Schwere Vorwürfe gegen Polizei Jugendlicher muss nach Einsatz operiert werden
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ein Jugendhilfe-Verein in Berlin erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei – bei einem Einsatz in einer von dem Verein betreuten Wohngruppe sind zwei Jugendliche schwer verletzt worden.
Nach einem Polizeieinsatz in einer betreuten Wohngruppe junger Flüchtlinge hat das Landeskriminalamt Berlin Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt eingeleitet. Zuvor erhoben der Kinder- und Jugendhilfe-Verbund Berlin/Brandenburg und der Paritätische Wohlfahrtsverband schwere Vorwürfe gegen beteiligte Einsatzkräfte.
Zwei unbeteiligte Jugendliche seien bei einer Hausdurchsuchung schwer verletzt worden. Ein junger Mann habe aufgrund von tiefen Schnittwunden zwei Mal operiert werden müssen. Das sei ärztlich dokumentiert, sagte eine Sprecherin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gegenüber t-online.de, wollte aufgrund der laufenden Ermittlungen allerdings keine Einsicht in Dokumente ermöglichen.
Die Vorwürfe beziehen sich auf einen Einsatz in einer Jugendhilfeeinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Berlin-Lichtenberg am 9. Mai. Das Raubkommissariat der Direktion 5 führte dort laut Angaben der Polizei Berlin eine Durchsuchung durch. Dabei hätten die Beamten "Unterstützungskräfte" der örtlichen Polizeidirektionen begleitet, da der wegen Raubes Tatverdächtige in der Vergangenheit durch Gewaltdelikte und Widerstand gegen Polizeibeamte aufgefallen sei. Für die Durchsuchung habe ein richterlicher Beschluss vorgelegen.
Ging der Einsatz allerdings vor sich, wie der Kinder- und Jugendhilfeverbund ihn schildert, kam es bei der Durchsuchung zu erheblicher Gewalt: Kurz nach 7 Uhr habe eine Sicherungseinheit der Polizei ohne vorheriges Klingeln die Tür eingetreten, mehrere Teams seien daraufhin eingedrungen. Nur für ein Zimmer habe ein Durchsuchungsbeschluss vorgelegen, alle seien jedoch betreten worden. Die drei dort wohnhaften Jugendlichen hätten zu diesem Zeitpunkt geschlafen.
Tiefe, stark blutende Schnittwunden
Als sie erwachten, seien die beiden nicht tatverdächtigen Jugendlichen körperlich misshandelt worden. Der erste sei auf den Boden geworfen, mit Schlagstöcken geschlagen und sein Arm verrenkt worden. Er sei später notärztlich und im Krankenhaus versorgt worden. Den zweiten Jugendlichen hätten Beamte aus sei aus dem Bett gerissen und in einen Schrank mit Glastür geschleudert. Dabei habe er sich tiefe, stark blutende Schnittwunden an beiden Armen zugezogen. Die größte sei 15 Zentimeter lang. Danach sei er mit Handschellen auf dem Rücken fixiert worden.
Er habe anschließend von den Beamten erstversorgt werden müssen, wurde den Angaben zufolge vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht und dort zwei Mal operiert. Drei Nächte habe er anschließend im Krankenhaus verbracht, werde bis heute nachbehandelt und werde "deutlich sichtbare spuren des Übergriffs davontragen", teilte der Kinder- und Jugendhilfeverbund in seiner Stellungnahme vom Freitag mit. Der tatverdächtige Jugendliche sei trotz Kooperation zu Boden geworfen und aus dem Raum geschliffen worden. Dabei habe er zwei Schürfwunden erlitten.
Die Pressemitteilung des Kinder- und Jugendhilfeverbundes ging am Freitag auch laut Polizeiangaben als Beschwerde dem Bezirksamt Lichtenberg zu. Von dort aus wurde sie weitergeleitet an das Landeskriminalamt, das am Dienstag von Amts wegen Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt gegen Einsatzkräfte einleitete, wie ein Sprecher der Polizei t-online.de schilderte. Weiter wurde die Beschwerde- und die Disziplinarstelle informiert. Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßte die Einleitung von Ermittlungen.
- eigene Recherchen
- Stellungnahme des Kinder- und Jugendhilfe-Verbundes Berlin/Brandenburg