Nach massiver Bedrohung "taz" widerspricht: Autorin bat nicht um Polizeischutz
Die umstrittene Kolumne einer "taz"-Autorin hat in Berlin ein mittleres Beben ausgelöst. Innenminister Seehofer drohte erst mit Strafanzeige, zog dann aber zurück. Die Journalistin selbst wird offenbar massiv bedroht.
Die Berliner Tageszeitung "taz" hat einem Medienbericht widersprochen, wonach sich die Autorin einer umstrittenen Kolumne um Polizeischutz bemühe. "Focus Online" hatte am Wochenende berichtet, die Journalistin habe die Polizei um ein Beratungs- und Sicherheitsgespräch gebeten. Die "taz stellte nun klar, dies sei durch die Rechtsabteilung und Redaktionsleitung der Tageszeitung geschehen – aber nicht im Auftrag der Autorin.
Richtig ist, dass die Journalistin offenbar erheblichen Bedrohungen ausgesetzt ist. Wie "Focus Online" unter Berufung auf Berliner Polizeikreise schreibt, seien nach Erscheinen der Kolumne "zahlreiche Telefonate und E-Mails mit bedrohlichem Inhalt eingegangen". Einige Reaktionen müssten "als direkte Gefährdung für das körperliche Wohl der Journalistin eingestuft werden", hieß es weiter.
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Seehofer: "Enthemmung der Worte"
Die Mitte des Monats veröffentlichte Kolumne hatte politisch erhebliche Wellen geschlagen. Die Autorin hatte in dem Beitrag dafür plädiert, Beamte auf Müllhalden arbeiten zu lassen, wenn die Polizei abgeschafft sei. Bundesinnenminister Horst Seehofer sprach von einer "Enthemmung der Worte" und erwog zwischenzeitlich eine Anzeige gegen die Journalistin, was von verschiedenen Vertretern aus Medien und Politik als Angriff auf die Pressefreiheit gewertet wurde.
Am Donnerstag ruderte der CSU-Politiker zurück und lud stattdessen die "taz"-Chefredaktion zum Gespräch in sein Ministerium. Am Samstag allerdings verteidigte er sein Vorgehen. Mit der Androhung einer Strafanzeige habe er das Ziel verfolgt, eine öffentliche Debatte über den "unsäglichen Artikel" in der "taz" anzustoßen, sagte er der "Augsburger Allgemeinen".
Auch in der Demokratie habe die Meinungs- und Pressefreiheit ihre Grenzen, sagte Seehofer weiter. Niemand habe das Recht, andere Menschen, egal welcher Gruppe sie angehörten, mit menschenverachtender Sprache herabzusetzen. "Ich bleibe bei meiner Überzeugung, dass hier Straftatbestände durch diesen Artikel erfüllt sind. Dies zu prüfen, obliegt jetzt den Ermittlungsbehörden."
Als Reaktion auf die Kolumne waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft Berlin mehr als 25 Strafanzeigen bei der Polizei eingegangen. Hunderte Beschwerden liefen beim Deutschen Presserat ein, der die Selbstkontrolle der Presse ist.