Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Corona-Gipfel "Das Virus lässt uns keine Zeit"
Appelle statt neuer Maßnahmen: Die Länderchefs haben eine
Mit drastischen Vorschlägen ist Kanzlerin Merkel in den Bund-Länder-Gipfel am vergangenen Montag gestartet. Doch mit der Runde der Ministerpräsidenten hat sie kaum einen gemeinsamen Nenner gefunden. Die Landeschefs sind überzeugt: Noch ist es zu früh für einen schärferen Lockdown.
- Corona-Gipfel: Die Beschlüsse im Detail
"Dass es manchmal etwas zu langsam geht, das bedauere ich", sagte Merkel am Tag danach auf einer Veranstaltung der "Süddeutschen Zeitung". Es gehe um die "Vorbeugung vor dem Schlimmsten, also der Überlastung unseres Gesundheitssystems".
Das führt zu der Frage:
Ist es richtig, dass es noch keine neuen Corona-Maßnahmen gibt?
Ja, denn es gibt noch Hoffnung
Mindestens zwei, eher drei Wochen – erst nach dieser Zeitspanne lässt sich die Wirkung von neuen Corona-Maßnahmen solide bewerten. Dass die Ministerpräsidenten die Kanzlerin jetzt auf dem Weg zu einem scharfen Lockdown ausgebremst haben, ist also vor allem vernünftig.
Wer dermaßen gravierende Eingriffe in Grundrechte vornehmen will, sollte dies auf Grundlage von felsenfesten Fakten tun. Sonst wächst das Misstrauen in der Bevölkerung bloß weiter.
Und die Fakten sehen so aus: Die tägliche Zahl der Neuinfektionen ist seit Beginn des Teil-Lockdowns immer langsamer gewachsen, an diesem Dienstag ist sie im Vergleich zur Vorwoche zum zweiten Mal in Folge rückläufig. Das ist zwar nur ein leichtes positives Signal und längst noch nicht ausreichend. Aber es ist genug, um eine weitere Verschärfung der Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt kritisch zu sehen.
Schließlich besteht auch die Gefahr, dass eine Verschärfung des Lockdowns von Gerichten wieder aufgehoben wird. Ein Eingriff in Grundrechte muss immer verhältnismäßig sein, alle milderen Mittel müssen sich als wirkungslos entpuppt haben. 16 Ministerpräsidenten sagen: Dieser Punkt ist noch nicht erreicht. Wer die gesamte deutsche Landespolitik jetzt für verantwortungslos erklären will, sollte auch seinen eigenen Standpunkt hinterfragen.
Corona lässt uns keine Zeit für Schlafmützigkeit
Die Ergebnisse des großen Halbzeitgipfels im Corona-Teil-Lockdown fasste gestern ein Nutzer auf Twitter perfekt zusammen: "Wie wir versuchen, seit acht Monaten an die Rücksicht und den gesunden Menschenverstand einer Nation zu appellieren, in der besoffen Autofahren als schlitzohriges Kavaliersdelikt gilt." Ergo: Appelle bringen nichts – es hätte neue Beschränkungen gebraucht.
Corona lässt uns keine Zeit für Schlafmützigkeit. Während Länder wie Österreich den Ernst der Lage begriffen haben und sofort mit einem kompletten Lockdown reagieren, passiert bei uns nun erst einmal zehn Tage lang nichts. Währenddessen füllen sich die Intensivstationen: Mehr als 3.500 Corona-Schwerstkranke werden behandelt, über die Hälfte der verfügbaren Betten ist bereits belegt.
Corona ist eine Krankheit, die für viele nervig, aber ungefährlich ist – und die für einige den Tod bedeutet. Strengere Corona-Maßnahmen mögen für viele unangenehm sein, im Vergleich zum Tod sind sie dann aber doch die bessere Alternative.
Wie es scheint, ist das schwer zu verstehen. Das zeigen all die illegalen Partys, Demos ohne Masken und Abstand, sowie all die vielen kleinen Tricksereien, mit denen Kontaktbegrenzungen unterlaufen werden. Dazu passt: Statt des Kampfes gegen das Virus waren unsere Urlaubsreisen das alles beherrschende Thema dieses Sommers.
Dass jetzt wieder nicht verschärft wurde, bedeutet am Ende wahrscheinlich, dass es in diesem Jahr überhaupt kein Weihnachtsfest geben wird. Vielleicht hätte es die Politik mit dieser dunklen Aussicht versuchen sollen: Denn Furcht erreicht den gesunden Menschenverstand mehr als jeder gut gemeinte Appell.
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