt: J. wollte sich im Februar nicht von der Polizei kontrollieren lassen, weil er nicht an deren Befugnisse glaubt. Er sehe sich als "Bundesstaatsangehöriger des Herzogtums Baden" und sei für zwei "Reichsbürger"-Bewegungen aktiv gewesen. Die Bundesrepublik halte er für nicht existent. Deswegen habe er sich ermächtigt gefühlt, tödliche Gewalt gegen Polizisten anzuwenden – diese seien aus seiner Sicht "Kombattanten".

Tatsächlich stießen die Ermittler in den Wochen und Monaten nach der Amokfahrt offenbar auf zahlreiche Belege für ihre These, wie aus den Gerichtsunterlagen hervorgeht: Insgesamt 24 Stehordner Sachakten und fünf Sonderbände umfasst das Verfahren mittlerweile. Bei Durchsuchungen stellte das Landeskriminalamt zwei Tablets, einen Minirechner, drei Computer, zwei Festplatten, elf USB-Sticks und drei Mobiltelefone sicher – und darüber hinaus Unterlagen wie selbstgefertigte Aushänge, Flyer und handschriftliche Aufzeichnungen. Besonderes Augenmerk widmete der Generalbundesanwalt den Telegram-Chats des heute Angeklagten, die besonders tiefe Einblicke in seine Ideologie geben sollen.

Angeklagter will in Notwehr gehandelt haben

J. tat derweil offenbar nichts, um die Annahmen zu entkräften. Dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Lörrach erklärte er demnach, dieser habe nicht das Recht, ihn "festzusetzen", dem Richter fehle "die Rechtsfähigkeit". Noch Anfang August behauptete er in einem Schreiben an den Bundesgerichtshof, er sei ein "Opfer der Justiz" und "von polizeilichen Übergriffen". Er habe "in Notwehr" gehandelt. All dem schenkt der Ermittlungsrichter hingegen keinen Glauben, auch wenn J.s Verteidiger zahlreiche der Ermittlungsergebnisse in Zweifel zieht.

Denn bereits zuvor hatte J. in Schreiben und Vernehmungen behauptet, bei der Tat "unter Schock" gestanden zu haben, da er bereits angeschossen gewesen sei. Umfangreiche Rekonstruktionen des Tatgeschehens durch einen kriminaltechnischen Sachverständigen des Landeskriminalamts widersprechen dieser Darstellung allerdings. "Zeitlich unstimmig" sei die Einlassung und "nach derzeitiger Aktenlage nicht (...) erlebnisbasiert", meint nun der Bundesgerichtshof. Sprich: Er hält die Aussage für unwahr. Gleiches gilt für J.s spätere Behauptung, er habe bei der Kontrolle "Todesangst" gehabt. Das glaubt nämlich auch ein psychiatrischer Gutachter nicht.

Verwendete Quellen
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