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Drei Thesen zur Wahl in Hessen: Die SPD droht als Volkspartei unterzugehen


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Drei Thesen zur Hessen-Wahl
Die SPD droht als Volkspartei unterzugehen


Aktualisiert am 29.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Der hessische SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel und Parteichefin Nahles bei einer Wahlkampfveranstaltung: Geht die SPD, oder bleibt sie?Vergrößern des Bildes
Der hessische SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel und Parteichefin Nahles bei einer Wahlkampfveranstaltung: Geht die SPD, oder bleibt sie? (Quelle: dpa)

Dramatische Verluste für CDU und SPD, Rekordergebnis für die Grünen. Die Landesregierung wackelt. Und in Berlin setzt SPD-Chefin Nahles der großen Koalition ein Ultimatum. Was sagt uns die Hessenwahl? Drei Thesen.

1. Die Hessen bestrafen CDU und SPD – und das Ergebnis wird bundespolitische Folgen haben

Wie die Bayern haben auch die Hessen den Grünen ein Rekord-Ergebnis beschert – und die Parteien der großen Koalition in Berlin abgestraft. CDU und SPD haben rund elf Prozent verloren. Noch nie in ihrer Geschichte war die SPD in Hessen so schlecht, die CDU lag zuletzt 1966 bei weniger als 30 Prozent. Die Umfragewerte der beiden Parteien sind seit September kontinuierlich gesunken – sehr genau seit der umstrittenen und später wieder zurückgenommenen Beförderung von Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär. Das ist auch der Moment, an dem die Grünen zum Höhenflug ansetzten. Laut infratest dimap hat die Hälfte der Hessen die Wahl als Gelegenheit empfunden, der Berliner Regierung einen Denkzettel zu verpassen.

Kombination - Prozente/Gewinne&Verluste width: 100%; height: 710px; border: 0;

Die CDU hat zwar besser abgeschnitten, als die Partei zwischenzeitlich befürchten musste, und Volker Bouffier wird wohl Ministerpräsident bleiben. Er gilt als enger Vertrauter der Kanzlerin. Sein dramatischer Absturz ist auch ein Misstrauensvotum gegen sie. Es ist angesichts dessen zumindest fraglich, ob Angela Merkel nach dem CDU-Parteitag im Dezember immer noch Parteivorsitzende ist. Und da Merkel den CDU-Parteivorsitz stets mit der Kanzlerschaft verbunden hat, könnte das das Ende ihrer Zeit als Regierungschefin bedeuten.

Doch vielleicht läutet auch die SPD das Ende der Ära Merkel ein. Für die Sozialdemokraten ist das Ergebnis eine Katastrophe. Sie ist den ersten Hochrechnungen zufolge mit den Grünen etwa gleichauf im Kampf um den zweiten Platz. Voraussichtlich reicht es weder für eine Ampel noch für Rot-Rot-Grün. In der Partei wird die Debatte um die große Koalition mit neuer Heftigkeit losbrechen. In einem ersten Statement gab Parteichefin Andrea Nahles der großen Koalition noch Zeit bis zur Halbzeitbilanz. "Der Zustand der Regierung ist nicht akzeptabel", sagte sie. Sollte die SPD dann – getrieben von der Parteibasis – die Entscheidung treffen, die große Koalition zu verlassen, hieße das wohl Neuwahlen. Für die SPD ein riskantes Unterfangen, sie könnte wohl kaum mit einem guten Ergebnis rechnen.

Koalitionsrechner width: 100%; height: 560px; border: 0;

2. Die SPD steht vor einer Zeitenwende

Die Situation in der SPD ist dramatisch. In den vergangenen zehn Jahren hatte sie sechs Parteivorsitzende, war Teil von drei großen Koalitionen, aus denen sie stets geschwächt hervorkam. Und das, obwohl sie sozialdemokratische und durchaus populäre Kernanliegen durchgesetzt hat. Auch in den Wahlkämpfen in Bayern und Hessen hat sie mit den Themen Bildung, Verkehr und Mieten auf die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Gebracht hat das nichts.

In beiden Ländern hat die SPD rund elf Prozent verloren, aus den vier Landtagswahlen des vergangenen Jahres ging sie lediglich in Niedersachsen mit dem Ministerpräsidenten hervor. Bundesweit sehen die meisten Umfrageinstitute sie mittlerweile bei nur noch 14 bis 15 Prozent.

In der Partei herrscht weitgehend Ratlosigkeit, wie sie aus diesem Tief herauskommen soll. Klar ist jedoch, dass es mit kleinen Kurskorrekturen nicht zu schaffen sein wird. Die SPD braucht einen fundamentalen Wandel – in struktureller, personeller und programmatischer Hinsicht. Ansonsten läuft sie Gefahr, ihren Status als Volkspartei endgültig zu verlieren.

3. Die Zeit der AfD-Höhenflüge ist vorbei

War die AfD 2013 in Hessen noch an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, kommt sie nach den ersten Prognosen nun auf rund 13 Prozent – ein Plus von etwa neun Prozent. Doch verglichen mit dem AfD-Ergebnis bei der Bundestagswahl in Hessen hat die Partei nur um etwa ein Prozent zugelegt. Gleiches gilt für Bayern, wo die AfD bei der letzten Landtagswahl nicht antrat. Dort kam sie bei der Bundestagswahl auf 12,4 Prozent der Stimmen, bei der Landtagswahl auf 10,2 Prozent. Das sind rund zwei Prozentpunkte weniger – und das, obwohl der Frust mit der CSU enorm groß war.


Nutznießer der Unzufriedenheit mit der Bundespolitik sind in beiden Bundesländern vor allem die Grünen. In Bayern legten sie um knapp neun Prozent zu, in Hessen um etwa acht Prozent. Dass die AfD nicht stärker zugelegt hat, mag auch an dem Auftreten der beiden Landesverbände liegen – und der Tatsache, dass das Flüchtlingsthema in den Wahlkämpfen nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Doch auch in bundesweiten Umfragen stagniert die Partei. Sie konnte weder vom Flüchtlingsstreit in der Union noch von der Maaßen-Affäre signifikant profitieren. Bei den meisten Umfrageinstituten liegt sie seit drei Monaten stabil zwischen 15 und 16 Prozent.

Mit Hessen ist die AfD nun in allen Landesparlamenten vertreten, sie ist endgültig fester Bestandteil der bundesdeutschen Parteienlandschaft geworden. Doch ihr Wachstumspotenzial dürfte sich – zumindest im Westen – erschöpft haben.

Verwendete Quellen
  • Bundeswahlleiter
  • www.wahlrecht.de
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