Debatte über Digitalpakt Schuldigitalisierung: Länderfront gegen Grundgesetzänderung
Berlin (dpa) - Immer breiterer Widerstand bei den Ländern macht eine Grundgesetzänderung unter anderem für die Digitalisierung der Schulen in geplanter Form unwahrscheinlich.
Nach Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen kam am Montag von immer mehr Ländern Kritik an den Plänen, auch von SPD-geführten Ländern. Der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), Thüringens Ressortchef Helmut Holter, geht davon aus, dass der Digitalpakt für die Schulen nicht wie geplant im Januar 2019 starten kann.
Grund sei die vom Bundestag beschlossene Grundgesetzänderung, sagte der Linke-Politiker dem Sender MDR. Diese sieht vor, dass der Bund die Länder in Bildungsfragen künftig unterstützen kann - unter anderem bei der Digitalisierung der Schulen. Damit die Grundgesetzänderung wirksam wird, muss der Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen.
Allerdings sollen die Länder gemäß eines Beschlusses des Bundestags für gemeinsame Projekte ab 2020 jeweils die Hälfte der Kosten tragen. Laut Holter war dies nicht abgesprochen. "Das geht so nicht. Das ist einfach ungeschickt und frech gegenüber den Ländern." Beim Digitalpakt geht es darum, digitale Technik wie WLAN oder Tablets in die Schulen zu bringen und für den Unterricht zu nutzen. Bildung ist in Deutschland Ländersache. Die Grundgesetzänderung soll daher die Mitfinanzierung der Schulen durch den Bund ermöglichen.
Auch bei SPD-geführten Ländern stoßen die Pläne auf Ablehnung. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstag): "Es ist zwar wichtig, dass Bund und Länder eine gemeinsame Lösung in dieser Frage finden. Aber der vorliegende Plan ist für keine Landesregierung zustimmungsfähig - unabhängig davon, welche Partei sie führt."
Bremens Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) sagte, die neue vom Bund ins Auge gefasste Regelung sei inakzeptabel und stelle die Selbstständigkeit Bremens in Frage. Das Thema werde nun noch einmal im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat verhandelt. Auch in der Berliner Landesregierung gibt es Widerstand. Senatskanzleichef Christian Gaebler (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, ad absurdum geführt werde das Ganze durch den Passus, der vorsehe, dass sich die Länder ab 2020 zur Hälfte beteiligen müssten, wenn der Bund ihnen bei künftigen Projekten finanziell helfe. Das könnte nach Gaeblers Einschätzung etwa auch für Konjunkturprogramme oder Katastrophenhilfen des Bundes gelten.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bekräftigte: Um mehr Geld in die Digitalisierung der Schulen zu stecken, brauche es keine Änderung des Grundgesetzes. "Dazu müssen nur die Steuereinnahmen so verteilt werden, dass die Länder diese Aufgabe erfüllen können", sagte Kretschmann der dpa. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier verteidigte seinen Widerstand gegen die Grundgesetzänderung. "Für fünf Jahre relativ überschaubare Beträge, auf Ewigkeit eine neue Bürokratie, auf Ewigkeit ein Durcheinander, das kann nicht vernünftig sein", sagte der CDU-Politiker dem Radiosender hr-Info. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kritisierte, die geplanten Änderungen seien umfangreicher als besprochen und in der jetzigen Form nicht zustimmungsfähig. Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer sagte: "Es ist ärgerlich, dass der Bund die Länder hier vor vollendete Tatsachen stellt und Dinge zusammenmischt, die nicht zusammengehören."
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sagte mit Blick auf ein mögliches Vermittlungsverfahren: "Nordrhein-Westfalen wäre gut beraten, im Vermittlungsausschuss besonnen und zielgerichtet an einer Lösung zu arbeiten, die Investitionen in Schule nicht verhindert, sondern erleichtert." NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte sich zuvor äußerst kritisch zur geplanten Grundgesetzänderung geäußert.