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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Empörung über Minister-Bild Die Revanche für den Laschet-Lacher?
Anstoßen im Kriegsgebiet: Bilder von Nancy Faeser und Hubertus Heil sorgen bei der Opposition für Empörung. Ein echter Skandal – oder doch nur ein politisches Manöver?
Die Stimmung wirkt ausgelassen, die Sonne strahlt und es wird herzlich gelacht – das Sektglas in der Hand. Einige Fotos der Ukraine-Reise von Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil werden in den sozialen Medien eifrig verbreitet und kritisch kommentiert.
Sie zeigen die beiden SPD-Politiker auf einem Balkon der Residenz der deutschen Botschafterin in Kiew. Neben ihnen stehen Botschafterin Anka Feldhusen und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko, alle vier mit Sektglas. Nachrichtenagenturen verbreiteten noch weitere Motive. Auf ihnen ist auch Vitali Klitschkos Bruder Wladimir zu sehen. Mal deuten Faeser und Feldhusen lachend in die Kamera, mal sind die Politiker offenbar in Gespräche vertieft.
Große Empörung riefen jedoch nur die Motive mit Sektglas hervor. Dahinter steht die Frage: Anstoßen im Kriegsgebiet – ist das für Staatsgäste angemessen?
"Wirkung dieses Bildes spricht Bände"
"Bilder haben eine Wirkung – und die Wirkung dieses Bildes spricht Bände", kritisiert etwa Mario Czaja, Generalsekretär der CDU, am Dienstag auf Twitter. Von der versprochenen "Zeitenwende" der SPD bleibe folgendes Bild übrig: "Mit Champagner in der Hand einen Logenplatz ergattern", so Czaja.
Sein Parteikollege Matthias Hauer kommentierte etwas gelassener: "Die Minister könnten meinetwegen auf dem Balkon kistenweise Champagner trinken", so der CDU-Politiker. Bedingung aber sei, dass sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit seiner Partei für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine einsetze.
Andere Nutzer vergleichen das Bild mit dem Lacher Armin Laschets. Der ehemalige Kanzlerkandidat der CDU war für ein Foto aus dem Flutgebiet im Ahrtal scharf kritisiert worden, als er bei einer Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier herzhaft lachte. "Wenn Merz so ein Bild aus dem Kriegsgebiet produziert hätte, oder Laschet so gelacht hätte ..... wäre der Aufschrei groß gewesen", schreibt etwa Alexander Rulitschka, Vorsitzender der Jungen Union München-Nord.
Doch nicht alle finden die Aufregung gerechtfertigt. Journalist Jan Schipmann etwa sieht in der Aufregung vonseiten der CDU ein politisches Manöver. "Da haben einige einfach Bock auf 'ne Laschet-Revanche", schreibt er auf Twitter.
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Sektlaune beim Abendessen
Doch weg von Merz oder Laschet – zurück zu Faeser und Heil: Wie ist das Foto überhaupt entstanden?
Die beiden Bundesminister waren am Montag in der Ukraine eingetroffen. Wie andere Politiker der Bundesregierung vor ihnen reisten sie mit dem Nachtzug an. Im Mittelpunkt ihrer zweitägigen Reise standen vor allem Hilfen zum Wiederaufbau der Ukraine sowie zur Aufklärung von Kriegsverbrechen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Nach einem Besuch in der nahezu vollständig zerstörten Stadt Irpin ging es für sie weiter nach Kiew. In der ukrainischen Hauptstadt herrscht trotz des russischen Angriffskrieges ein Stück weit Normalität. Botschafterin Feldhusen hatte zu einer Dialogrunde in ihre Residenz geladen, teilen das Bundesinnenministerium und das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage von t-online mit. Dabei habe auch ein gemeinsames Abendessen stattgefunden. In diesem Rahmen seien die Schnappschüsse entstanden.
Zur Kritik an dem Bild wollten sich die Sprecher der beiden Ministerien nicht äußern. Möglicherweise war jedoch allen Anwesenden bewusst, was folgen könnte. So existiert neben dem Bild der heiteren Sektrunde noch ein weiteres Gruppenfoto vom Balkon. Es zeigt Faeser, die beiden Klitschko-Brüder und Heil lächelnd, aber zurückhaltend – das Glas haben sie weggestellt.
- Anfrage an das Bundesinnenministerium
- Anfrage an das Bundesarbeitsministerium
- Twitter: Profil von Mario Czaja
- Twitter: Profil von Alexander Rulitschka
- Twitter: Profil von Jan Schipmann