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Streit um Hambacher Forst: RWE erwartet Rodungsstopp bis Ende 2020


Streit um Hambacher Forst
RWE erwartet Rodungsstopp bis Ende 2020

Von dpa
Aktualisiert am 05.10.2018Lesedauer: 3 Min.
Rodung vorerst gestoppt: Ein Bagger des Energiekonzerns RWE fährt durch den Hambacher Forst.Vergrößern des Bildes
Rodung vorerst gestoppt: Ein Bagger des Energiekonzerns RWE fährt durch den Hambacher Forst. (Quelle: Christophe Gateau/dpa-bilder)

Zwei Erfolge für die Naturschützer im Hambacher Forst: Der Wald darf nicht gerodet werden, entschied ein Gericht am Vormittag. Am Nachmittag dann der nächste Richterspruch: Die verbotene Großdemo am Samstag darf doch stattfinden.

Die heftig umstrittenen Rodungspläne von RWE im Braunkohlegebiet Hambacher Forst bei Aachen sind vom Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) vorläufig gestoppt worden. Das Gericht entsprach mit seiner überraschenden Entscheidung am Freitag einem Eilantrag des Umweltverbandes BUND.

Ebenfalls per Eilantrag hatte sich der Verein "Naturfreunde Deutschland" an das Verwaltungsgericht Aachen gewandt. Die Polizei hatte eine für Samstag geplante Großdemo verboten. Das Gericht aber gab den Naturschützern Recht: Es spreche "Überwiegendes" dafür, dass das von der Aachener Polizei ausgesprochene Verbot der Demonstration rechtswidrig sei.

Rodungsstopp kostet RWE dreistelligen Millionenbetrag

RWE geht nun von einem Rodungsstopp bis Ende 2020 aus. Es sei damit zu rechnen, dass "möglicherweise erst Ende 2020" eine bestandskräftige Gerichtsentscheidung vorliegen werde und RWE die Rodung erst anschließend wieder aufnehmen dürfe, erklärte das Unternehmen. Das werde auch das Geschäftsergebnis ab 2019 belasten.

Der Energiekonzern wollte in den kommenden Monaten gut 100 Hektar des alten Waldes fällen, um den benachbarten Braunkohle-Tagebau zu erweitern. Umweltschützer hatten dagegen seit Wochen vehement protestiert.

Lebensraum seltener Fledermäuse

Im Streit um die Rodung hatte der BUND argumentiert, dass der Wald mit seltenen Tieren wie der Bechsteinfledermaus oder dem großen Mausohr die Qualitäten eines europäischen FFH-Schutzgebietes habe und deshalb geschützt werden müsse. Das Gericht erklärte, die Unterlagen dazu umfassten mehrere Kisten, die Rechtsfragen seien so komplex, dass man sie nicht in einem Eilverfahren beantworten könne.

Die Rodung müsse vorerst gestoppt werden, damit bis zum Hauptverfahren nicht "vollendete, nicht rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen" würden, teilte das Gericht mit. RWE äußerte sich zunächst nicht zu der Entscheidung.

Der früher einmal 4100 Hektar große Wald mit Jahrhunderte alten Buchen und Eichen liegt am größten europäischen Braunkohle-Tagebau zwischen Aachen und Köln. Er gilt mittlerweile als Symbol für den Widerstand gegen die Braunkohle-Verstromung und für den Klimaschutz.

RWE spricht von möglichen Milliarden-Kosten

RWE hält die Rodungen in den nächsten Monaten für "zwingend erforderlich". Eine vorübergehende Aussetzung der ab Oktober geplanten Abholzung würde die Stromerzeugung in den Kraftwerken in Frage stellen, hatte der Konzern argumentiert. Wegen des freiwilligen Verzichts auf Rodungen im vergangenen Jahr gebe es keinen zeitlichen Puffer mehr.

Ein kurzfristiger Verzicht würde das Unternehmen Milliarden kosten, hatte RWE argumentiert. Außerdem hingen rund zehntausend Jobs am Braunkohletagebau. Das Gericht hielt RWE allerdings vor, die Notwendigkeit der Rodungen für die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland nicht ausreichend belegt zu haben.

Wann im juristischen Streit zwischen dem Bund für Umwelt und Naturschutz und dem Land Nordrhein-Westfalen eine endgültige Entscheidung fällt, ist nicht absehbar. In den nächsten Wochen werde noch kein Verhandlungstermin festgelegt, sagte eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts Köln, das für die Entscheidung im Hauptsacheverfahren zuständig ist. RWE äußerte sich zunächst nicht zu der Entscheidung.

Klimaaktivisten hatten über Jahre mit einer Wald-Besetzung gegen die Braunkohle und für den Klimaschutz demonstriert. Immer wieder wurden RWE-Mitarbeiter und Polizisten angegriffen. Zu Demonstrationen und "Waldspaziergängen" kamen Tausende Demonstranten. Mehr als 80 Baumhäuser wurden geräumt. Als Mitte September ein Journalist von einer Brücke zwischen zwei Baumhäusern in den Tod stürzte, heizte das die Emotionen weiter an.

Laschet spricht von Chance zum Innehalten

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hatte den Kreis Düren und die Stadt Kerpen angewiesen, die im Wald errichteten Baumhäuser von Rodungsgegnern aus Sicherheitsgründen zu räumen. Nun riet NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zum Innehalten. "Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster ist eine Chance, innezuhalten und nach Lösungen zu suchen, die die Energieversorgung und Arbeitsplätze sichern und den Schutz von Natur und Umwelt gewährleisten", erklärte Laschet am Freitag.

"Weder RWE noch Armin Laschet haben in den vergangenen Wochen etwas zur Befriedung des Konfliktes beigetragen", kritisierte dagegen die NRW-Grünen-Chefin Mona Neubaur. Die Landesregierung müsse nun eine neue Leitentscheidung zur Verkleinerung des Braunkohletagebaus vorbereiten, forderte Neubaur. Nach der aktuell gültigen Leitentscheidung, die noch zur rot-grünen Regierungszeit verabschiedet worden war, ist der Braunkohletagebau bis 2045 genehmigt.

Verwendete Quellen
  • dpa
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