Aussage zur Russland-Affäre Mueller enttäuscht die Trump-Gegner
Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Es war ein Spektakel, das Donald Trump in Schwierigkeiten bringen sollte: Sonderermittler Robert Mueller sprach im Kongress über seinen Russland-Bericht – der Auftritt lief nicht wie geplant.
Als Robert Mueller drei Stunden lang Fragen beantwortet hatte und zu einer kleinen Mittagspause den Saal verließ, spendete ein demokratischer Abgeordneter ihm lauten Applaus. Eifrig klatschte der Mann aus Tennessee in die Hände, doch seine Kollegen bleiben so stumm, dass auch er selbst schnell wieder verstummte.
Nein, für die Demokraten war, anders als gehofft, der lang ersehnte Auftritt im Kongress des Sonderermittlers der Russland-Affäre kein Grund zum Feiern.
Die Partei, die so lange für den Auftritt gekämpft hatte, hoffte, dass Mueller Donald Trump Lüge um Lüge überführen und Argumente liefern würde, warum ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten doch noch angezeigt sei.
Doch es kam etwas anders.
Sieben Stunden Verhör
Am Mittwoch vollzog sich im Saal 2141 des zum US-Repräsentantenhaus gehörenden Rayburn Building das politische Spektakel, auf das Washington lange gewartet hatte: Mueller, der Mann dessen Arbeit zwei Jahre lang die US-Öffentlichkeit in Atem gehalten hatte und den Donald Trump zwei Jahre lang zu diskreditieren versuchte, sprach erstmals ausführlich. Die Ausschüsse für Geheimdienste und Justiz nahmen Mueller insgesamt mehr als sieben Stunden ins Verhör.
Embed
Das Interesse in Washington war riesig. Die ersten interessierten Bürger waren am Vorabend gekommen und hatten die Nacht auf den Parlamentsfluren verbracht, in der Hoffnung auf einen Platz im Sitzungssaal. Die TV-Sender übertragen live, die Nachrichtenmedien jagen Eilmeldungen auf die Handys, Trump kommentiert die Aussage per Twitter. denn allen ist klar: Der Auftritt ist potentiell wichtig für die politische Dynamik in Washington.
Mueller hatte untersucht, ob Trump und sein Umfeld Straftaten begangen haben bei den Kontakten zu Russland und bei den Versuchen, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen. Sein 448-seitiger Bericht war so kompliziert, dass jeder herauslesen konnte, was er wollte. Er fand keine Beweise für illegale Geheimabsprachen mit Russland, doch er sprach Trump ausdrücklich nicht von Straftaten beim zweiten Untersuchungsgegenstand frei: der Frage der Justizbehinderung.
Mueller lieferte nicht, was man von ihm erwartete
Jetzt sollte Mueller persönlich für etwas Klarheit sorgen. Doch der Sonderermittler lieferte weder Demokraten noch Republikanern das, was sie sich versprochen hatten.
Mueller gab sich wortkarg. Er hielt sich an das, was in seinem Report steht. So hatte er es vorher angekündigt. Auf viele Fragen antwortete er knapp "Richtig". Meist sagt er aber: "Da muss ich Sie auf den Report verweisen."
Etwas Neues gab es nicht zu hören – denn viele offene Fragen sind Verschlusssache oder Gegenstand anderer Ermittlungen. Zu brennenden Fragen, etwa jener warum er nicht darauf bestand, Trump zu vernehmen, sagte er immer wieder: "Dazu kann ich nichts sagen."
Der 74-jährige frühere FBI-Direktor wirkte anfangs gar fahrig, konnte manche Fragen nicht beantworten. Immer wieder lehnte er sich nach vorn, fragte: "Können Sie die Frage bitte wiederholen?" Mueller kommt mit den schnellen Fragen der Abgeordneten, die jeweils nur fünf Minuten für die Befragung haben, bisweilen nicht zurecht.
Man merkte, wie unwohl er sich fühlte. Die Demokraten mussten ihn zur Aussage praktisch zwingen. Sie glaubten, dass Muellers Aussagen im Fernsehen greifbarer wirken würden als sein Bericht, den ein Großteil der Amerikaner ohnehin nie lesen wird. Doch der Plan funktionierte anfangs nicht.
"Dies ist keine Hexenjagd"
Gerade die drei Stunden im Justizausschuss gerieten zäh – da ging es um die Hinweise darauf, dass Trump die Justiz behindert habe. Lebhafter wurde die Debatte im Geheimdienstausschuss, wo es um Trumps Umgang mit Russland ging. Hier machte Mueller mit seinen knappen Einlassungen zu Trumps Behauptungen Schlagzeilen: "Dies ist keine Hexenjagd", sagte er. Oder die Russland-Affäre sei natürlich keine "Ente".
Lebhaft wurde Mueller, als es um die Vorwürfe der Republikaner ginge, er habe sein Ermittler-Team aus politischen Erwägungen zusammengestellt. Denn so betont freundlich die Fragen der Demokraten waren, so aggressiv gingen die meisten Republikaner Mueller an – ganz so, wie ihr Präsident es vormacht und die Attacken dann im Laufe des Mittwochs auch mit mehreren Tweets aus dem Weißen Haus weiterverbreitete.
Mueller ließ die Anliegen von Demokraten und Republikanern also größtenteils ins Leere laufen. Für dieses Spektakel war er nicht zu haben.
Gefährlicher Umgang mit Geheimdienstinformationen
Später machte Mueller deutlich, wie sehr ihn Trumps Verhalten gegenüber dem Portal WikiLeaks, das die von Russland gehackten Informationen veröffentlichte, besorgt. Er fürchte, sagte er, hier werde ein neuer Normalfall geschaffen, wenn es darum gehe, Informationen ausländischer Geheimdienste anzunehmen.
- Mueller vor Kongress: "Der Präsident wurde nicht entlastet"
- Anhörung: Der schweigsame Herr Mueller redet endlich
- Analyse zum Mueller-Report: Komplett entlastet? Von wegen!
- Kommentar: Trumps düsterer Plan
Das waren wichtige Hinweise, aber keine, die die politische Dynamik ändern. Die demokratische Partei wird weiter gespalten sein bei der großen Frage, ob sie ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump starten soll. Sie zögern, auch weil die letztlichen Erfolgsaussichten wegen der republikanischen Mehrheit im Senat gering sind.
Der von ihnen so heiß ersehnte Mueller-Auftritt hat ihnen die Entscheidung nicht leichter gemacht.
- Eigene Beobachtungen im Kongress