Hunderte Erdogan-Gegner im Visier Länder warnen vor türkischer Spionage
Der türkische Geheimdienst späht in Deutschland offenbar hunderte Menschen aus. Die deutschen Behörden versuchen den Betroffenen nun zu helfen.
Die Behörden verschiedener Bundesländer haben zahlreiche Betroffene vor der Spionage durch den türkischen Geheimdienst MIT gewarnt. Der Verfassungsschutz in Niedersachsen und das Landeskriminalamt (LKA) in Nordrhein-Westfalen hätten Kontakt zu mutmaßlichen Anhängern der Gülen-Bewegung genommen, die auf einer Spionageliste des MIT stünden, berichten die "Süddeutsche Zeitung" sowie NDR und WDR.
Man warne die Menschen, "damit sie wissen, wenn sie in die Türkei reisen, wenn sie türkisches Hoheitsgebiet betreten, dass möglicherweise Repressalien auf sie warten", sagte ein Sprecher des LKA Niedersachsen.
Ausspähen in großem Stil
Der Geheimdienst spähe die angeblichen Anhänger des Predigers Fethullah Gülen in großem Umfang aus, heißt es in dem Bericht. Die MIT-Liste enthalte Namen von mehr als 300 in Deutschland lebenden mutmaßlichen Gülen-Symphatisanten sowie von 200 der Bewegung zuzurechnenden Vereinen, Schulen und anderen Einrichtungen.
Auf der Liste fänden sich auch Meldeadressen, Handy- und Festnetz-Nummern sowie in vielen Fällen Fotos der Betroffenen. Der MIT-Chef habe das Dokument am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, übergeben. Die Spionageabwehr habe begonnen, die Liste auszuwerten um herauszufinden, wie der MIT an die Informationen gekommen ist.
Ermittlungen gegen Moschee-Gemeinden
Bereits seit einiger Zeit ermittelt der Generalbundesanwalt wegen des Verdachts der Spionage beim Dachverband der türkischen Moschee-Gemeinden, Ditib. Imame des Verbandes sollen im Auftrag der türkischen Religionsbehörde Diyanet Informationen über Gülen-Anhänger nach Ankara übermittelt haben.
Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Putsch vom 15. Juli 2016 verantwortlich. BND-Chef Kahl widersprach dieser Darstellung unlängst. "Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu überzeugen. Das ist ihr aber bislang nicht gelungen", sagte er.