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Fani Willis: Ihretwegen gerät Donald Trump in Panik


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Sein Weg ins Gefängnis wird wahrscheinlich
Ihretwegen gerät Trump in Panik


Aktualisiert am 16.08.2023Lesedauer: 5 Min.
Staatsanwältin Fani Willis klagt Donald Trump wegen 41 Straftatbeständen an, darunter Wahlbetrug und Erpressung.Vergrößern des Bildes
Staatsanwältin Fani Willis klagt Donald Trump wegen 41 Straftatbeständen an, darunter Wahlbetrug und Erpressung. (Quelle: Icon Sportswire/Zuma Wire (Montage t-online)/imago-images-bilder)

Fani Willis ist Bezirksstaatsanwältin in Atlanta und über Nacht zu Donald Trumps gefährlichster Gegnerin geworden. Sie ist die Frau, die er wirklich fürchten muss.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Fani Willis sagte den wartenden Reportern in Atlanta, dass sie eigentlich nur noch ins Bett wolle. Ein paar Fragen würde sie aber noch entgegennehmen. Die Bezirksstaatsanwältin von Fulton County im Bundesstaat Georgia hatte da gerade gegen 23 Uhr Ortszeit die bislang umfassendste Anklage gegen Donald Trump und 18 weitere Mitglieder verlesen.

Die Gruppe soll sich demnach wie im Stil der Mafia oder eines Drogenkartells zu einem kriminellen Vorhaben konspirativ zusammengeschlossen haben. Das Ziel: Trump 2021 im Amt halten und Bidens Einzug trotz Wahlsieg verhindern. Eine nie da gewesene Situation.

Fani Willis, 52 Jahre, ist also müde an diesem Abend. Plötzlich aber dreht die Staatsanwältin auf, sie wirkt hellwach. Eine Reporterin hat Willis gefragt, was sie zu den Anschuldigungen der Republikaner sage, ihre Anklage gegen Trump sei politisch motiviert. Willis antwortet messerscharf: "Ich treffe in diesem Büro Entscheidungen auf der Grundlage von Fakten und Gesetzen. Das Gesetz ist vollkommen unparteiisch." Auf diese Weise habe die Staatsanwaltschaft unter ihrer Führung seit 2021 bereits mehr als 12.000 Anklagen erhoben, sagt Willis. Und so werde es auch in diesem Fall geschehen.

Eine Anklage mit großer Gefahr für Trump

Über Nacht ist die schwarze Staatsanwältin Fani Williams zu Donald Trumps schlimmstem Albtraum geworden. Denn sie könnte den ehemaligen US-Präsidenten tatsächlich ins Gefängnis bringen. Selbst wenn er ins Weiße Haus zurückkehren würde, könnte er sich als neuer Präsident nicht selbst begnadigen. Das ist ein wichtiger Unterschied zu den Verfahren auf Bundesebene. Fani Willis' Anklage und ein möglicher Schuldspruch ist Sache des Bundesstaates Georgia. Daran muss sich auch ein Präsident halten.

Donald Trump weiß das, und wahrscheinlich deshalb arbeitet er sich schon seit Monaten öffentlich an der Staatsanwältin ab. Regelmäßig beschimpft er die schwarze Frau etwa als Rassistin, weil sie es auf ihn als Weißen abgesehen habe. "In Atlanta gibt es eine junge Rassistin", ist ein Satz, den man von Trump so oder ähnlich immer wieder hört. Willis sei zudem korrupt und parteiisch obendrein.

Zumindest der Vorwurf der Parteilichkeit ist im amerikanischen Rechtssystem, von außen betrachtet, nicht so einfach auszuräumen, wie Fani Willis es am Montagabend versuchte.

Eine Spezialität des amerikanischen Rechtssystems

In den USA werden nämlich nicht nur Politiker vom Volk gewählt, sondern auch die Staatsanwälte. Fani Willis ist Mitglied der Demokratischen Partei, deren amtierender Präsident Joe Biden womöglich gegen Donald Trump um den Wiedereinzug ins Weiße Haus kämpfen muss. Sie veranstaltete bei den vergangenen Wahlen im Bundesstaat Georgia 2022 eine Spendengala für einen demokratischen Kandidaten. Ein parteipolitischer Interessenskonflikt ist also von außen betrachtet ein naheliegender Vorwurf.

Zugleich führt diese Anschuldigung gewissermaßen ins Leere. Denn in den USA ist es nun mal wie beschrieben stets so, dass Staatsanwälte und sogar Sheriffs einer der beiden Parteien angehören. Entweder werden sie gewählt oder es sind Ämter, die regelmäßig nach Parteibuch von Politikern besetzt werden. Solange das Gegenteil nicht bewiesen wird, muss Fani Williams als unbefangen gelten. Wenn sie also sagt, nur nach den Fakten und dem Gesetz zu ermitteln, ist das als zunächst glaubhaft anzunehmen.

Rassistische Beschimpfungen und Verleumdungen

Trump und sein Team kümmert das nicht. Sie versuchen alles, um die Glaubwürdigkeit der Staatsanwältin zu beschädigen. Es ist eine erprobte Strategie von Einschüchterungsversuchen. Auch der Sonderermittler Jack Smith wird von Trump regelmäßig als "geisteskrank" und "Verbrecher" beschimpft. Staatsanwalt Smith hat Trump gleich zweimal auf Bundesebene angeklagt, einmal wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 und einmal wegen illegal gehorteter, staatlicher Geheimdokumente.

Bei Fani Willis kommt aber eine rassistische Komponente hinzu. Dazu gehört Trumps immer wieder geäußerte Behauptung, die Staatsanwältin habe eine sexuelle Affäre mit einem Gangmitglied gehabt. Diese Lüge verbreitet sein Wahlkampfteam sogar in einem Fernsehwahlspot, der in Atlanta ausgestrahlt wird. In einer E-Mail, die an alle Medien ging, zeichnet seine Kampagne ein Bild von Willis als linksextrem und befangen. Trump ist im Panik-Modus.

Es sind freie Erfindungen, Übertreibungen und Halbwahrheiten, die aber von seinen radikalen Anhängern bereitwillig aufgenommen werden. Sie attackieren viele von Trumps auf diese Weise diffamierten Opfer, drohen ihnen gar mit Mord. Seit ihre Ermittlungen gegen Trump laufen, hört Fani Willis regelmäßig das N-Wort. Im von Schwarzen besonders geprägten Georgia wird das nicht so leicht vergessen. "Don't mess with Black Voters", ist ein Satz, der derzeit häufig fällt, "Leg dich nicht mit schwarzen Wählern an". Der Trump-Prozess offenbart auch einen bitteren Kulturkampf in einem Land, das viel zu oft noch immer in ein schwarzes und ein weißes Amerika getrennt ist.

Nicht ohne Grund dankt Fani Willis bei ihrer nächtlichen Pressekonferenz in Atlanta mehrfach der Polizei und dem Sheriff dafür, dass sie für ihre eigene Sicherheit und die ihrer Mitarbeiter sorgen. Dann sagt sie es noch einmal mit Nachdruck, als sei es eine Botschaft an Trump und sein Team, dass sie sich nicht einschüchtern lassen: "Ich weiß, dass sie auch weiterhin alles tun werden, um uns zu beschützen."

Ein Kampf gegen die Trump-Gang

Wie resolut und ambitioniert Fani Willis ist, zeigt sich daran, dass sie das System Donald Trump, das schon lange als mafiös beschrieben wird, erstmals in seiner Gesamtheit anklagt. Sie nutzt dafür den "Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act" (kurz RICO), ein Gesetz, das sich eigentlich gegen kriminelle Organisationen wie die Mafia oder Drogenkartelle richten soll.

Fani Willis ist Expertin für die Anwendung dieses Gesetzes. Schon elf Mal hat sie es in ihrer Funktion als Staatsanwältin seit 2021 angewandt. Ihr tägliches Geschäft sind die kriminellen Gangs in und um Atlanta, einer Stadt mit einem nach wie vor großen Kriminalitätsproblem.

Willis wurde in Kalifornien geboren, aufgewachsen ist sie in Washington. Dort schloss sie ein Studium an der traditionell schwarz geprägten Howard University ab und zog schließlich nach Georgia, um an der Emory University School of Law zu studieren. Sie wurde Richterin und hat seit inzwischen zwei Jahrzehnten Erfahrung als Strafverfolgerin.

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Sie ist eine Karriere-Juristin, deren Vater bereits Rechtsanwalt war. Das hat sie früh geschult im Umgang mit der Organisierten Kriminalität. Doch dass sie "RICO" eines Tages gegen einen ehemaligen US-Präsidenten der Vereinigten Staaten einsetzen wird, darauf konnte sie sich nicht vorbereiten. Es klingt wie der Stoff eines Mafia-Films – nur scheint er in Georgia Realität zu werden.

Ein historischer Showdown im Fernsehen

Die Anklage als "Gang-Anführer" könnte das von Trump gepflegte Bild als einsames Justizopfer der Demokraten empfindlich beschädigen. Nicht ausgeschlossen ist, dass sich Mitglieder seiner Truppe von ihm und seinen Plänen im Laufe des Prozesses lossagen.

Erstmals könnte der voraussichtlich in wenigen Monaten beginnende Prozess auch live im Fernsehen übertragen werden. Ein Richter hat das so entschieden. Öffentliche Übertragungen von Gerichtsverhandlungen werden in Georgia offenbar liberaler gehandhabt als anderswo, auch wenn es sich um einen ehemaligen Präsidenten handelt. In jedem Fall werden Fani Willis und Donald Trump auch erstmals öffentlich aufeinandertreffen.

Es könnte zu einem Showdown vor laufenden Kameras kommen, wie ihn Amerika noch nie in seiner Geschichte erlebt hat. Die Beweislage gegen den ehemaligen Präsidenten wirkt in Georgia so erdrückend wie in keinem der anderen gegen ihn laufenden Verfahren.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Pressekonferenz von Fani Willis in Atlanta
  • Anklageschrift gegen Donald Trump
  • cnn.com: "Judge criticizes Atlanta DA who hosted fundraiser for opponent of Trump grand jury target: ‘What were you thinking?’" (Englisch)
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