"Hilfe muss auch gewollt sein" Wehrbeauftragter stellt Bundeswehreinsatz im Irak infrage
Berlin (dpa) - Angesichts der Forderung des irakischen Parlaments nach einem Abzug aller ausländischen Truppen stellt der Wehrbeauftragte des Bundestags den Bundeswehreinsatz in dem Krisenland infrage.
Eine Entscheidung der Führung in Bagdad müsse akzeptiert werden, sagte der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). "Deutsche Soldatinnen und Soldaten können nicht gut gegen den ausdrücklichen Willen der irakischen Regierung und des irakischen Parlaments dem Irak weiter helfen. Hilfe muss auch gewollt sein."
Auch Bundesaußenminister Heiko Maas sagte, dass die Bundeswehr nicht gegen den Willen der irakischen Regierung bleiben werde. "Es gibt keinen Staat, der Mitglied der Anti-IS-Koalition ist, der im Irak bleiben wird, wenn man dort nicht erwünscht ist", sagte der SPD-Politiker am Montagabend im ZDF-"heute-journal". Letztlich entscheiden müsse dies aber die Regierung in Bagdad. "Deshalb sprechen wir zurzeit mit der Regierung." Rechtsgrundlage für das Mandat der Bundeswehr, im Irak tätig zu sein, sei eine Einladung der dortigen Regierung und des Parlaments. Die Anti-IS-Koalition müsse nun schleunigst zusammenkommen, um ihr Vorgehen abzustimmen.
Das irakische Parlament hatte am Sonntag den Abzug der rund 5000 im Land stationierten US-Soldaten und aller übrigen ausländischen Truppen gefordert. Die Bundeswehr unterstützt den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit Tornado-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen sowie mit Militärausbildern im Irak.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte der "Passauer Neuen Presse", der Parlamentsbeschluss bedeute noch keine finale Entscheidung des irakischen Staats, beziehungsweise der Regierung. "Der nicht iranisch gesteuerte Teil der Regierung will das sicher nicht."
Der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour kritisierte Maas, weil dieser aus seiner Sicht zu zögerlich agiert. "Um zu verhindern, dass der Iran überreagiert, muss man unbequeme Reisen auf sich nehmen, das Gespräch suchen und nicht nur vom Schreibtisch aus betonen, man wolle keinen Krieg", sagte Nouripour der "Saarbrücker Zeitung".
Nach der gezielten Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani durch einen US-Luftangriff in Bagdad sieht SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich das deutsch-amerikanische Verhältnis "tiefgreifenden Veränderungen und Belastungen ausgesetzt", wie er der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) sagte. "Ob es bei der gegenwärtigen amerikanischen Regierung eine Rückkehr zu einem geordneten politischen Miteinander geben kann, muss man heute bezweifeln." Für die Eskalation im Nahen Osten machte Mützenich aber auch den Iran mitverantwortlich. "Irans militärische Rolle im Nahen und Mittleren Osten hat sowohl zu vielfachem menschlichen Leid geführt als auch maßgeblich zur Destabilisierung der Region beigetragen."