Parteitag der US-Demokraten Obama geht hart mit Trump ins Gericht – Trump kontert
Es ist nicht üblich, dass ein Ex-Präsident den Amtsinhaber scharf kritisiert. In seiner Rede beim Parteitag der Demokraten hält Barack Obama sich nicht zurück. Donald Trump reagiert mit einer Kampfansage.
Der frühere US-Präsident Barack Obama hat dem republikanischen Amtsinhaber Donald Trump Versagen vorgeworfen. "Donald Trump ist nicht in den Job hineingewachsen, weil er es nicht kann. Und die Folgen dieses Versagens sind schwerwiegend", sagte Obama bei seiner Rede im Rahmen des virtuellen Parteitags der Demokraten am Mittwochabend (Ortszeit) von Philadelphia aus. Obama sprach mit Blick auf die Wahl am 3. November eine düstere Warnung aus: "Diese Regierung hat gezeigt, dass sie unsere Demokratie niederreißen wird, wenn das nötig ist, um zu gewinnen."
Obama hat sich mit Kritik an seinem Nachfolger bislang zurückgehalten. Generell ist es nicht üblich, dass ein Ex-Präsident den Amtsinhaber scharf kritisiert. Er verteidigte dies: "Es ist keine normale Zeit. Also möchte ich heute Abend so deutlich, wie ich kann, darüber sprechen, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht." Es gehe um die Demokratie, warnte Obama. Was in den kommenden 76 Tagen passiere, werde sich auf die folgenden Generationen auswirken.
Obama warb für den demokratischen Herausforderer Trumps, seinen damaligen Vizepräsidenten Joe Biden. Er und seine Vize-Kandidatin Kamala Harris glaubten daran, dass niemand – auch nicht der Präsident – über dem Gesetz stehe, "und dass kein Amtsträger - auch nicht der Präsident - sein Amt nutzen sollte, um sich selbst oder seine Anhänger zu bereichern".
Trump kontert: "Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld"
Trump konterte dem scharfen Angriff seines Vorgängers und warf Obama Versäumnisse vor. "Präsident Obama hat keinen guten Job gemacht. Und der Grund, warum ich hier bin, ist wegen Präsident Obama und Joe Biden", sagte Trump am Mittwochabend (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. Auszüge aus Obamas Rede waren schon vor seinem eigentlichen Auftritt bekannt geworden.
Hätten Obama und Biden bessere Arbeit geleistet, hätte er sich möglicherweise gar nicht für die Präsidentschaft beworben, sagte Trump. "Ich wäre sehr glücklich gewesen, ich habe mein vorheriges Leben sehr genossen." Obama habe dem Land "Schrecken" hinterlassen, Trump führte aber nicht aus, was er damit meinte.
Auf Twitter schob der Republikaner nach. An Obama und Trumps Rivalin im Wahlkampf 2016, Hillary Clinton, gerichtet schrieb er: "Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld." Dazu veröffentlichte er ein Video, in dem der Obama-Regierung vorgeworfen wird, dass sie aus Verbitterung über die Wahlniederlage alles habe tun wollen, um die Regierung Trumps zu untergraben.
Harris: Trumps Führungsversagen hat Leben gekostet
Auch die oppositionelle US-Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris ging in ihrer Nominierungsrede hart mit Präsident Donald Trump ins Gericht "Donald Trumps Führungsversagen hat Leben und Existenzen gekostet", sagte Harris am Mittwochabend.
"Wir befinden uns an einem Wendepunkt", sagte Harris in ihrer Rede, die sie in Bidens Heimatstadt Wilmington im Bundesstaat Delaware hielt. Sie warf Trump "Inkompetenz" und "Herzlosigkeit" vor. "Wir haben jetzt einen Präsidenten, der aus unseren Tragödien politische Waffen macht", sagte die Senatorin mit jamaikanisch-indischen Wurzeln. Biden werde dagegen "ein Präsident, der uns alle zusammenbringen wird".
Die 55-Jährige bekräftigte die Werte "Anstand und Fairness, Gerechtigkeit und Liebe" und kündigte einen entschlossenen Wahlkampf an: "Bei dieser Wahl haben wir die Chance, den Gang der Geschichte zu verändern", sagte Harris. "Lasst uns mit Überzeugung kämpfen. Lasst uns mit Hoffnung kämpfen. Lasst uns mit Vertrauen in uns kämpfen." Bei einem Wahlsieg würde Harris Geschichte schreiben – als erste Frau und erste Afroamerikanerin würde sie Vizepräsidentin der USA.
Der 77-Jährige Biden wird seine Nominierungsrede am Donnerstag zum Abschluss des viertägigen Parteitags halten. In den Umfragen liegt er derzeit vor dem drei Jahre jüngeren Präsidenten. Die Demokraten müssen aber viele Wähler mobilisieren, wollen sie Trump aus dem Weißen Haus verdrängen, vor allem in den heiß umkämpften Schlüsselstaaten.
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Popstar Billie Eilish ruft zum Wählen auf
Die frühere Außenministerin, Hillary Clinton, warnte am Mittwoch, eine große Wählermobilisierung sei von zentraler Bedeutung. Dies dürfe keine weitere Wahl des "hätte, hätte können, hätte sollen" werden.
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Pop-Nachwuchsstar Billie Eilish führte ihren neuen Song "My Future" auf und appellierte an alle, zur Wahl zur gehen. "Wir müssen alle wählen gehen, als ob unsere Leben und die Welt davon abhingen – weil sie es tun."
- Nachrichtenagentur dpa