Nach Protesten wegen Floyd-Tod Trump will Antifa als "Terrororganisation" einstufen
Die Proteste in mehreren US-Bundesstaaten eskalieren nach dem Tod eines Afroamerikaners weiter. Präsident Trump nutzt Twitter, um zu härterem Durchgreifen aufzurufen.
Nach Ausschreitungen in zahlreichen amerikanischen Städten hat US-Präsident Donald Trump demokratische Bürgermeister und Gouverneure zu einem schärferen Durchgreifen aufgerufen. "Legen Sie eine härtere Gangart ein", schrieb Trump am Sonntag (Ortszeit) auf Twitter. "Diese Menschen sind Anarchisten. Rufen Sie jetzt unsere Nationalgarde. Die Welt schaut zu und lacht Sie und den Schläfrigen Joe aus." Der Republikaner Trump verunglimpft seinen voraussichtlichen Herausforderer bei der Wahl im November, den demokratischen Ex-Vizepräsidenten Joe Biden, regelmäßig als "Schläfrigen Joe".
Zudem hatte Trump per Twitter angekündigt, seine Regierung wolle die Antifa-Bewegung in Amerika als Terrororganisation einstufen. Weitere Einzelheiten nannte er nicht. "Die Vereinigten Staaten von Amerika werden die Antifa als terroristische Organisation benennen", schrieb er.
Der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis hat am Wochenende in den USA zu Protesten und Gewalt geführt. Trotz Ausgangssperren in zahlreichen Städten gingen Menschen die fünfte Nacht in Folge auf die Straßen. Sie protestierten gegen Brutalität, Diskriminierung und Ungerechtigkeit gegenüber Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Präsident Donald Trump macht dafür die linksradikalen Gruppen verantwortlich.
Lob an die Nationalgarde
In weiteren Tweets lobte Trump am Sonntagabend erneut den Einsatz der Nationalgarde im US-Bundesstaat Minnesota, wo die Proteste ausgebrochen waren, und mahnte, die Kräfte hätten früher angefordert werden sollen. In einem anderen Tweet schrieb der Präsident in Großbuchstaben schlicht: "Recht & Ordnung!"
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In Minnesota und in mehreren anderen Bundesstaaten wurde die Nationalgarde bereits mobilisiert, nachdem Demonstrationen in Unruhen und Plünderungen ausarteten. Die Nationalgarde gehört zur Reserve der US-Streitkräfte und kann in Bundesstaaten in Ausnahmesituationen zu Hilfe gerufen werden. In Minneapolis verlängerten die Behörden die nächtliche Ausgangssperre, sie tritt am Sonntagabend erneut um 20.00 Uhr (Ortszeit/3.00 Uhr am Montag MESZ) in Kraft.
Die Nationalgarde solle nun auch in anderen Städten und Bundesstaaten eingesetzt werden, "bevor es zu spät sei", schrieb der US-Präsident weiter. Außerdem kritisierte er, dass einige Medien alles in ihrer Macht stehende täten, um Hass und Anarchie zu schüren. "Solange alle verstehen, dass sie Fake News verbreiten und wirklich böse Menschen mit einer kranken Agenda sind, können wir an ihnen vorbei zur Großartigkeit." Damit spielt er auf seinen Wahlkampf- und Leitspruch "Make America great again" an.
In Minneapolis drängten Sicherheitskräfte Demonstranten mit Tränengas zurück. In anderen Städten von New York bis Los Angeles kam es ebenfalls zu Unruhen und auch zu Plünderungen. Auf Bildern waren vielerorts brennende Autos und Geschäfte zu sehen. In Minneapolis fuhr ein Lkw in eine Ansammlung von Demonstranten. Die Behörden teilten mit, es habe offenbar keine Verletzten gegeben.
Ein Toter bei Protesten in Indiana
In Indianapolis im Bundesstaat Indiana wurde mindestens ein Mensch in der Nähe von Demonstrationen durch Schüsse getötet, wie der Sender NBC News unter Berufung auf die Polizei berichtete. Vize-Polizeichef Josh Barker zufolge gab es mindestens zwei Verletzte. Was genau geschah, war zunächst unklar. Auf Twitter schrieb die Polizei, ihre Beamten seien nicht beteiligt gewesen. Nach Angaben des Senders CNN verhängten mindestens 25 Städte in 16 Bundesstaaten Ausgangssperren.
Nationalgarde für Los Angeles angefordert
In Los Angeles wurde ebenfalls die Nationalgarde angefordert, um weitere Ausschreitungen zu verhindern. Dort gab es insgesamt schon mehr als 500 Festnahmen. Bürgermeister Eric Garcetti sagte im US-Sender Fox News: "Das ist nicht länger ein Protest, das ist Zerstörung." In der zweitgrößten Stadt der USA galt ebenfalls eine Ausgangssperre. Aus Chicago meldeten Medien, das Polizeipräsidium habe für die Beamten 12-Stunden-Schichten angeordnet, um die Proteste unter Kontrolle zu bekommen.
Floyd war am Montagabend nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis gestorben. Einer von vier beteiligten Beamten saß dem 46-Jährigen minutenlang mit dem Knie im Nacken. Die Bitten des Afroamerikaners, ihn atmen zu lassen, ignorierte er. Inzwischen wurde Anklage gegen ihn erhoben. Forderungen wurden laut, auch die drei anderen Polizisten zur Rechenschaft zu ziehen.
Trumps Sicherheitsberater wies Vorwürfe zurück
Trumps Nationaler Sicherheitsberater Robert O'Brien äußerte sich empört, dass die Beamten nichts unternommen hätten. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht angeklagt werden", sagte er dem Sender ABC. Zugleich wies er den Vorwurf zurück, es gebe in der Polizei systematischen Rassismus.
Es gebe ein paar "schwarze Schafe", die rassistisch oder bösartig seien. "Diese Leute müssen wir loswerden", mahnte er – wie den "schmutzigen Polizisten, der George Floyd getötet hat". Der allergrößte Teil der Polizei mache aber hervorragende Arbeit.
- Eigene Recherche
- Twitter: Profil von Donald Trump
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa