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Bei Anne Will: "Kanzlerin Angela Merkel geht zum Angriff über"


Merkel im TV
"Die Kanzlerin geht zum Angriff über"

Von t-online, lr

Aktualisiert am 29.03.2021Lesedauer: 3 Min.
Kanzlerin Angela Merkel: Sie verschärft den Ton gegenüber den Ministerpräsidenten.Vergrößern des Bildes
Kanzlerin Angela Merkel: Sie verschärft den Ton gegenüber den Ministerpräsidenten. (Quelle: Michael Kappeler/reuters)
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Angela Merkel erhöht in der Corona-Krise den Druck auf die Ministerpräsidenten massiv. Ein taktisches Debakel oder ein geschickter Schachzug der Kanzlerin? Das sagen die Medien.

Es sollte wohl ein Machtwort werden – oder doch nicht? Der Auftritt von Angela Merkel in der ARD-Talkshow von Anne Will wird am Tag danach ganz unterschiedlich gedeutet. Die Kanzlerin hatte angesichts rasch steigender Corona-Infektionen die Ministerpräsidenten mit Öffnungsabsichten teils sogar namentlich kritisiert. Und Merkel drohte damit, mehr bundeseinheitliche Regelungen zu erlassen, die Ministerpräsidenten also notfalls zu entmachten.

Doch war das ein sinnvolles Manöver? Die Kommentare in deutschen Medien sind gegensätzlich. Ein Überblick.

"Spiegel" (Hamburg): "Bei Anne Will zeigte Angela Merkel, dass sie auch weiterhin keinen Plan hat. Nach dem Kotau ging es für die Kanzlerin schnurstracks zurück zum Klein-Klein. Die Talkshow geriet zum taktischen Debakel; zum Lehrstück darüber, wie man sich als Politikerin selbst zerlegt, obwohl die Moderatorin eine Vorlage zur Selbsterklärung nach der anderen liefert. (...) Bohrt Will, blockt Merkel. Fragt die Moderatorin konkret, schweift die Politikerin ab. Offenbar auch deshalb, weil ihr einfach keine Antworten einfallen. In fast rührender Offenheit sagt sie an einer Stelle, sie wolle noch ein wenig nachdenken über mögliche Lösungen. Nicht wochenlang, aber doch ein paar Tage."


"Süddeutsche Zeitung" (München): "Merkels Revanche. Erst übernahm die Kanzlerin die Verantwortung für die verkorkste Osterruhe – jetzt setzt sie die Ministerpräsidenten gehörig unter Druck. Auch NRW-Ministerpräsident Laschet, den eigenen Parteivorsitzenden, verschont sie nicht. (...) Gemessen an den furchterregenden Prognosen, die aus dem Robert Koch-Institut zuletzt zu hören waren, gemessen selbst an den Vorstellungen ihres eigenen Gesundheitsministers von einem zweiwöchigen Lockdown, ist das, was Merkel an diesem Abend in Aussicht stellt, ziemlich zurückhaltend."

"Eine politische Geisterstunde"

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Greift sie durch, gilt sie als autoritär. Tut sie es nicht, wird ihr Unentschlossenheit bescheinigt. Was für sie daraus folgt, verrät Angela Merkel bei Anne Will nicht wirklich. Und auch nicht, was jetzt kommt. Eine politische Geisterstunde. (...) Die Rollenverteilung, in der das Kanzleramt für die Strenge und die Bundesländer für die Lockerheit zuständig sind, passt ihr nicht. Das Gespräch mit Anne Will war auch ein skizzenhaftes Seminar über politische Entscheidungsprozesse. Es ist immer mehr zu berücksichtigen als das, was Kommentatoren des Geschehens für wünschbar halten."

"Welt" (Berlin): "Zum Ende ihrer Amtszeit zieht Angela Merkel neue Saiten auf. (...) Nicht Merkel, das wird bald klar, sitzt an diesem Abend auf der Anklagebank. Das Tribunal, zu dem sich die Sendung in den folgenden 60 Minuten entwickeln wird, gilt vor allem den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer. (...) Statt sich auf das Glatteis verfrühter Reflexion zu begeben, geht die Kanzlerin, zunächst fast unbemerkt, leise zum Angriff über."

"Focus": (München): "Kein Kreuzverhör, eher ein Plausch. Schon nach Minute eins hätte man umschalten können. Die Lage ist ernst, die Pandemie ist eine große Herausforderung, Bund und Länder müssen sich immer wieder zusammenraufen, nicht alles ist perfekt gelaufen, aber Deutschland hat auch keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen. Das waren die Kernbotschaften der Kanzlerin – und die Moderatorin störte bei der Verkündigung nicht. (...) Die Kanzlerin nutzte die TV-Bühne mit Hilfe ihrer Assistentin Will geschickt, verwies darauf, dass sie mit ihrem Ruf nach härteren Beschränkungen nicht falsch gelegen habe, aber an den Ministerpräsidenten gescheitert sei."

t-online (Berlin): Angela Merkel nahm zu allem Stellung, was schiefläuft/vertrackt ist/vermurkst ist. Sie redete nicht um den heißen Brei herum und versuchte zu retten, was zu retten ist. Wieder bestach ihre Haltung, die sie Fehler zugeben lässt, wo sie nicht allein Fehler machte, sondern von mindestens 16 Mittätern umzingelt war. (...) Angela Merkel und Markus Söder sind auf einer Mission. Sie versuchen mit Macht, Vertrauen wiederzugewinnen. Am Anfang stand die freimütige Entschuldigung. Nun deutete Söder an, in solchen Krisen würde besser Bundesrecht herrschen, sodass dieses Wir-machen-schon-mal-aus Prinzip-aber-nicht-alles-so-wie-es-die-Kanzlerin-will endlich aufhöre. Es stimmt ja auch, dass der Wirrwarr im vergangenen Frühsommer einsetzte, als die Regierungschefs und Regierungschefinnen der Kanzlerin nicht mehr folgten. Haben Alleingänge dem Land gutgetan? Seit Herbst bestimmt nicht mehr.
(Hier lesen Sie die gesamte Kolumne.)

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