t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikDeutschland

Historischer Rechtsruck in den Niederlanden: Wilders siegt bei Wahl


Historischer Rechtsruck in den Niederlanden
Als Erstes will Geert Wilders den "Asyl-Tsunami" begrenzen

Von dpa, afp, aj, tos

Aktualisiert am 23.11.2023Lesedauer: 3 Min.
Player wird geladen
Geert Wilders: Er lässt sich nach Bekanntwerden der ersten Wahlprognose von seinen Anhängern feiern. (Quelle: reuters)

Jetzt sind die Rechtspopulisten auch in den Niederlanden ganz groß: Der Islam-Gegner Geert Wilders hat die Parlamentswahl gewonnen.

Die Niederlande stehen nach dem triumphalen Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders bei der Parlamentswahl vor einem historischen Rechtsruck. Der Rechtsaußen will nun mit seiner islamfeindlichen Partei regieren und Nachfolger des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte werden, der nach einer Rekordamtszeit von der nationalen Politikbühne abtritt. Doch ob Wilders' Partei wirklich ein Bündnis mit anderen Partnern schmieden kann, ist offen. Denn Koalitionsverhandlungen dürften schwierig werden.

"Das Signal, das der niederländische Wähler nun gibt, ist: Es muss anders werden", sagte Wilders am späten Mittwochabend. "Die Niederländer müssen wieder Nummer eins sein."

Wilders will "Premier aller Bürger sein"

Wilders zeigte sich sehr bemüht, Ängste vor einem zu radikalen Vorgehen seiner Partei zu zerstreuen. Er wolle ein "Premier aller Bürger sein". Die von ihm angestrebte Zwangsschließung von Moscheen sei aktuell kein Thema, versicherte er. Priorität habe jetzt, den "Asyl-Tsunami" zu begrenzen.

In seinem Parteiprogramm fordert der 60-Jährige, Moscheen und den Koran zu verbieten und spricht sich für den Nexit aus – den Austritt der Niederlande aus der EU. Auch will er die Grenzen schließen, Flüchtlinge und Arbeitsmigranten nicht mehr ins Land lassen und Klimaschutz als politisches Ziel abschaffen.

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Ob Wilders regieren kann, ist ungewiss

Noch ist allerdings unklar, ob Geert Wilders wirklich regieren kann. "Ich glaube, dass wir jetzt alle über unseren Schatten springen müssen", so Wilders. Auf keinen Fall dürfe der Wählerwille ignoriert werden.

Schon am Wahlabend hatte der Chef der neuen Zentrumspartei NSC Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert. Und auch VVD-Chefin Yesilgöz scheint nicht abgeneigt. Erst einmal sei nun Wilders am Zug, sagte sie: "Wir werden das in der Fraktion gut abwägen. Dann schauen wir, wohin das führt."

Die PVV ist eine Ein-Mann-Partei

Kurios ist auch die Zusammensetzung der Partei für die Freiheit (PVV). Denn Wilders' Partei hat nur ein einziges Mitglied – ihn selbst. So will der Rechtspopulist verhindern, dass ihn andere Parteimitglieder überstimmen und das Zepter übernehmen können.

Umfragen haben mehrfach ergeben, dass Wilders-Wähler ihre Zukunft tendenziell pessimistisch einschätzen und Angst vor Veränderungen haben. Sie wohnen häufig in stagnierenden Industriegebieten oder auf dem Land, wo die Jungen wegziehen. Zu Wilders' Parolen gehört deshalb nicht nur "Der Islam gehört nicht zu den Niederlanden", sondern auch "Mehr Personal in der Pflege" und "Niedrigere Mieten und Steuern".

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Wilders' Partei kommt bislang auf 37 Sitze

Nach einer Hochrechnung, die die Nachrichtenagentur ANP am frühen Donnerstagmorgen veröffentlichte, dürfte Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) auf 37 der 150 Sitze in der Zweiten Kammer des Parlaments kommen, die vergleichbar mit dem Deutschen Bundestag ist. Das wären mehr als doppelt so viele Mandate wie bei der vorherigen Wahl 2021. Die Zahlen basieren auf rund 94 Prozent der bundesweit ausgezählten Stimmen.

Zweitstärkste Kraft ist demnach das rot-grüne Bündnis mit dem früheren EU-Kommissar Frans Timmermans an der Spitze, das auf 25 Sitze hoffen kann – acht mehr als bislang. Ruttes rechtsliberaler VVD mit der Spitzenkandidatin Dilan Yesilgöz werden nur noch 24 Sitze zugerechnet – zehn weniger als bei der vorigen Wahl. Die erst vor wenigen Wochen gegründete Partei des ehemaligen Christdemokraten Pieter Omtzigt, der Neue Soziale Vertrag (NSC), kommt laut Hochrechnung auf 20 Sitze. Für eine koalitionsfähige Mehrheit wären also mindestens drei Parteien nötig.

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Der Wahlsieg der mit islam- und ausländerfeindlichen Parolen punktenden VVD in den als liberal geltenden Niederlanden schockte viele etablierte Parteien. Nicht nur Flüchtlingsorganisationen und muslimische Verbände reagierten entsetzt. Andere Rechtspopulisten in Europa hingegen bejubelten Wilders' Triumph. "Herzlichen Glückwunsch zu diesem großen Erfolg. Ganz Europa will die politische Wende!", schrieb AfD-Chefin Alice Weidel im Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter. Auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und die französische Rechtsnationalistin Marine Le Pen gratulierten Wilders.

Wahlkampf und vorgezogene Wahl

Im Endspurt des Wahlkampfes hatte Wilders in den Umfragen zugelegt und die Favoritin Yesilgöz abgehängt. Viele sehen die rechtsliberale Frontfrau als mitverantwortlich dafür an. Sie habe Wilders endgültig salonfähig gemacht, meinen Kritiker. Während Yesilgöz eine Koalition mit Wilders nicht ausgeschlossen hatte, war ihr Parteifreund Rutte stets als vehementer Gegner eines Bündnisses aufgetreten.

Die vorgezogene Parlamentswahl wurde notwendig, nachdem Ruttes Mitte-Rechts-Koalition im Sommer nach nur 18 Monaten zerbrochen war. Anlass dafür war ein Streit über die Migrationspolitik. Rutte, der mit 13 Jahren am längsten amtierende Ministerpräsident der niederländischen Geschichte, kündigte daraufhin seinen Abschied aus der nationalen Politik an. Er will jetzt Nato-Generalsekretär werden. Bis zur Vereidigung einer neuen Regierung soll Rutte aber im Amt bleiben.

Die Wahlbeteiligung war dieses Jahr laut der Zeitung "De Telegraaf" etwas niedriger als in den vergangenen Jahren. Bei knapp über 96 Prozent der ausgezählten Stimmen lag sie bei 77,8 Prozent. Im Jahr 2021 waren es 78,7 Prozent. Im Jahr 2017 gaben 81,6 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab.

Verwendete Quellen
  • telegraaf.nl: Liveticker zur Wahl
  • Nachrichtenagentur dpa und AFP
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website