Ärger über Klimapaket Fridays-for-Future-Aktivisten schicken Wutbrief an Merkel
Erneut hat die Klimabewegung Fridays for Future das Klima-Eckpunktepapier der Bundesregierung kritisiert. Die Aktivisten fordern eine komplette Überarbeitung. Zudem kündigen sie einen weiteren Streiktag an.
Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future hat die schwarz-rote Koalition in einem offenen Brief aufgefordert, ihr Klimapaket grundlegend zu überarbeiten. "Mit dem Eckpunktepapier ignorieren Sie nicht nur den Wunsch hunderttausender junger Menschen nach einer lebenswerten Zukunft, sondern auch die Weckrufe aus der Wissenschaft und aus breiten Teilen der Bevölkerung", heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Schreiben. Es ist gerichtet an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Fachminister des Klimakabinetts sowie die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD.
Preise für CO2-Ausstöße ab 2021 zu gering
Die Bewegung kündigte einen weiteren globalen Aktionstag für den 29. November an. Er findet direkt vor Beginn der Weltklimakonferenz in Chile (2. bis 13. Dezember) statt. In über 100 Städten seien bereits Aktionen geplant, teilten die Organisatoren mit. Neben klassischen Streiks solle es auch "kreative Proteste" geben.
Die Entscheidungen der großen Koalition bezeichnete Fridays for Future in dem offenen Brief als "politische Bankrotterklärung". "Zwar behaupten Sie inzwischen, Fridays for Future hätte Sie aufgerüttelt – doch angesichts dieses lächerlichen Maßnahmenpakets befinden Sie sich offenbar weiterhin im politischen Tiefschlaf." Die Maßnahmen würden nicht nur das Ziel verfehlen, die Erderwärmung unter 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten, "sondern sogar die deutlich zu niedrigen Klimaziele der Bundesregierung für 2030 nicht einhalten".
Die Bundesregierung hatte am 20. September Eckpunkte eines Maßnahmenpakets zum Klimaschutz beschlossen. Unter anderem soll ein CO2-Preis klimaschädliche Brennstoffe aus Öl, Erdgas und Kohle verteuern. In den Bereichen Verkehr und Heizen will die Bundesregierung 2021 mit 10 Euro pro Tonne Kohlendioxid (CO2) einsteigen. Kritiker halten diesen Preis für zu niedrig.
Extinction Rebellion ruft am 7. Oktober zu Blockaden auf
Im Alter von 15 Jahren hatte sich die Schwedin Greta Thunberg im August 2018 vor das Parlament in Stockholm gesetzt, um die Politiker ihres Landes zu einem stärkeren Einsatz für den Klimaschutz aufzufordern. Daraus ist die Fridays-for-Future-Bewegung entstanden. An den Klimaprotesten beteiligen sich vor allem Schüler und Studenten, zunehmend auch Wissenschaftler und andere Erwachsene.
Ab kommendem Montag (7. Oktober) hat zudem die Gruppe Extinction Rebellion (zu Deutsch etwa: Aufstand gegen das Aussterben) Blockadeaktionen in Berlin und anderen Metropolen wie Paris und New York angekündigt. Die Gruppe macht seit Ende 2018 mit Protestaktionen auf sich aufmerksam. Sie will Regierungen zum Umdenken in der Klimapolitik bringen.
Die Gruppe kündigte am Montag "friedliche Aktionen des zivilen Widerstandes" an, zu denen "Tausende Menschen" nach Berlin kommen würden. Geplant sind demnach Aktionen, die sich "mindestens eine Woche" hinziehen sollen, angefangen mit einer Versammlung am Potsdamer Platz am Montagmittag. Die Aktivisten forderten die Bundesregierung unter anderem auf, den Klimanotstand auszurufen und die CO2-Emissionen schneller und deutlicher zu senken. Was genau die Gruppe vor hat, sagten die Organisatoren nicht. S- und U-Bahnverkehr sollen aber nicht betroffen sein.
Extinction Rebellion betonte, dass die Aktionen friedlich und gewaltfrei ablaufen sollten. Einfacher Protest, wie der der Fridays-For-Future-Bewegung, reiche aber nicht aus, um die Politik umzustimmen. Justizministerin Christine Lambrecht rief die Aktivisten auf, sich an die Gesetze zu halten. Jeder habe das Recht, friedlich seine Meinung zu äußern, "dies muss aber im Rahmen des geltenden Rechts geschehen", sagte die SPD-Politikerin der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag). "Nicht zuletzt, um weder sich noch andere zu gefährden."
Industrie fühlt sich von Klimapaket unter Druck gesetzt
Die IG Metall vermisst bei der Energie- und Mobilitätswende eine klare politische Führung der Bundesregierung. Das von der Koalition auf den Weg gebrachte Klimapaket zeige deutlich, dass in den maßgeblichen Ministerien immer noch ein starkes Sektordenken herrsche, sagte der Erste Vorsitzende Jörg Hofmann der Deutschen Presse-Agentur.
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Die Industrie werde unter extremen Veränderungsdruck gesetzt, ohne dass die Politik die Rahmenbedingungen entsprechend regele. So sehe er im Klimapaket zwar Fortschritte etwa zur ordnungsrechtlichen Durchsetzung der notwendigen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, sagte Hofmann. Auf der anderen Seite gebe es aber auch noch "eine ganze Reihe von Leerstellen" etwa bei der Durchsetzung der notwendigen Stromtrassen oder zur Zweitverwertung gebrauchter Antriebsbatterien.
- Nachrichtenagentur dpa