Steigende Preise Kretschmer: "Natürlich brauchen wir russisches Gas"
Sachsens Ministerpräsident glaubt, dass Deutschland lange braucht, um unabhängig von russischem Gas zu werden. Derzeit könne nicht darauf verzichtet werden.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) geht davon aus, dass sich Deutschland erst in einem Jahrzehnt von russischen Gaslieferungen unabhängig machen kann. "Ich glaube, dass man bis zum Ende dieses Jahrzehnts eine Menge an Dingen verändern kann – sowohl im Strom- als auch im Gasbereich", sagte Kretschmer im Interview mit der "Welt". "Aber es wird eben auch ein Jahrzehnt dauern, bis wir so weit sind."
Kretschmer fordert eine "grundlastfähige Energiereform": Neben Atomstrom und Braunkohleverstromung sollten auch heimische Erdgasvorkommen genutzt werden. "Keinem Menschen leuchtet ein, dass wir Fracking-Gas aus den USA kaufen, aber unsere eigenen Vorkommen nicht abbauen."
"Zum Gashandel mit Russland zurückehren"
Kretschmer setzt zudem auf Russland. Mit Blick auf das russische Gas sagte er: "Natürlich brauchen wir es! Ein Ende des Krieges soll die Chance eröffnen, zum Gashandel mit Russland zurückzukehren."
Die derzeitige Energiekrise könne Deutschland nicht lange durchstehen, sagte Kretschmer weiter. "Wir sehen doch schon jetzt, dass bei diesen Verteuerungen die ökonomischen Grundlagen unserer Produktion wegbrechen. In Sachsen-Anhalt stehen die ersten Fabriken still, die Stickstoff hergestellt haben." Er geht davon aus, dass sich diese Probleme in allen weiteren Wirtschaftsbereichen verdeutlichen werden.
"Was bedeutet denn 'einfrieren'?"
Angesprochen auf seine viel kritisierte Formulierung, der Ukraine-Krieg müsse eingefroren werden, sagte Kretschmer: "Ich glaube, dass ich eine sehr verantwortliche und auch differenzierte Sichtweise auf diesen Konflikt habe." Deutschland und Europa müssten nach Wegen suchen, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen, sagte er weiter.
Kretschmer hatte bereits mehrfach gefordert, den Krieg "einfrieren" zu lassen, zuletzt in der ZDF-Talkshow Markus Lanz Ende August. Dafür war Kretschmer von Experten, Journalisten und auch aus der eigenen Partei kritisiert worden. Mehr dazu lesen Sie hier. Der Hintergrund: Es gibt derzeit keine Anzeichen, dass Russland eine Verhandlungslösung finden will, die von den eigenen Maximalforderungen abweicht. "Was bedeutet denn 'einfrieren'? Das bedeutet nur, den Maximalforderungen Russlands nachzugeben", entgegnete etwa die ZDF-Korrespondenten Karin Eigendorf bei Lanz. "Putin weicht von seiner Maximalforderung kein My ab."
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrej Melnyk, kritisierte Kretschmer für seine Äußerungen deutlich. "Mit Ihrer absurden Rhetorik über das Einfrieren des Krieges spielen Sie in Putins Hände und befeuern Russlands Aggression", sagte er ebenfalls in der Sendung von Markus Lanz. Er fügte später auf Twitter mit Blick eines möglichen Besuchs Kretschmer in der Ukraine hinzu: "Sie sind unerwünscht" – das letzte Wort war dabei in Großbuchstaben geschrieben.
Kretschmer sagte darauf angesprochen im Interview mit der "Welt": "Ich möchte die Äußerungen von Herrn Melnyk nicht weiter kommentieren."
- welt.de: "Natürlich brauchen wir russisches Gas!"
- Eigene Recherche