Kommt eine Übergewinnsteuer? Habeck will in den Strommarkt eingreifen – Lindner sträubt sich
In der Ampelkoalition bahnt sich der nächste Streit an: Habeck lässt einem Bericht zufolge ein Steuermodell prüfen, das nur bestimmte Stromarten betreffen würde.
Um Entlastungen für hohe Energiekosten zu finanzieren, prüft das Bundeswirtschaftsministerium laut einem "Spiegel"-Bericht die Einführung einer Übergewinnsteuer auf Strom, der aus Braunkohle und Erneuerbaren Energien gewonnen wird. Wie der "Spiegel" unter Berufung auf das "Umfeld des Ministeriums" berichtete, gibt es Überlegungen, dass der Staat einen fixen Verbraucherpreis für Strom aus diesen Quellen festlegen könne.
Die Summe, die die Erzeuger darüber hinaus aus Verkäufen an den Strommärkten erzielen, müssten sie demnach an den Staat abtreten. Laut "Spiegel" lassen Habecks Mitarbeiter durchrechnen, wie hoch der Festpreis angesetzt werden kann und wieviel Geld der Bund auf diese Weise einnehmen würde.
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Übergewinne bei Braunkohle und Eneuerbaren besonders hoch
Wegen des Strommarktdesigns in Europa bestimmen derzeit die hohen Erzeugungspreise von Gaskraftwerken die Preise an den Strombörsen. Elektrizität aus Erneuerbaren Energien und Braunkohle ist wesentlich günstiger in der Herstellung, die Produzenten erhalten allerdings die aktuell extrem hohen Preise an den Strombörsen. Ihre Gewinne sind deshalb seit Beginn des Ukrainekriegs deutlich gestiegen.
Mit dem Begriff Übergewinnsteuer werden staatliche Abzüge auf Gewinne von Unternehmen bestimmter Branchen bezeichnet, die durch eine Krise – derzeit etwa den Ukraine-Krieg und seine Folgen – deutlich besser verdienen als normalerweise. Im Fokus der Befürworter stehen insbesondere Energieunternehmen. Die FDP um Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt eine Übergewinnsteuer ab.
Die Ampel-Koalition streitet derzeit darüber, wie genau die Belastung von Bürgerinnen und Bürgern, aber auch von Unternehmen durch die hohen Preise insbesondere für Energie und Lebensmittel abgemildert werden soll.
Von der Leyen: Reform des EU-Strommarktes Anfang 2023
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will mit Beginn des kommenden Jahres eine langfristige Reform des Strommarktes in der EU. "Wir brauchen ein Notfallinstrument, das schneller greift. Da sprechen wir von Wochen", sagte von der Leyen am Montag bei einem Gespräch im Bundeswirtschaftsministerium. "Und dann müssen wir eine tiefgreifende, strukturelle Reform des Strommarktes machen. Das wird Beginn des nächsten Jahres sein."
Auf dem europäischen Strommarkt werden die Preise zurzeit vor allem von Gaskraftwerken vorgegeben. Da der Gaspreis vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine stark gestiegen ist, ist daher auch Strom teurer geworden. Eine Reform des europäischen Strommarktes könnte diesen Mechanismus überarbeiten, so dass Verbraucher etwa für günstigen Strom aus Sonne und Wind weniger bezahlen.
Die Kommissionspräsidentin sprach mit Blick auf den Herbst und Winter auch davon, dass Putin mit großer Wahrscheinlichkeit das Gas ganz auf null reduzieren werde. "Wir gehen vom worst case scenario aus, und das müssen wir auch."
- Nachrichtenagentur AFP