Nach Massenausbruch Tönnies will Wohnungen für Arbeiter bauen
Die Kritik war laut, sehr laut: Auch die Wohnbedingungen der Tönnies-Arbeiter sollen Grund für den Massenausbruch beim Fleischfabrikanten gewesen sein. Dieser beugt sich nun – und will selber bauen.
Nach heftiger Kritik an teils elenden Unterkünften für Arbeiter in der Fleischindustrie will Tönnies rund 70 Häuser mit bis zu 1.500 Wohnungen bauen. Ziel sei es, Werkvertragsarbeitern, die künftig fest beim Unternehmen angestellt werden sollten, "günstige und gut ausgestattete Wohnungen nach einem festen Standard" bereitzustellen, kündigte Deutschlands größter Fleischkonzern am Dienstag in Lemgo im Kreis Lippe an. Im Zuge des Corona-Massenausbruchs am Stammsitz im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück waren auch die Wohnbedingungen vieler Arbeiter bemängelt worden.
Zum 1. Januar 2021 wolle der Konzern in den Kernbereichen der Produktion auf direkt beim Unternehmen angestellte Kräfte setzen, betonte Tönnies erneut. Der Großteil der derzeit noch im kritisierten Werkvertragsarbeiter-Status beschäftigten Menschen wohne in privat angemieteten Wohnungen und Häusern. Rund 30 Prozent lebten aber in von den Werksunternehmen zur Verfügung gestellten Wohnungen – und vor allem für diese Gruppe wolle man neuen Wohnraum schaffen. Mehrere Kommunen seien bereits angeschrieben, um Bauland zu erhalten, berichtete ein Konzernsprecher.
Als Vorbild sollen Studentenwohnungen dienen
Muster für die Neubauten an mehreren Standorten in der Region sollten Studenten-Wohnheime in Lemgo sein, sagte der Geschäftsführer der Tönnies Holding, Daniel Nottbrock, laut Mitteilung. Es sollten "gut ausgestattete Wohneinheiten zu ortsüblichen, marktüblichen Mietpreisen" entstehen – etwa voll möblierte Single-Wohnungen von 16 Quadratmetern für 300 Euro Warmmiete oder Apartments für Paare von 27 Quadratmetern für 400 bis 450 Euro warm – je nach Lage. Es werde überall auch wöchentliche Reinigungen der Gemeinschaftsflächen und Hausverwaltungsdienste geben. Das Unternehmen hoffe, "in Kürze" die ersten Projekte umsetzen zu können.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte jüngst über teilweise gravierende Mängel bei der Unterbringung von Beschäftigten der Fleischindustrie berichtet. Bis Ende Mai, noch vor dem Corona-Ausbruch bei Tönnies, waren bei Überprüfungen von rund 650 Unterkünften viele Beanstandungen wie Überbelegung, Einsturzgefahr, Ungezieferbefall und unzumutbare Sanitäreinrichtungen festgestellt worden.
- Nachrichtenagentur dpa