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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Budget für jüngste Wahlen FDP investierte am meisten in Facebook-Werbung
Facebook ist mehr als ein Netzwerk für Kontakte. Im Wahlkampf spielt es eine wichtige Rolle. Die FDP setzte in Sachsen und Brandenburg besonders auf diesen Kanal.
Reichweite bei Facebook ist eine wichtige Währung, auch für politische Parteien. Sie alle nutzen das soziale Netzwerk, um ihre Botschaften zu transportieren. Damit sie möglichst viele Menschen damit erreichen, zahlen sie Geld.
Grüne und FDP haben im Wahlkampf in Brandenburg und Sachsen am meisten Geld in die Hand genommen. In Brandenburg hat die CDU mehr Werbegeld für den Facebook-Auftritt ihres am Freitag zurückgetretenen Spitzenkandidaten ausgegeben als für die CDU-Seite selbst.
t-online.de hat die Ausgaben für Wahlwerbung analysiert, die Facebook mit einigen Tagen Verzögerung in einer Anzeigenbibliothek veröffentlicht. Aussagekraft haben die Zahlen vielfach erst in den letzten Tagen vor der Wahl bekommen. Im Endspurt flossen in Sachsen und Brandenburg die meisten Werbegelder: mehr als 100.000 Euro von den Parteien.
Seit Einführung der Transparenzdatenbank im März 2019 gaben die Parteien in den beiden Bundesländern mindestens 250.000 Euro zur Bewerbung der Seiten von Partei und Kandidaten aus. In fast allen Fällen entfallen die Ausgaben fast ausschließlich auf den Landtagswahlkampf, die Europawahl spielte kaum eine Rolle.
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Die Grünen in Sachsen steckten in der letzten Woche vor der Wahl 20.000 Euro in Beiträge ihrer Seite. Die insgesamt 27.500 Euro der Grünen seit März werden aber von der FDP Sachsen übertroffen. Sie hat den Einzug in den Landtag verpasst, aber Facebook mehr als 36.000 Euro für ihre Seite gezahlt.
Sie hat dabei sehr viele Beiträge an verschiedene Zielgruppen adressiert: Die Datenbank weist für die FDP Sachsen mehr als 1.400 Anzeigen aus. Am Wahlsonntag spielte Facebook dann noch Werbung der FDP Sachsen für mehr als 4.000 Euro aus.
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CDU Brandenburg, die AfD Brandenburg und die Linke Sachsen gaben ungefähr die Hälfte der gesamten Werbegelder seit März 2019 innerhalb der Wahlwoche aus.
Zusätzliche Werbung für Spitzenkandidaten
Zu den Ausgaben für die eigene Seite kommt in einigen Fällen noch in großem Umfang Werbung für Seiten von Kandidaten, die auch von der Partei bezahlt wurde. So hat die Brandenburger CDU für die Parteiseite knapp 19.000 Euro an Facebook gezahlt, aber zusätzlich fast 31.000 Euro, um die Seite von Spitzenkandidat Ingo Senftleben zu bewerben. Senftleben ist am Freitag wegen der schlechten Ergebnisse bei den Wahlen zurückgetreten.
Für die Seite des "Team Kretschmer" des sächsischen CDU-Spitzenkandidaten Michael Kretschmer kaufte die CDU Sachsen Anzeigen im Wert von rund 12.000 Euro und investierte dabei sehr früh nach der Europawahl schon in die Kampagne ("Jetzt geht es um Sachsen"). Die SPD Sachsen steckte mehr als 17.000 Euro in Werbung der Seite von Spitzenkandidat Martin Dulig. Dietmar Woidke, SPD-Spitzenkandidat in Brandenburg, hat nur eine Seite in der Funktion als Ministerpräsident, die nicht für Werbung genutzt werden darf.
AfD Sachsen verzichtet auf Facebook-Werbung
Die AfD Brandenburg finanzierte über Werbung für die eigene Seite hinaus noch Anzeigen für Spitzenkandidat Andreas Kalbitz (rund 2.700 Euro) und kleinere Beiträge für weitere Kandidaten. Ganz anders die AfD Sachsen: Sowohl Sachsens AfD-Spitzenkandidat Jörg Urban als auch der Landesverband haben in der heißen Phase komplett auf Facebook-Werbung verzichtet.
Die Partei hat seit Anfang August für ihre Seite gar keine Anzeigen mehr geschaltet, wie die Datenbank zeigt, zuvor waren es seit März gerade einmal 718 Euro. Sie war dabei mehrfach mit den Werberichtlinien von Facebook in Konflikt gekommen. Andreas Harlaß, Pressesprecher der AfD Sachsen, zu t-online.de: "Die AfD Sachsen hat sehr wohl Geld in Facebook-Werbung investiert. Jedoch lehnte Facebook teilweise ab, finanzierte Werbung der AfD zu veröffentlichen."
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Der Werbedatenbank zufolge wurde mehrfach Facebook-Werbung der AfD entfernt, da sie gegen Facebooks Kennzeichnungspflicht verstoßen hat. Facebook wollte Wahlwerbung durch die Verwendung sogenannter "Disclaimer" und die Angabe des Geldgebers transparenter machen. Die AfD kann jedoch auch stärker als andere Parteien darauf setzen, dass Mitglieder ihre Emotionen schürenden Inhalte teilen.
Facebook sperrte AfD-Seite
Ganz im Sinne der AfD Sachsen gab es in der Woche vor der Wahl Werbung des Vereins "Ein Prozent e.V.", der eng mit der rechtsextremen Identitären Bewegung verflochten ist. Mindestens 100.000 Sachsen sahen ein Video "Kretschmer unwählbar!", für dessen Verbreitung der Verein 635 Euro zahlte.
Ein Video "Woidke unwählbar!" bekamen weniger Brandenburger zu sehen, weil es erst später beworben wurde. Die Organisation kaufte auch Reichweite für Beiträge, die Zweifel am Ablauf der Wahlen säen sollten und die AfD als Opfer von möglichem Wahlbetrug darstellten. Facebook hat die Seite aber noch in der Woche vor der Wahl gesperrt. Ihre Werbeausgaben auf Facebook insgesamt beliefen sich auf rund 6.400 Euro.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung hatten wir geschrieben, der Verein werde vom Verfassungsschutz beobachtet. Eine solche Beobachtung ist jedoch bisher immer vereint worden.
- Eigene Recherche
- Werbebibliothek Facebook