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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Deutsche in US-Abschiebehaft "Als der Grenzbeamte meinen Pass sah, wurde er aggressiv"

Nach ihrer Einreise in die USA sind mehrere deutsche Staatsbürger in Abschiebehaft geraten. Die Betroffenen berichten von harten Bedingungen.
Donald Trump hat die Migrationspolitik der USA deutlich verschärft. Ohne Rücksicht auf Gesetze und Widerspruch von US-Richtern hat seine Regierung zuletzt Menschen aus dem Land abgeschoben. Außerdem kontrollieren Grenzbeamte anscheinend deutlich strenger und versagen zahlreichen Personen die Einreise. Die Fälle zeigen auf, wie Trumps Amerika nun mit Menschen umgehen könnte, die keine US-Staatsbürgerschaft besitzen.
Unter den Betroffenen ist auch Fabian Schmidt. Der 34-jährige Deutsche, der seit 17 Jahren in den USA lebt, wurde nach einem Europabesuch am Flughafen Boston festgenommen. Seit über zwei Wochen sitzt er nun in einer Haftanstalt in Rhode Island. Noch ist unklar, was ihm genau vorgeworfen wird. Es könnte aber um eine jahrealte Ordnungswidrigkeit gehen, sagt seine Mutter. Sie berichtet auch von der brutalen Behandlung ihres Sohnes: Er soll angebrüllt worden sein, habe sich komplett ausziehen müssen und soll per Schlauch mit kaltem Wasser abgespritzt worden sein. Die ganze Geschichte lesen Sie hier.
Auswärtiges Amt reagiert auf Verhaftungen
Neben Fabian Schmidt sitzen noch zwei weitere Deutsche in Abschiebehaft. Deshalb hat das Auswärtige Amt seine Reise- und Sicherheitshinweise für die USA überarbeitet. "Vorstrafen in den USA, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder eine auch nur geringfügige Überschreitung der Aufenthaltsdauer bei Reisen können zur Festnahme, Abschiebehaft und Abschiebung führen", heißt es auf der Webseite des Ministeriums. Ein Sprecher betonte, dass eine ESTA-Genehmigung oder ein Visum nicht automatisch zur Einreise berechtigt. Die Entscheidung liege bei den Grenzbehörden.
Die Bundesregierung steht im Austausch mit anderen europäischen Ländern, um zu prüfen, ob es sich um Einzelfälle handelt oder eine grundsätzliche Verschärfung der US-Einreisepraxis vorliegt. Inzwischen haben auch das Vereinigte Königreich sowie Dänemark und Finnland ihre Reisehinweise aktualisiert.
- Angst vor Abweisung: Was USA-Reisende beachten müssen
- Interview mit Rechtsexperte: Wer das falsch macht, könnte in US-Haft landen
Die Berichte scheinen viele Menschen zu verunsichern, wie eine exklusive Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von t-online zeigt. Demnach würde die Mehrheit der Befragten aufgrund der Festnahmen nicht an ihren Reiseplänen in die USA festhalten wollen.
Das wirkt sich derzeit jedoch noch nicht bei den Fluggesellschaften aus, die in die USA fliegen. Lufthansa teilt auf eine Anfrage von t-online mit: "Beim Reiseverhalten lässt sich keine Änderung erkennen." Das könne aber auch daran liegen, "dass bei Lufthansa der Anteil Geschäftsreisender in der Tendenz höher liegt und wir kein Reiseveranstalter sind, der eine explizite Stornierung verlangt", so das Unternehmen.
Auch die Fluggesellschaft Condor sieht bislang keinen Einfluss auf das eigene Geschäft. "Condor ist aktuell weiterhin zufrieden mit der Nachfrage für Flüge in die USA und kann kurzfristige Auswirkungen auf das Buchungsverhalten nicht bestätigen", teilte das Unternehmen auf Anfrage von t-online mit.
Deutscher in Handschellen und Fußfesseln
Ein weiterer Deutscher, der Erfahrungen mit der US-Abschiebehaft machte, ist Lucas Sielaff. Der 25-Jährige aus Sachsen-Anhalt war mit seiner amerikanischen Verlobten von Mexiko in die USA eingereist, als Grenzbeamte ihn anhielten. "Als der Grenzbeamte meinen deutschen Pass sah, wurde er aggressiv", erzählte er dem "Spiegel". Als er auf Englisch erklärte, dass er in Las Vegas "wohne", glaubten die Beamten, er halte sich illegal in den USA auf.
Er wurde festgenommen, in Handschellen und Fußfesseln gelegt und in einen Bus gebracht. "Ich wurde mit einer Kette um den Bauch fixiert", so Sielaff. Nach zwei Tagen in einer Zelle wurde er in das Otay Mesa Detention Center überstellt, wo er 16 Tage inhaftiert war. "Die Bedingungen waren schlimm", sagte er. Die Zellen seien überfüllt, es gebe kaum Möglichkeiten zu telefonieren, und das Essen sei unzureichend gewesen. Nach zwei Wochen wurde er entlassen und nach Deutschland abgeschoben. Die Deutsche Botschaft habe ihn in der ganzen Zeit nicht unterstützt, so Sielaff.
Kritik an Trump reicht für Ablehnung
Auch in Frankreich ist ein beunruhigender Fall publik geworden. Ein französischer Forscher wurde kürzlich an der Einreise gehindert und zurückgeschickt, weil er eine "persönliche Meinung" zur Forschungspolitik der USA geäußert hatte, berichtet "Le Monde". Die US-Behörden hatten bei der Kontrolle sein Telefon und seinen Computer durchsucht. Dabei fanden sie wohl Nachrichten, in denen er sich kritisch über den Umgang der Trump-Regierung mit Wissenschaftlern geäußert hatte. Die Behörden stuften den Inhalt als "Hass gegen Trump" ein, beschlagnahmten seine Habseligkeiten. Der Wissenschaftler musste am nächsten Tag nach Frankreich zurückfliegen.
Die US-Behörden haben inzwischen bestritten, den Forscher wegen kritischer Nachrichten über Präsident Donald Trump die Einreise verweigert zu haben. "Jegliche Behauptung, wonach die Zurückweisung auf politischen Einstellungen beruhte, ist eklatant falsch", erklärte das US-Heimatschutzministerium. Vielmehr seien auf einem elektronischen Gerät des Wissenschaftlers "vertrauliche Informationen" der für seine Atomforschung bekannten US-Forschungseinrichtung Los Alamos National Laboratory gefunden worden.
Zwar sind auch europäische Reisende betroffen, aber überwiegend geraten wohl vor allem nicht weiße Migranten ins Visier der US-Behörden. Großes Aufsehen erregte der Fall von Mahmoud Khalil. Der palästinensischstämmige Student der Columbia University wurde wegen seiner Teilnahme an Protesten gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen festgenommen. Die Behörden werfen ihm vor, Hamas-verherrlichende Flugblätter verteilt und antisemitische Aussagen gemacht zu haben. Beweise dafür gibt es nicht, sein Umfeld bestreitet die Vorwürfe.
Obwohl Khalil eine Greencard besitzt, wurde er von US-Beamten in seinem Hausflur verhaftet und in einen anderen Bundestaat in Abschiebehaft verfrachtet. Die Trump-Regierung beruft sich dabei auf ein umstrittenes und kaum genutztes Gesetz aus dem Jahr 1789: Der "Alien Enemies Act" erlaubt es dem Präsidenten, Menschen aus "feindlichen Nationen" ohne reguläres Verfahren inhaftieren und abschieben zu lassen.
Politische Eskalation um Abschiebungen
Auf Grundlage dieses Gesetz hat die Trump-Administration zuletzt auch mehr als 200 Migranten nach El Salvador abgeschoben. Bei den Migranten handele es sich um Mitglieder des venezolanischen Kartells Tren de Aragua – die Rede war von "Monstern" und "Terroristen". Bürgerrechtler bezweifeln, dass es sich bei allen von ihnen wirklich um Bandenkriminelle handelt, und sie fordern mehr Transparenz. Ob unter den Abgeschobenen jemand ist, der in den USA wegen eines Verbrechens verurteilt wurde und deshalb in Haft saß, ist unklar.
Der Bundesrichter James Boasberg hatte die Abschiebung per Beschluss untersagt, doch die US-Regierung setzte die Maßnahme dennoch durch. Trump beleidigte Boasberg daraufhin als "linksradikalen Irren und forderte seine Absetzung – der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs der USA stellte sich dagegen hinter den Bundesrichter. Beobachter fürchten, dass die USA in eine konstitutionelle Krise rutschen könnten, wenn Trump die Entscheidungen der Legislative weiter ignoriert.
Zudem kritisieren Menschenrechtsorganisationen und Rechtsanwälte die willkürliche Behandlung von Abschiebehäftlingen. "Es gibt kaum Möglichkeiten, sich rechtlich gegen eine Abschiebehaft zu wehren", sagt Anwalt Patrick Jaicomo vom Institute for Justice. Auch die Bundesregierung fordert, dass "internationale Menschenrechtsstandards gewahrt werden".
ICE-Einrichtungen an der Kapazitätsgrenze
Im März 2025 waren die Haftanstalten der US-amerikanischen Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) mit etwa 47.600 Personen voll ausgelastet. Diese Zahl ist seit Februar 2025 angestiegen, als in den ICE-Einrichtungen bereits 42.000 Migranten inhaftiert waren – obwohl die Behörde nur 38.521 Betten zur Verfügung hat.
Als Reaktion auf die Überfüllung hat die ICE ihre Haftkapazität durch die Übernahme von vier Bundesgefängnissen erweitert und erwägt die Nutzung der US-Marinebasis Guantanamo Bay, um bis zu 30.000 Häftlinge unterzubringen.
All das zeigt: In Trumps Feldzug gegen illegale Migration geraten immer mehr Menschen zwischen die Fronten.
- spiegel.de: "Deutscher Lucas Sielaff in US-Abschiebehaft: 'Ich war wütend, traurig und ängstlich. Ich wollte zu meiner Verlobten'"
- tagesschau.de: "Proteste an der Columbia-Universität: Dutzende Festnahmen bei Demonstration"
- newsweek.com: "Britain Issues Travel Warning Over U.S. Deportations" (Englisch)
- lemonde.fr: "French researcher denied entry to US for expressing personal opinion on Trump policies" (Englisch)
- Anfragen an Lufthansa und Condor
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und afp