Kooperation mit Behörden Tönnies: "Haben uns immer an Recht und Gesetz gehalten"
Clemens Tönnies bestreitet rechtswidriges Verhalten, das zu dem Corona-Ausbruch in einer Fleischfabrik gefühlt hat. Das Unternehmen steht massiv in der Kritik. Der Chef erhalte sogar Morddrohungen.
Der Chef des Fleischkonzerns Tönnies, Clemens Tönnies, bestreitet nach dem großen Corona-Ausbruch in der Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück juristisch relevante Verfehlungen. "Wir haben uns immer an Recht und Gesetz gehalten", sagte er dem Bielefelder "Westfalen-Blatt" vom Samstag. "Wir wissen bis heute nicht, welchen Rechtsbruch wir begangen haben sollen. All die Kritiker haben bis dato nicht eine einzige konkrete Aussage dazu getroffen."
Gegen die Geschäftsführung des Konzerns läuft allerdings ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Körperverletzung und des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz. Dabei kooperiere das Unternehmen vollumfänglich, versicherte Tönnies. "Wenn man uns Rechtsverstöße vorwirft, dann werden wir das sachlich abarbeiten."
Tönnies hat eigenes Testcenter eingerichtet
Schwere Versäumnisse im Umgang mit dem Coronavirus sieht Tönnies nicht – im Gegenteil. "Wir sind sehr ernsthaft an das Thema Corona herangegangen, haben früh angefangen, Schutzhürden aufzubauen", sagte er der Zeitung. Dazu zähle auch ein im Mai eingerichtetes eigenes Testcenter. "Letztlich war es dann ja auch Mitte Juni unsere eigene Testreihe, die ersichtlich gemacht hat, dass wir Auffälligkeiten haben."
Ursächlich für "die plötzliche und massive Ausbreitung" des Coronavirus in der Fleischfabrik sei nach Expertenangaben die Umluftkühlung gewesen, "die eigentlich jeder Fleischbetrieb hat". Es handele sich hier also nicht um ein "Tönnies-Problem", sondern um "ein Problem der Branche – und zwar weltweit". Der Konzern werde seine Betriebsstätten nun umrüsten.
Wohnverhältnisse sollen verbessert werden
Tönnies kündigte außerdem Verbesserungen für die Werkvertragsarbeiter an. "Wir werden die Wohnsituation der Beschäftigten in unsere Verantwortung bringen", sagte er. "Wir wollen, dass die 30 Prozent der Mitarbeiter, die heute nicht privat wohnen, zu einem vorgegebenen Standard wohnen können."
Mit Blick auf das von der Bundesregierung geplante Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie sagte Tönnies, dass bis September zunächst 1.000 bisherige Werkvertragsarbeiter direkt bei Firmen der Gruppe angestellt werden sollen. Konzernweit werden derzeit 9.333 der 18.734 Beschäftigten von Subunternehmen gestellt.
Tönnies sorgt sich um deutsche Fleisch-Industrie
"Wir werden aber auch eine nicht unerhebliche Abwanderung haben von Mitarbeitern, die das System des Werkvertragsarbeiters weitermachen wollen", sagte Tönnies voraus. "Ich sehe die Leute dann bei Amazon, der Meyer-Werft oder anderen Branchen." Dann werde sich zeigen, inwieweit die Fleischverarbeitung in Deutschland "noch aufrecht erhalten werden kann".
Tönnies und sein Konzern sind seit dem Corona-Ausbruch scharfer Kritik ausgesetzt. Es habe "auch einige ernstzunehmende Morddrohungen gegen meine Familie und mich" gegeben, sagte er dem "Westfalen-Blatt". "Das belastet einen natürlich."
- Nachrichtenagentur dpa