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Sahra Wagenknecht: DDR-Bürgerrechtler kritisiert Desinformation beim BSW


Scharfe Kritik an Wagenknecht und BSW
"Kann es sein, dass die Parteigründerin lügt?"

Von t-online, sic

Aktualisiert am 04.08.2024Lesedauer: 4 Min.
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Sahra Wagenknecht (Archivbild): Die Parteigründerin des BSW bekommt harte Kritik von DDR-Bürgerrechtlern. (Quelle: IMAGO/Bernd Elmenthaler/imago)
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Im Osten schneidet die Wagenknecht-Partei BSW in Umfragen besonders stark ab. Doch ausgerechnet aus der ehemaligen DDR ertönt nun scharfe Kritik an der Politikerin.

In wenigen Wochen finden in drei ostdeutschen Bundesländern Wahlen statt. Sahra Wagenknecht und ihre neue Partei BSW können laut Umfragen dabei aus dem Stand auf ein starkes Ergebnis hoffen. Doch nun bekommt Wagenknecht ausgerechnet von Mitgliedern der Bürgerbewegung in der DDR Gegenwind. In einem offenen Brief werfen sie der BSW-Chefin und anderen Parteimitgliedern Lügen und Desinformation bezüglich des Kriegs in der Ukraine vor.

So behaupteten BSW-Mitglieder immer wieder, dass in der Ukraine Faschisten regieren würden. "Wie soll das gehen, wenn sowohl Präsident als auch Ministerpräsident Juden sind?", fragen die Unterzeichner in dem Brief. Sie prangern an, dass das BSW auf die Zustände in Russland nicht eingeht: Dabei herrsche mit Wladimir Putin im Kreml ein Autokrat, der sich wie ein Faschist benehme, Opposition verbiete und prominente Oppositionelle umbringen lasse. "Warum spricht das BSW die Abschaffung der Medienfreiheit in Russland nicht an?"

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Tatsächlich hatte Wladimir Putin seinen Befehl zum Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 unter anderem damit begründet, dass in der Ukraine angeblich ein "Nazi-Regime" herrsche. Die Kremlpropaganda wiederholt diesen Vorwurf regelmäßig. Wie in vielen Ländern gibt es in der Tat in der Ukraine rechtsextreme Bewegungen, die jedoch nicht das allgemeine Stimmungsbild der Bevölkerung abbilden. Bei den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2019 erreichte ein rechtsextremes Parteienbündnis lediglich 2,15 Prozent.

"Das BSW darf ungestraft Lügen verbreiten"

Die Unterzeichner erinnern zudem an ihren Kampf für Meinungsfreiheit in der DDR. In den 1980er-Jahren hätten sie im Selbstverlag Zeitungen herausgebracht. "Dieser Druck auf eigenen Maschinen war nicht ungefährlich, denn auf diese illegalen Vervielfältigungen und Verbreitungen standen Gefängnisstrafen, ähnlich wie im heutigen Russland", schreiben sie. "Das BSW dagegen darf ungestraft Lügen über eine angeblich faschistische Ukraine verbreiten."

Ferner zählen die Unterzeichner weitere Fälle von Desinformation vonseiten Wagenknechts und des BSW auf: So habe die Partei schnell die Falschmeldung über angeblich in der Ukraine eingesetzte französische Soldaten aufgenommen, obwohl der französische Präsident Emmanuel Macron dementiert habe. Die Meldung hat demnach zuerst der russische Staatssender Sputnik verbreitet, der in der EU gesperrt ist.

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Zudem habe Wagenknecht in öffentlich-rechtlichen Sendern behauptet, dass Militärexperten die Niederlage der Ukraine prognostizieren würden: "Tatsächlich waren das aber längst nicht alle Experten", heißt es in dem Brief. Die Unterzeichner zählen dazu mehrere Fachleute wie etwa den Sicherheitsexperten Carlo Masala auf, die diese Prognose nicht teilten.

"Kann es sein, dass die Parteigründerin lügt?"

Auch als Russland Anfang Juli das größte Kinderkrankenhaus der Ukraine in Kiew angriff, habe Wagenknecht Desinformation verbreitet. In einer Sendung der ZDF-Talkshow "maybrit illner" hatte Wagenknecht behauptet: "Es kann sein, dass die Ukrainer lügen." Wie die Sendung verlief, können Sie hier nachlesen. "Lügen und Desinformation – eine uns aus der DDR wohlbekannte Praxis", heißt es in dem Brief. Eine Chronik der russischen Desinformation zu dem Angriff finden Sie hier.

"Kann es sein, dass die Parteigründerin lügt?", fragen die Unterzeichner. "Ja, es kann nicht nur sein, es ist offensichtlich so." Die demokratischen Parteien – "wir denken hier insbesondere an die CDU" – sollten sich daher überlegen, ob sie nach den Landtagswahlen "mit derartigen Lügnerinnen und Lügnern" koalieren oder sich von ihnen tolerieren lassen wollten.

"Sie sollten sich auch viel klarer als bisher vom BSW wegen seiner Vorstellungen eines 'nationalen Sozialismus' distanzieren", heißt es weiter. Mit dem BSW sei eine weitere Partei in das "dubiose Spektrum deutscher prorussischer Parteien" eingetreten. Dazu nennen sie die AfD und die MLPD.

Video | Wagenknecht gibt Ampel die Schuld am AfD-Erfolg
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Quelle: reuters

Zahlreiche Unterzeichner aus DDR-Bürgerrechtsbewegung

Mit dem Vorwurf des "nationalen Sozialismus" meinen die Verfasser des Briefes vermutlich die von manchen Experten attestierte linkskonservative Ausrichtung des BSW. So geht der Politikwissenschaftler Aiko Wagner davon aus, dass aus dem BSW eine "links-autoritäre, populistische Partei" entstehen werde. Laut dem Parteienforscher Benjamin Höhne besetze das BSW "das Feld, in dem es stark um soziale Gerechtigkeit, Umverteilung und staatliche Eingriffe in die Wirtschaft geht", sagte er n-tv. "Aber, und das ist der entscheidende Punkt, dies alles gilt, zugespitzt formuliert, nur für Deutsche."

Der offene Brief wurde unter anderem vom Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk auf der Plattform X geteilt. Kowalczuk zählt jedoch nicht zu den Unterzeichnern. Den Brief unterzeichnet haben demnach Martin Böttger, Marianne Birthler, Rainer Eckert, Markus Meckel, Reinhard Weißhuhn, Christian Dietrich, Katrin Eigenfeld, Joachim Goertz, Christian Halbrock, Gerold Hildebrand, Almut Ilsen, Gisela Kallenbach, Uwe Lehmann, Thomas Pilz, Ulrike Poppe, Utz Rachowski, Lothar Rochau, Mario Schatta, Siegbert Schefke, Jutta Seidel, Barbara Sengewald, Wolfram Tschiche, Esther-Marie Ullmann-Goertz, Reinhard Weißhuhn und weitere Mitglieder der DDR-Bürgerbewegung.

Ab den 1970er-Jahren waren in vielen osteuropäischen und sozialistisch geprägten Ländern Bürgerrechtsgruppen entstanden, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten einsetzten. Das SED-Regime in der DDR ging mit Repressionen gegen die Gruppen vor. Dennoch entstanden während der 1980er-Jahre weitere Gruppen, die auch die Konfrontation mit der DDR-Staatssicherheit eingingen.

Verwendete Quellen
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