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Trump oder Biden? Was der Waffenstillstand über Washington verrät


"Es gibt keine Geheimnisse"
Was der Waffenstillstand über Washington verrät


Aktualisiert am 15.01.2025 - 21:40 UhrLesedauer: 5 Min.
Am 13. November traf Joe Bide im Oval Office zusammen mit Donald Trump: Es wurde ein langes Gespräch.Vergrößern des Bildes
Am 13. November traf Joe Biden im Oval Office zusammen mit Donald Trump: Es wurde ein langes Gespräch. (Quelle: Kevin Lamarque)
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Während Israel und die Hamas endlich eine Waffenruhe vereinbaren, tobt in den USA ein politischer Kampf. Wer ist für den Durchbruch verantwortlich: Joe Biden oder Donald Trump?

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Als am Mittwochabend die seit Monaten herbeigesehnte Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Israel und der Hamas verkündet wurde, war in Washington eine hitzige Debatte bereits in voller Fahrt.

In der Region steht zwar nun tatsächlich ein vollständiger, schrittweiser Abzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen bevor. Die Hamas soll 33 israelische Gefangenen, tot oder lebendig übergeben. Im Austausch wiederum für 1.000 palästinensische Gefangene, die Israel freilassen will. Noch immer aber soll es auch ungelöste Klauseln geben, etwa in Bezug auf die Öffnung des Grenzübergangs Rafah. In Kraft treten soll das Abkommen am Sonntag, also noch vor Trumps Amtsübernahme.

Während also noch immer vieles ungelöst scheint, beanspruchen sowohl die scheidende Biden-Regierung als auch die kommende Regierung Trump diesen Durchbruch und Verhandlungserfolg für sich. Beide Seiten präsentieren das Ergebnis als Beispiel für ihren jeweils erfolgreichen und vorgeblich so anderen Führungsstil.

Während das unermessliche Leid der verbleibenden israelischen Geiseln und der palästinensischen Zivilisten noch immer kein definitives Ende gefunden hat, tobt in den USA der Kampf darüber, wem dieser Erfolg zu verdanken ist. Joe Biden möchte seine Regierung als stabilisierende Kraft in der internationalen Politik darstellen. Es geht ihm insbesondere um sein belastetes außenpolitisches Vermächtnis. (Mehr dazu können Sie hier lesen)

Donald Trump hingegen behauptet weiterhin, Bidens Präsidentschaft habe die Welt überhaupt erst ins Chaos gestürzt und an den Rand eines Dritten Weltkriegs gebracht. Trump möchte sich im Gegensatz dazu als der große Dealmaker und Friedensbringer darstellen und damit eines seiner Wahlversprechen einlösen.

Bidens diplomatische Vorarbeit

Was unbestreitbar ist: Die Biden-Regierung hat sich seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 intensiv und über Monate hinweg mit diesem scheinbar unlösbaren Konflikt befasst. John Kirby, Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, hob die Rolle des Präsidenten bei einer Pressekonferenz an diesem Dienstag darum auch deutlich hervor:

"Wir stehen heute hier, weil die Hamas unter Druck geraten ist", sagte Kirby. Und dieser Druck sei entstanden "durch die Vereinigten Staaten unter Joe Biden, der einen Waffenstillstand zwischen Israel vermittelt hat". Kirby betonte, die Grundlage für die jetzige Vereinbarung sei so "über viele Monate hinweg" geschaffen worden. US-Unterhändler hätten unermüdlich daran gearbeitet, Fortschritte zu erzielen.

Auch Außenminister Antony Blinken lobte die Rolle von Biden und erklärte, der bevorstehende Waffenstillstand sei ein Ergebnis der umfassenden Nahost-Strategie der Regierung. "Dies spiegelt unseren Ansatz wider, die Beziehungen zu Verbündeten zu stärken und gleichzeitig Wege zum Frieden zu suchen", sagte Blinken.

Der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, ergänzte: "Es gibt eine echte Möglichkeit, Frieden zu erreichen, weil wir über die gesamte Amtszeit hinweg diplomatische Bemühungen aufrechterhalten haben."

In einer Fernsehansprache sagte US-Präsident Joe Biden: "Ich habe in meiner Diplomatie nie nachgelassen, um dies zu erreichen." Bald werde er noch mehr darüber sagen. "Im Moment bin ich hocherfreut, dass die Geiseln wieder mit ihren Familien vereint werden." Um 20 Uhr Ortszeit hält Biden seine Abschiedsrede an die Nation, in der er diesen Erfolg erneut erwähnen wird.

Trumps Perspektive: Stärke und Schnelligkeit

Donald Trump hingegen sieht die Waffenstillstandsvereinbarung als Ergebnis seines Wahlsiegs. Auf seiner Plattform "Truth Social" schrieb er, kaum war die Nachricht in der Welt: "Dieses epische Waffenstillstandsabkommen konnte nur dank unseres historischen Sieges im November erreicht werden. Denn das zeigte der Welt, dass meine Regierung Frieden anstrebt und Vereinbarungen trifft, um die Sicherheit der Amerikaner und unserer Verbündeten zu gewährleisten."

Er hob seinerseits die entscheidende Rolle seines Sondergesandten für den Nahen Osten hervor. Schon Anfang Januar hatte er ihn in einer Pressekonferenz in Mar-a-Lago ins Rampenlicht geholt. Steve Witkoff, der seit Wochen tatsächlich immer wieder in der Region war, hat aktiv an den jüngsten Verhandlungen teilgenommen.

Witkoff soll auch laut lokalen Berichten, etwa in der "Jerusalem Post", eine Schlüsselperson gewesen sein, die jedenfalls mithalf, die Verhandlungen zu beschleunigen. Witkoff sagte vor Ort: "Unsere Anwesenheit hier unterstreicht das Engagement von Präsident Trump, Frieden und Stabilität in der Region ab Tag eins sicherzustellen."

Was Trump aktuell allerdings nicht erwähnt: Seine Forderung an die Hamas lautete vor einigen Wochen, dass alle Geiseln freigelassen werden müssten, bevor er sein Amt antreten würde. Er drohte: "Andernfalls wird die Hölle losbrechen."

Das Ergebnis zeigt etwas anderes

Die Wahrheit ist deutlich weniger schwarz-weiß. Denn auch Bidens Unterhändler im Nahen Osten, Brett McGurk, arbeitete monatelang an den Details. Und obwohl Trumps Team mit Steve Witkoff neue Dringlichkeit in die Gespräche brachte, ist der jetzige Deal nur ein erster Schritt. Und dessen Umsetzung muss erst noch erfolgen.

Das jetzige Ergebnis zeigt allerdings, was angesichts der gegensätzlichen Rhetorik aus den politischen Lagern beinahe untergeht: Der Machtübergang in Washington funktioniert. Denn sobald der Wahlsieg von Donald Trump feststand, hat das Weiße Haus das künftige Team offenbar mit ins Boot geholt.

"Es gibt keine Geheimnisse. Wir haben Herrn Witkoff und das neue Team umfassend informiert", beteuerte Bidens Sicherheits-Sprecher John Kirby in Washington. Herr Witkoff stünde vor Ort außerdem auch bis zum heutigen Tag in ständigem Kontakt mit dem Unterhändler der Biden-Regierung.

Es gebe außerdem keine einzige Entscheidung, welche die nationale Sicherheit betreffe, ohne dass das neue Trump-Team darüber informiert worden sei. "Wir haben immer gesagt, was wir tun und warum wir es tun", so John Kirby.

Es bleiben viele ungelöste Probleme

Obwohl sich beide politischen Lager bereits für den aktuellen Erfolg feiern, gibt es noch viele ungelöste Probleme. Viele Geiseln sind noch immer nicht freigelassen, und die logistischen Herausforderungen – einschließlich des Gefangenenaustauschs und des schrittweisen Rückzugs der israelischen Streitkräfte aus Gaza – sind enorm. Es wird Donald Trump sein, der sie ab kommender Woche meistern muss.

Die Rhetorik des neuen Hamas-Anführers Khalil al-Haya in Katar ließ außerdem tief blicken. Der Angriff auf Israel am 7. Oktober werde "für immer eine Quelle des Stolzes für unser Volk sein", sagt er. Dann folgte eine wenig friedvolle Drohung: "Unser Volk wird die Besatzer so schnell wie möglich aus unserem Land und aus Jerusalem vertreiben."

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John Kirby erklärte in Washington die bevorstehenden Komplikationen, schon bevor die offizielle Meldung über die Nachrichtenticker lief: "Sollten wir eine Vereinbarung erzielen, dann wird die Umsetzung der nächsten Regierung zufallen, weil sie mehrere Wochen dauern wird." Und auch die humanitäre Hilfe bleibt eine drängende Frage. Hunderttausende Palästinenser haben keinen Ort mehr zum Wohnen und die Versorgung mit Lebensmitteln und medizinischer Hilfe bleibt desolat. "Aber diese Vereinbarung wird nicht nur die Geiseln nach Hause bringen, sondern auch mehr humanitäre Hilfe ermöglichen."

Die Lage in der Region bleibt instabil und das jetzige Ergebnis wirft in jedem Fall weitere Fragen auf: Warum waren die israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu und die Anführer der Hamas plötzlich zu diesem Schritt bereit? Und was sagt das über die mögliche, künftige Nahostpolitik von Donald Trump? Antworten darauf, wird es wohl erst in den nächsten Tagen und Wochen geben. Und der Nahe Osten ist nur ein Krisenherd von vielen. Auch der Krieg in der Ukraine bleibt bislang ungelöst.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen vor Ort
  • Pressetermin mit John Kirby am 14. Januar 2025 (englisch)

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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