"Das exakte Gegenteil" Ministerpräsidenten üben massive Kritik an Scholz' Corona-Plan
Nach dem 20. März sollen die Corona-Maßnahmen größtenteils aufgehoben werden – obwohl die Ministerpräsidenten große Einwände haben. Trotzdem will Scholz an den Plänen festhalten.
Nach der Ministerpräsidentenkonferenz haben Vertreter der Länder massive Kritik an den Corona-Plänen der Bundesregierung ausgeübt. Der Vorschlag der Bundesregierung sei "das exakte Gegenteil" von dem, was sich die Bundesländer gewünscht hatten, kritisierte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU). Das aktuelle Konzept ist aus der Sicht von Wüst nicht umzusetzen. Die Kritik sei "länderübergreifend und sehr deutlich" gewesen. Die Verantwortung liege nun beim Bund, dass den Ländern der sogenannte "Basisschutz" genommen wurde.
Die Gesetzespläne sehen nur noch wenige allgemeine Vorgaben zu Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen vor. In Bussen und Bahnen soll weiterhin Maskenpflicht gelten können. Für regionale "Hotspots" sollen jedoch weitergehende Beschränkungen möglich sein, wenn das Landesparlament für diese eine besonders kritische Corona-Lage feststellt. Zahlreiche Länder wollen aber noch eine vorgesehene Übergangsfrist nutzen und aktuell geltende Schutzregeln bis zum 2. April aufrechterhalten.
Soll am Freitag beschlossen werden
Das neue Gesetz für das Corona-Management soll an diesem Freitag vom Bundestag beschlossen werden und kommt dann direkt in den Bundesrat – zustimmungspflichtig ist es dort aber nicht. Für einen möglichen Antrag auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses wäre eine Mehrheit von 35 Stimmen in der Länderkammer nötig. Zugleich besteht Zeitdruck für eine schnelle Anschlussregelung, da sonst ab Sonntag gar keine Rechtsgrundlage für Corona-Maßnahmen mehr bestünde.
Der Bundeskanzler verteidigte dagegen das neue Infektionsschutzgesetz. Die Länder würden sich da zwar noch mehr wünschen, sagte Scholz nach den Beratungen. "Trotzdem ist das eine rechtliche Grundlage, auf der für die Zukunft aufgebaut werden kann", sagte Scholz zu dem kritisierten Gesetz seiner Ampel-Koalition.
Kretschmann: "Hat es noch nie gegeben"
Schon während der Verhandlungen soll es parteiübergreifend große Einwände gegeben haben. "Heute werden zwei Jahre gemeinsame Wegstrecke beendet", sagte etwa der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach Angaben von Teilnehmern bei der Videoschaltkonferenz von Bund und Ländern. Das Vorgehen des Bundes treffe die Länder ins Mark, "die Länder, die seit Jahren hart arbeiten, um Leben zu retten".
Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) betonte den Angaben zufolge: "Einen solchen Umgang mit den Ländern hat es noch nie gegeben." Eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit stelle er sich anderes vor. Er verstehe das Vorgehen der Bundesregierung nicht. "Bisher haben wir über zwei Jahre gut zusammengearbeitet. Es gibt keine rationale Gründe, warum es zu diesem Bruch von Seiten des Bundes kommt." Ähnlich äußerte sich demnach Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Sein hessischer Kollege Volker Bouffier (CDU) sagte: "Ein Zusammenwirken mit den Ländern hat es nicht gegeben."
Auch aus den SPD-Ländern hagelte es Kritik: "Ich halte das nicht für vertretbar", zitierten Teilnehmer Niedersachsens Landeschef Stephan Weil. Er erwarte nun, dass der Bund die Verantwortung übernehme. "Die Pandemie ist eben nicht vorbei. Das ist kein guter Weg, der hier eingeschlagen wird." Die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte: "Ich kann den Frust der Kolleginnen und Kollegen gut verstehen." Das Vorgehen sei gegen die Empfehlungen des Expertenrates und "falsch." Aus dem SPD-regierten Mecklenburg-Vorpommern hieß es ebenfalls, dass man kein Verständnis für das Vorgehen habe.
Empfehlung für Impfungen
Trotz der teils scharfen Kritik im Vorfeld der Bund-Länder-Beratungen lobte Scholz die "konstruktive Diskussion" mit den Ministerpräsidenten. Der Bundeskanzler teilte dabei Sorgen wegen der anhaltend hohen Infektionszahlen. "Die Pandemie ist noch nicht vorbei." Allerdings zeige sich, dass sich die Lage in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen nicht so dramatisch entwickelt habe und die Krankheit bei der Omikron-Variante nicht so kompliziert verlaufe.
Wer geimpft oder geboostert sei, könne auf einen milden Verlauf hoffen, sagte Scholz. Deshalb sei sein "großer Wusch", dass sich alle zum Impfen motivieren.
- Nachrichtenagentur dpa und AFP