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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Maischberger" Unternehmer gibt Trump-Musk-Duo noch maximal ein Jahr

Hat die Union die Wähler in Sachen Schuldenbremse getäuscht? Nicht so wichtig, findet die "Maischberger"-Talkrunde und blickt lieber sorgenvoll nach Amerika.
Sandra Maischberger versuchte am Mittwochabend mit ihren Talkgästen etwas Ordnung in die Ereignisse der politisch turbulenten vergangenen Tage zu bringen. Im Fokus stand dabei neben der jüngsten Rede von Donald Trump die Frage, ob Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz die Wähler belogen habe, weil er sein Wahlkampfversprechen, an der Schuldenbremse festhalten zu wollen, noch vor der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gebrochen hat.
Gäste:
- Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender
- Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitiker
- Martin Richenhagen, deutsch-amerikanischer Manager
- Harald Lesch, Wissenschaftsjournalist
- Hannah Bethke, "Welt"-Redakteurin
- Markus Feldenkirchen, "Spiegel"-Autor
"Ganz ehrlich gesagt, das ist mir egal", kommentierte der Wissenschaftsjournalist Harald Lesch diesen Punkt lapidar. Bei dem Handlungsdruck, unter dem die noch zu bildende Regierung stehe, sei es ratsam, den Blick nach vorne auf die Herstellung der Verteidigungsfähigkeit und notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen zu richten.
Auch die "Welt"-Journalistin Hannah Bethke sah keine große Schuld bei Merz. Dieser habe den Ernst der Lage erkannt und mit seinen Investitionsplänen in Militär und Infrastruktur ein wichtiges Zeichen der Stabilität ausgesandt. Das sei keine Frage von fehlendem Anstand, Zynismus oder Wahlbetrug, sondern höchstens eine Fehleinschätzung von Merz.
Mit Trumps Abkehr von westlichen Partnern und der Demütigung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe sich die Ausgangslage in unerwartetem Tempo verändert. "Prophet ist ja niemand", verteidigte Bethke den vermutlich künftigen Kanzler.
Zweifel an Söders strategischer Intelligenz
Ungleich härter fiel das Urteil des "Spiegel"-Autors Markus Feldenkirchen aus, der das Investitionsprogramm zwar guthieß, aber Merz' Schlingerkurs kritisierte. "Wenn ich von den Grünen wäre, ich würde mich eigentlich auch ziemlich gelinkt fühlen", monierte der Journalist und Podcaster. Im Gegensatz zum CDU-Chef hätten der noch amtierende SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz und die Grünen schließlich den Mut gehabt, die großen gegenwärtigen Herausforderungen und deren Unvereinbarkeit mit der Schuldenbremse im Wahlkampf zu thematisieren.
Auch mit dem CSU-Chef Markus Söder und dessen gestrigem Auftritt beim politischen Aschermittwoch ging Feldenkirchen hart ins Gericht. Der bayerische Ministerpräsident hatte dabei ganz in der Tradition der bierseligen Parteiveranstaltung zünftig gegen die politische Konkurrenz ausgeteilt.
In diesem Fall traf es besonders die Grünen, deren Zustimmung allerdings zur Zweidrittelmehrheit für ein Votum über die Schuldenbremse benötigt wird. "Seit wann haben selbst ernannte Konservative so etwas wie zwischenmenschliche Umgangsformen verlernt?", fragte Feldenkirchen sich und seine Mitdiskutanten. Das zeuge weder von gutem Geschmack noch von strategischer Intelligenz. Lesch nannte Söders Rede gar katastrophal und erbärmlich. Der politische Schaden sei enorm.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil drückte sich angesichts der absehbaren Koalitionsverhandlungen mit den Unionsparteien diplomatischer aus.
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"Man demütigt sich nicht in solchen Situationen, wir brauchen die Grünen", so der sozialdemokratische Chef-Verhandler. Gleichzeitig machte Klingbeil klar, dass der Ausgang der Sondierungsgespräche mit der Union keineswegs festgeschrieben sei. Faktische Grenzschließungen werde seine Partei beispielsweise nicht mitmachen, erklärte der SPD-Politiker.
SPD-Chefverhandler Klingbeil gegen Wehrpflicht
Beim Thema Wehrpflicht betonte Klingbeil das Prinzip der Freiwilligkeit und die Bedeutung guter Perspektiven für den Bundeswehrnachwuchs. Hohe Investitionen in das Militär seien allerdings unumgänglich. Man müsse den Schuss in Europa endlich hören und liefern. "Wladimir Putin lässt sich von der Schuldenbremse nicht beeindrucken", resümierte der Sozialdemokrat.
Dass dies auch auf US-Präsident Trump zutrifft, war unter den Talkgästen unstrittig und stieß sogar auf Verständnis. "Es gibt kein dauerhaftes Recht auf amerikanischen vollumfänglichen Schutz", konstatierte etwa Feldenkirchen. Seine Hoffnungen ruhten hier auf Merz, der als Europäer groß geworden sei und sich um eine gemeinsame Lösung bemühen werde, sagte der Journalist.
"Trump wird lernen, vor Merz auch Respekt zu haben", war sich der deutsch-amerikanische Unternehmer Martin Richenhagen sicher. Der ehemalige CEO des US-Landmaschinenherstellers AGCO, der während der ersten Trump-Amtszeit persönlich mit dem amerikanischen Präsidenten verhandeln musste, ließ kaum ein gutes Haar an dessen Charakter und Kompetenz.
Hartes Urteil über Trump
Trump sei ein unterbelichteter Lügner, Schummler und Sprücheklopfer, der sich ungerechtfertigterweise etwas auf sein Verhandlungsgeschick einbilde. Außerdem sei er sehr eitel, weshalb deutsche und europäische Politiker gut daran täten, ihn nicht zu offen zu kritisieren. "Der nimmt das sehr übel", mahnte Richenhagen.
Trumps Sympathien lägen ohnehin nicht bei den liberalen europäischen Demokratien, ergänzte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Der US-Präsident und sein Lager sähen in ihnen eine europäische Fortsetzung des liberalen Amerikas, also des innenpolitischen Gegners. Über die übergeordneten Ziele Trumps konnte auch der erfahrene Transatlantiker nur spekulieren. Er wolle als großer Friedensbringer in die Geschichte eingehen, vermutete Röttgen. Um dorthin zu gelangen, wolle er die Ukraine dazu zwingen, das Verhandlungsergebnis zwischen USA und Russland zu akzeptieren.
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Wie launenhaft und selbstbezogen Trump tatsächlich sein könne, versuchte der ehemalige Manager und Trump-Berater Richenhagen auch am Beispiel des Tesla-Chefs Elon Musk deutlich zu machen. Dieser sei zwar aktuell der große Trump-Einflüsterer, werde aber schon bald in Ungnade fallen. "Meine Prognose ist: Das wird nicht ein Jahr halten."
"Sie kennen ja beide. Warum wird das nicht halten?", fragte Maischberger nach. "Weil die beide verrückt sind", so Richenhagen unumwunden. Es werde schon bald zu einer Eskalation zwischen den beiden großen Egomanen kommen. "Da können Sie mich dran messen", bekräftige der Unternehmer seine Prognose und lud sich damit praktisch selbst zu einer weiteren "Maischberger"-Sendung ein, was die Moderatorin dankbar aufgriff.
- ARD-Sendung "Maischberger" vom 5. März 2025